Was ist die Digitale Kunstgeschichte? Welche Auswirkungen hat sie auf das Studium der Kunstgeschichte und auf die StudentInnen? Was haben Museen davon? Dr. Harald Klinke, Kunsthistoriker und Dozent an der LMU in München, beantwortet mir diese und weitere Fragen im #Montagsinterview. Mitunter geht es um den Hackathon #CodingDurer, eine App, Digitalisierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit, Sehen sowie kulturelles Verständnis.
Digitale Kunstgeschichte – nachgefragt bei Dr. Harald Klinke
Lieber Harald,
wir lernten uns kennen und schätzen noch bevor ich mich eurem „Team der Digitalen-Kunstgeschichte“ als Lehrbeauftragte im Department für Kunstwissenschaften an der LMU anschloss. Seither verfolge ich hautnah, was du zusammen mit Prof. Kohle, Prof. Hoppe und anderen sehr engagierten Mitstreitern auf die Beine stellst. Hut ab dafür! Vor allem auch für den von dir organisierten Hackathon #CodingDurer (13.3.-17.3.17) an der LMU in München. Jetzt ist es mehr als überfällig, dass ich dich mit Fragen für die LeserInnen hier löchere!
1. Stell dich doch bitte einmal kurz vor. Wer bist du? Was machst du genau?
Ich forsche und lehre über digitale Methoden der Kunstwissenschaft an der LMU München. Mich interessiert, wie sich das Fach durch den Einsatz des Computers verändert und welche Chancen in dieser Digitalisierung liegen. Seit der Commodore 64 damals auf meinem Schreibtisch stand, sehe ich mich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Computer. Deshalb habe ich bei Prof. Hans Belting in Karlsruhe promoviert und anschließend noch einen Master in Wirtschaftsinformatik gemacht. Auf diese Weise glaube ich, die Transformation des Faches besonders gut begleiten zu können. Dazu gehört, dass ich eine internationale Zeitschrift für digitale Kunstgeschichte mitgegründet und kürzlich einen Hackathon organisiert habe. Außerdem arbeite ich an meiner Habilitation in diesem Bereich.
2. Als Kunsthistorikerin erfuhr ich im Freundeskreis immer Verwirrung über meine Studienwahl. Sie konnten sich kaum vorstellen, was ich damit beruflich mal machen werde, wofür das gut ist und was die Gesellschaft davon hat. Hingegen ist die analog-digitale Kulturvermittlung für sie griffiger und weckt ihre Neugier. Wie ergeht es dir mit deinem Fachgebiet bei den Nicht-Eingewiesenen, den Laien? Oder anders gefragt: Was hat die Gesellschaft von der Digitalen Kunstgeschichte?
Zunächst ist für mich die Frage, was ich oder die Studenten von der Beschäftigung mit Kunst haben. Kunstgeschichte ist ein Studium, das einen zwar für die akademische und zum Teil für die museale Arbeit vorbereitet, es vermittelt aber dem Einzelnen viel mehr. Ich nenne die Kunstgeschichte gerne „visuelle Philosophie“, denn die Geschichte der Kunst begleitet immer auch eine politische Geschichte, eine Sozialgeschichte und vor allem eine Ideengeschichte, ohne die das einzelne Werk nicht zu verstehen ist.
Das macht die Kunstgeschichte zu einem Querschnittsfach, das eine historische und eine visuelle Kompetenz vermittelt, die nicht nur in der Universität oder Museum, sondern – ich bin davon überzeugt – überall einsetzbar ist. Die Gesellschaft erhält davon umfangreich gebildete Bürger, die aufgrund dieser Erfahrung eine historische Kontextualisierung der Gegenwart und ein kompetentes „Lesen“ der „Bildsprache“ des Alltags vermitteln können. Richtig eingesetzt ist das heute notwendiger denn je.
Die Digitalisierung der Methoden des Faches erlauben nun umfangreichere Analysen der Geschichte der Kunst. Nun wird nicht mehr nur ein Werk im Zusammenhang mit einem anderen gesehen, sondern – soweit es die Daten erlauben – jedes Werk mit jedem. Diese Übersicht erlaubt dann beispielsweise Cluster oder Ausreißer zu erkennen, die vorher vielleicht nicht gesehen wurden, um dann wiederum in die Einzelansicht zu wechseln. Wir nennen das Distant Viewing, was dann wieder zum Close Viewing führt, also der Betrachtung des Einzelwerks. Dies erlaubt uns, nicht nur die klassische Hochkunst, sondern auch den „Long Tail“ der Kunstproduktion zu erfassen und neue Blickwinkel auf die Entwicklung der Kunst anzubieten.
3. Welche Rolle kann die Digitale Kunstgeschichte in der Lehre spielen? Welches Gewicht besitzt sie innerhalb der „Digital Humanities“? Warum setzt du dich für sie ein?
Unter „Digitaler Kunstgeschichte“ verstehen wir den Einsatz des Computers zum Erkenntnisgewinn in der Kunstwissenschaft. Das ist also ähnlich wie der allgemeinere Begriff der Digital Humanities, nur für die Kunstgeschichte, die nicht nur mit Texten und Metadaten arbeitet, sondern (im Unterschied zu allen anderen Geisteswissenschaften) vor allem mit Bildern. Und das macht dies zu einer so interessanten Herausforderung, denn für den Computer ist ein Bild zunächst nur eine Pixelmatrix. Erst Technologien wie Computer Vision ermöglichen es, Inhalte zu erkennen.
Die Kunstgeschichte hat in ihren Bilddatenbanken aber nicht nur gegenständliche Bilder, sondern alle Abstufungen bis hin zur Abstraktion. Das macht es einerseits wiederum schwieriger, andererseits aber auch für die Informatik zu interessanteren Daten. Folglich führt die Digitalisierung zwangsläufig zu einer interdisziplinären Zusammenarbeit, in der es auch um die Frage geht, wie Sehen und kulturelles Verständnis überhaupt funktionieren. Auf diese Weise bin ich froh, an der LMU meine beiden Interessen zusammenbringen zu können: Die Digitale Kunstgeschichte ist also quasi die perfekte Verbindung von Kunst und Computer.
4. Als Dozent bringst du die Digitale Kunstgeschichte den StudentInnen näher. Welche Schlüsselqualifikationen sind dir bei ihnen wichtig? Was erwartest du bzw. was wünschst du dir von ihnen?
Wir wissen, dass wir unsere Vorstellung von der Digitalisierung des Faches nur umsetzten können, wenn wir für zukünftige Projekte ausreichend qualifizierte Mitarbeiter haben. Diese müssen wir über die Jahre selbst ausbilden. Ich lehre seit fünf Semestern hier in München und jetzt haben wir die ersten Absolventen, die das Wissen und die Erfahrung haben, um solche Projekte umsetzten zu können. Sie wissen, dass die Digitalisierung, dass Datenanalyse und Visualisierungen, Social Media und neue Bildmedien große berufliche Chancen in der Kultur- und Kreativwirtschaft bieten.
Zunehmend werden Leute gesucht, die sich einerseits mit den Inhalten der Kultur auskennen und andererseits auch mit den digitalen Tools und Vermittlungsinstrumenten. Unsere Absolventen sind somit für einen Arbeitsmarkt geschaffen, der expandiert.
5. Deine Seminare an der LMU sind oft sehr projekt- und praxisbezogen. Die Studenten müssen bei dir tatsächlich etwas umsetzen, wie zuletzt im Wintersemester 2016/2017: Sie konzipierten eine App, die im Idealfall umsetzbar sein sollte. Wie war der Kurs organisiert? Warum hast du Experten eingeladen? Mit welchen Tools habt ihr euch untereinander abgestimmt? Wie kam euer Seminar-Blog intern und extern an? Und wie weit seid ihr gekommen? Gibt es ein Endprodukt?
Die Idee, eine App gemeinsam mit Studierenden zu programmieren, entwickelte sich aus der Einsicht, dass wir über viele Bereiche der Kunst und insbesondere im Umfeld der Museen noch gar keine Daten haben, diese also erst erhoben werden müssen, um daraus Schlüsse ziehen zu können. In einem vorherigen Semester hatte ich mit Studierenden digitale Geschäftsmodelle für die Kultur- und Kreativwirtschaft entwickelt und eine Idee war dort, Menschen, die nicht gerne alleine ins Museum gehen, mit einer App zu unterstützen, sich zu verabreden. Im vergangenen Semester haben wir uns dann zum Ziel gesetzt, diese Idee umzusetzen.
Organisiert war dies als eine Art „Un-Seminar“ (inspiriert von dem Prinzip der Un-Konferenz): Die Teilnehmer haben sich in die Teams Konzept, Design, Programmierung und Marketing selbstständig aufgeteilt und nach der Scrum-Methode, die man aus der Softwareentwicklung kennt, organisiert. Zudem haben zwei Studierenden in der Rolle von Journalisten den Prozess auf einem Blog dokumentierten. Für die Studierenden war dies eine ganz neue Erfahrung, dass sie sich in einer bestimmten Rolle und als Teil eines Teams ganz selbstverantwortlich einbringen konnten und waren entsprechend hoch motiviert.
Obwohl die Ressource „IT“ in einem Seminar von Kunsthistorikern natürlicherweise nur sehr begrenzt verfügbar war, konnte bei der großartigen Abschlusspräsentation nicht nur ein ausgefeiltes Konzept, Design und eine detaillierte Marketingstrategie vorgestellt werden, sondern tatsächlich auch eine Alpha-Version und eine klare Vision, wie diese weiterentwickelt werden kann. Dazu suchen wir zurzeit weitere Partner. Wer sich dafür interessiert, kann mit uns gerne in Kontakt treten:
6. Du hast federführend den Hackathon #CodingDurer organisiert. Kannst du bitte kurz erklären, was ein Hackathon ist, wie und wann die Idee dazu aufkam und was du damit beabsichtigt hast?
Zunächst mal: Das Wort „Hackathon“ setzt sich zusammen aus dem Wort „to hack“ in seiner positiven Bedeutung, also dem eher spielerischen Programmieren, und dem Wort „Marathon“, also ein Programmiermarathon. Unserer dauerte fünf Tage und konzentrierte sich auf kunsthistorische offene Daten.
„Coding Dürer“ folgt im Prinzip der Idee von der Veranstaltung „Coding Da Vinci“, die schon seit einigen Jahren mit kulturellen Daten durchgeführt wurde. Ich habe die Bezeichnung „Dürer“ gewählt, um zu zeigen, dass unser Schwerpunkt auf kunsthistorischen Daten liegt und um einen Bezug zu München herzustellen. Albrecht Dürer ist zudem ein sehr innovativer Künstler gewesen, der mit neuen Druckverfahren experimentiert, den menschlichen Körper zwecks räumlicher Darstellung verdatet und einen europaweiten Handel mit seinen Werken organisiert hat. Wer könnte ein besserer Schirmherr für diese Veranstaltung sein?
7. Wie viele Akteure aus welchen Bereichen (Disziplinen) nahmen an #CodingDurer teil? Wie war der Ablauf und welche Arbeitsgruppen brachten in den fünf Tagen was zustande? Via Livestream wurden einige Veranstaltungen in Echtzeit übertragen, zudem hast du im Projektblog die Tage gut begleitet. Gab es für dich ein Schlüsselerlebnis oder überraschte dich etwas?
Unser Ziel war es, Kunsthistoriker und Informatiker zusammenzubringen, um gemeinsam mit offenen kunsthistorischen Daten zu arbeiten. Hilfreich ist bei einer solchen Zusammenarbeit zudem Personen zu haben, die beide Bereiche miteinander verbinden, wie beispielsweise Kunsthistoriker, die Informatik im Nebenfach studieren oder Designer, die in der Informationsvisualisierung arbeiten. Tatsächlich konnten wir aus über 160 Bewerbungen etwa 40 Personen auswählen und diese interdisziplinäre Balance herstellen.
Der Hackathon hat gezeigt, dass für alles, was wir uns in diesem Bereich vorstellen können, die Technologie bereits vorhanden ist, wir nur die richtigen Leute zusammenbringen müssen. Anders als bei einer Konferenz oder einer Summer School ist ein Hackathon ergebnisoffen. Ich habe nur den Rahmen gesetzt und auf die Talente und die Selbstorganisation der Teilnehmer vertraut.
Das hat in den sieben Projekten sehr gut funktioniert: Ein Team hat Abbildungen des dänischen Nationalmuseums mit den Cognitive Services von Microsoft beschreiben lassen und mit user-generated Tags verglichen und so die Stärken, aber auch zum Teil abstrusen Fehler von Machine Learning dargestellt. Ein anderes Team hat Machine Learning nicht nur zur Ähnlichkeitssuche herangezogen, sondern auch generativ neue Bilder erstellt. Ein drittes Team hat einen Chatbot entwickelt, der im Museum einsetzbar sein kann. Andere haben die Provenienz von Picasso-Werken in Raum und Zeit visualisiert. Viele weitere spannende Projekte sind in der Abschlusspräsentation zu sehen, die als Video verfügbar ist.
Besonders gefreut hat mich, wie die weltweite Community über den Hashtag #CodingDurer an unserer Veranstaltung teilgenommen hat. An der University of Pittsburgh hat eine Professorin sogar Studierende vor einem Großbildschirm versammelt, um unseren Live-Streams zu folgen und zu twittern, als wären sie in München.
8. Welche Auswirkungen wird die digitale Transformation auf die Museen haben? Worauf müssen sich Museen warum einstellen? Ich beschäftigte mich kürzlich mit #Visionengestalten, deshalb meine Frage: Hast du eine Vision für das Museum der Zukunft?
Das entscheidende für mich ist, dass Museen nicht nur Werke in den klassischen Medien, wie der Malerei, ausstellen, sondern Museen in der Zukunft auch Werke aus unserer heutigen Gegenwart zeigen werden, die zunehmend nicht mehr in Öl auf Leinwand produziert sind, sondern mithilfe des Computers. Einer unsere Keynote Speaker, der Code Artists und Google Fellow Mario Klingemann, sagte, er war schon immer künstlerisch tätig, aber eben nicht mit dem Pinsel, sondern mit dem Rechner. Was dabei herauskommen kann, wird in seiner Präsentation eindrücklich deutlich. Das ist Bildende Kunst mit neuen Mitteln, der sich die Museen stellen werden müssen – mit allen Herausforderungen für die Präsentation und Konservierung.
Das sind nicht nur Probleme, sondern auch vor allem neue Chancen, den Besucher einzubinden und in neue Zusammenhänge mit den Werken zu bringen. Die Institution Museum muss sich und seine Aufgaben unter dem Vorzeichen des Digitalen neu definieren. Das sind spannenden Zeiten für diese Institution.
9. Und jetzt ganz konkret zu deinen Vorstellungen: Wo möchtest du in fünf Jahren in der Forschung stehen? Was sind deine Ziele in der Digitalen Kunstgeschichte?
Meine Vision ist, dass die Digitale Kunstgeschichte bald nicht mehr so genannt wird, sondern einfach das Fach Kunstgeschichte ist. Wie das aussehen kann, haben wir bei Coding Dürer erlebt: Die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit einem ständigen Oszillieren zwischen qualitativen und quantitativen Methoden, zwischen Distant und Close Viewing. Ich bin optimistisch, dass das so kommen wird. Und die Entwicklung der letzten Jahre lässt mich auch optimistisch sein, wie schnell. Mit dem Hackathon, aber auch mit der Zeitschrift, die wir herausgeben, versuche ich diese Entwicklung mitzugestalten. Konkret forsche ich an der Frage nach den Bedingungen einer digitalen Forschungsumgebung für die Kunstgeschichte und den methodischen Rückwirkungen auf unser Fach.
10. Dein Lebensmotto für den Leser: Was möchtest du ihm/ihr mitgeben?
Ich hatte immer eine Leidenschaft sowohl für die Kunst als auch für den Computer. Lange Zeit war die universitäre Kunstwissenschaft meine Hauptbeschäftigung und das Interesse für die Möglichkeiten des Internets blieb ein Hobby. Dass ich beides miteinander verbinden kann, führt erst zu dem Karriereweg, den ich jetzt mit Freude verfolge. Kurz: Wer denkt, er sitzt zwischen den Stühlen, sollte noch einmal nachsehen, ob dies nicht der leere Platz ist, auf den man gehört, weil genau dort noch ein Gestaltungsspielraum ist.
Du findest Harald Klinke auf:
Twitter | Website
Digitale Kunstgeschichte:
Mailingliste in München | International Journal for Digital Art History | Coding Dürer Website
Lieber Harald,
ein ganz herzliches Dankeschön für dieses facetten- und inhaltsreiche Interview. Du wirfst Denkanstöße in den Raum für jeden einzelnen von uns, ob wir nun Kunsthistoriker sind oder nicht! Ich freue mich auf deine weiteren Projekte – Power pro Digitale Kunstgeschichte oder schlicht gesagt: Power pro Kultur!
Was sagst du als Kunstgenießer zu den Gedankensträngen von Harald? Was wünschst du dir von der Kunstgeschichte, digital wie analog?
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Mit einem Hallo in die Runde möchte ich nur kurz einen Dank und einen Link loswerden: http://www.deutschlandradiokultur.de/digitales-zeitalter-was-waere-kunst-ohne-papier.1008.de.html?dram%3Aarticle_id=382415
Leider kann ich mich gerade zeitlich nicht an der spannenden Diskussion beteiligen, obwohl ich es gern würde, denn es ist es brennendes Thema: Wir eröffnen nämlich diese Woche eine Ausstellung. Mit Karikaturen. Auch oder besonders in diesem Bereich zeigt sich, dass immer weniger KünstlerInnen mit dem Stift arbeiten. Was also tun? Verändert das eine Sammlung? Ergeben sich eventuell Lücken, wenn nur „Originale“ gesammelt und gezeigt werden? Verändern sich Ausstellungsgestaltung und -vermittlung? Und in der Konsequenz die Rezeption(sgeschichte) der Karikatur?
Sonnige Grüße aus Hannover
Lena
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Hallo und guten Tag,
ich finde das Interview sehr gelungen und interessant, allein, was es mit dem Begriff der „Philosophie“ auf sich hat, verstehe ich nicht ganz. Tanja Praske, die ich bei Facebook danach fragte, bat mich, meine Frage hier „vor Ort“ zu stellen.
Mich überzeugt es, wenn angenommen wird, Kunstgeschichte sei ein Querschnittsfach. Mich überzeugt es auch, dass es sich um eine philosophische Disziplin handelt. Auch Historiker*innen erhalten ja einen „Dr. phil.“. Dennoch halte ich den Begriff der visuellen Philosophie für irreführend, vor allem dann, wenn er mit verschiedenen historiographischen Schulen begründet wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Jörn Eiben
Das ist völlig richtig und daruf können wir uns auch einigen. Missverständnisse gibt es, glaube ich, nur mit dem Philosophie-Begriff. Ist damit gemeint, dass die Kunstegeschichte selbst Philosophie betreibt? Ich glaube, an dieser Stelle nicht. Vielmehr, dass in der Kunst philosophische Strömungen der jeweiligen Epoche enthalten und ablesbar sind. Ebenso wie in der geschriebenen Philosophie, nur eben im Bild. Ist das verständlicher? Können wir dafür vielleicht einen treffenden Begriff finden?
Danke für die Antwort
Zu Ihrer ersten Frage: Ich wäre ja geneigt zu antworten, dass Sie den Philosophie-Begriff ins Spiel gebracht haben :). Ich würde deshalb Philosophie gelten lassen, weil Kunstgeschichte wie auch die „allgemeine Geschichte“ traditionell zu den philosophischen Diszplinen gerechnet werden.
Zu Ihrer zweiten Frage: Natürlich ist das verständlicher, aber das, was Sie schildern, bedeutet meines Erachtens eben nicht, dass Kunstgeschichte per se philosophisch sei, sondern dass sie einen (in diesem Falle primär) ideengeschichtlichen Gehalt hat und insofern (Kunst-)Historiker*innen Aufschlüsse für historische Denksysteme, Denkstile, Paradigmen, Epistemoi oder wie auch immer man es nennen möchte, bietet. Damit ist die Kunst eben nicht analog zur „geschriebenen Philosophie“, sondern analog zu jedweder Form historischer Quellen und entsprechend – mit ihren jeweiligen Spezifika – auch so zu behandeln.
Zu Ihrer dritten Frage: Ich glaube, dass Sie den treffenderen Begriff direkt im Anschluss mit dem Begriff „Querschnittsfach“ bereits nennen.
Vielen Dank für die Antwort! Ich stimme dem ganz zu. Ich denke, so können wir uns auf jeden Fall einigen. :)
Vielen Dank für dieses spannende Interview!
Ich würde mir wünschen, dass die digitale Kunstgeschichte auch in den Schulen aufgegriffen würde. Vielleicht kann man mit dieser Herangehensweise, mit dem Computer als Hilfsmittel, auch mehr (junge) Menschen begeistern, sich mit Kunst zu beschäftigen bzw., wie bei einem Hackathon, sogar mitzudiskutieren oder mitzumachen.
Im ländlichen Raum, sobald er gut an das Internet angeschlossen ist, erreicht man auch diejenigen, die nicht in Ballungszentren wohnen. Da steckt viel Potenzial drin.
Ich freue mich auf die nächsten Entwicklungen!
Eine gute Idee!
Liebe Tanja,
was für ein Interview und Thema. Sehr interessant. Zeigt es doch, dass dem digitalen irgendwie immer noch etwas Unehrenhaftes anhängt. Wer sich digitalisiert, treibt sich im Netz herum und wer weiß, was er dort so tut😉
Wenn ich sehe, wie lange bei uns in der Provinz die
Wege dauern, bis da ein Umdenken stattfindet. Wiedermal ein Montagsinterview was auf meine Beweislastliste kommt, um das digitale voranzutreiben.
Vielen Dank dafür.
GLG
Katja
Was könnten wir tun, um das in der „Provinz“ voranzutreiben?
Vielen Dank für diesen dichten Einblick in die digitale Kunstgeschichte. Ich bin mir sicher, dass deren Potenzial noch nicht ganz ausgeschöpft ist. Auch die Idee des Hackathons hat meiner Meinung nach noch Luft nach oben. Ich finde es großartig, wenn die Möglichkeiten des Digitalen für die Kunstgeschichte ausgetestet werden. Ich gebe allerdings hier ganz ehrlich zu, dass mir oft der Zugang dazu fehlt (auch bei den Hackathons, die ich eigentlich total spannend finde), weil ich mich mit der Technik ziemlich schwer tue. Manchmal fehlt mir so ein bisschen Übersetzung aus dem Bereich der Technikfreaks. Denn ich bin sicher, dass sich noch ganz viele spannende Anwendungen entwickeln können.
Aber vielleicht bin ich auch nur auf dem Technik-Auge blind. Ich wünsche den vielen tollen Projekten aber auch mehr Aufmerksamkeit. Ein Ansatz ist ja auf jeden Fall das Interview hier!
Herzliche Grüße
Anke
Hallo Anke.
Danke für deinen Kommentar.
Deine Ideen wo noch „Luft nach oben “ interessieren mich. Kannst du mir ja bei Gelegenheit erzählen. Vielleicht könne wir dazu etwas mit Münchner Ressourcen auf die Beine stellen.
Und keine Angst vor der Technik: Keiner erwartet einen Kunsthistoriker, der perfekt programmieren kann. Was wir brauchen sind vor allem Kunsthistoriker, die auf ihrem eigenen Gebiet Experten sind und fähig sind, mit den Informatikern zu sprechen, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Es geht also um interdisziplinäre Fähigkeiten. Das hat sich beim Hackathon gezeigt. Und das zeigt sich übrigens bei dem derzeitigen Workshop zum 19. Jahrhubdert, den die Informatik organisiert hat und den wir im kommenden Semester als Seminar weiterführen:
http://www.pms.ifi.lmu.de/workshop-artizen/
Gruß
Harald
Hallo Harald,
es tut sowieso immer gut, sich mal aus dem gewohnten Umfeld heraus zu bewegen. Ich nehme mir für die Zukunft vor, meine etwas unsortierten Gedanken zum Thema „Was fangen wir mit den digitalisierten Kunstwerken an?“ auszuführen. Es ist noch nicht alles durchgedacht. Dazu muss ich mich mehr mit der digitalen Kunstgeschichte beschäftigen. Ich werde auf jeden Fall Gelegenheiten suchen, bei denen man mehr Einblicke gewinnen kann. Vielleicht findet sich ja auch mal ein Hackathon in meiner Nachbarschaft. Das reizt mich schon lange.
Viele Grüße
Anke