Instagrammer kapern das Cuvilliés-Theater der Residenz München – mein Thema für die Blogparade „Münchner Momente“. Warum? Im Dezember führte ich erstmals eine Gruppe Instagrammer durch das grandiose Rokoko-Theater (#InstaWalk). Für mich ist es das Theater schlechthin: glamouröse Pracht und abwechslungsreiche Geschichte faszinieren. Gerettet kurz vor der fatalen Bombennacht 1944, in den 1950er Jahren wiederaufgebaut, teilen sich nun das Residenzmuseum und die Theaterwelt den Ort. Was wollten die Instagrammer dort?
Was wohl? Bilder machen natürlich und was für welche! War schon klasse diesen sympathischen Haufen Fotoverrückter auf ihrer Jagd nach DEM Motiv schlechthin zu begleiten. Nun. Ich war nicht nur einfach nur dabei, sondern bereitete die Tour auch vor. Ein bisschen Wissen zur unglaublichen Geschichte wollte und sollte ich ihnen schon mitgeben.
Konspiratives Treffen – von Schlösserfrau zu Schlösserfrau
Jaja, Schlösserfrau ist so eine Sache. Offiziell bin ich keine mehr, mein App-Projekt „Schlosspark Nymphenburg. Lustwandeln im Garten“ ist längst beendet und die Bayerische Schlösserverwaltung verließ ich bereits im Juni, innerlich fühle ich mich noch immer der Schlösserfrau mit oder ohne Ballon verhaftet (Insidergeschichte. Zum Ballon lies einfach „Spaziergänge durch den Schlosspark Nymphenburg“ – Münchner Momente?). Warum nun ein konspiratives Treffen?
Ganz einfach: Von Schlösserfrau zu Schlösserfrau klärten wir vor Ort grob den Ablauf des #InstaWalks ab, überlegten uns Perspektiven, die für die Gruppe spannende Motive liefern könnten, schauten uns die einzelnen Ränge an, verloren uns selbst ein bisschen im üppigen gold-rot-weißen Prunk, fotografierten, machten Selfies. Für uns war es der erste #InstaWalk ohne Twitterer oder Blogger. Anders als der Tweetwalk #Lustwandeln wurde er nicht von der Schlösserverwaltung organisiert. In Kooperation mit den @igersmunich organisierte eine Agentur für einen Handyhersteller den #InstaWalk. Das Event richtete sich an lokale Instagrammer.
Wie lief der InstaWalk ab?
Die Gruppe hatte 90 Minuten Zeit fürs Cuvilliés-Theater, bevor sie zum Lenbachhaus weiterzog, nachdem sie zuvor schon im Nationaltheater war. Im Blog der Bayerischen Staatsoper findest du wunderbare Impressionen zum „#Instawalk im Nationaltheater“ – prima Münchner Momente.
Im Cuvilliés-Theater erhielten die Instagrammer eine 15-minütige historische Einführung, bevor sie ausströmten und ihre Motive suchten. Das taten sie übrigens schon während meiner Erläuterungen. Schau dir das Storify „#InstaWalk und #Lustwandeln im Cuvilliés-Theater“ (Storify am Ende des Blogposts) an – spannende Bildmotive wählten sie aus – mit oder ohne Rahmen (tolle Idee). Fortlaufend erscheinen auf Instagram weitere Fotos. Ich werde diese im Storify „einfangen“.
Wie erkennst du die Fotos vom #InstaWalk?
Auf Instagram sind sie mit unseren Hashtags #Lustwandeln, #Cuvilliéstheater und #Residenzmuseum gekennzeichnet. Damit wollten wir den Bezug zur Bayerischen Schlösserverwaltung herstellen. Im Verbund mit diesen weisen die Hashtags #igersmunichemptywalk sowie #samsungGalaxyWalk auf den #InstaWalk am 5. Dezember 2015 hin. So viel erst einmal zur Orga, die vor allem für Museumsmenschen interessant ist.
Historie
Sehenswürdigkeit – das Cuvilliés-Theater in der Residenz München
Das Cuvilliés-Theater befindet sich nicht mehr an seinem Ursprungsort. Wie das? Nun. In der fatalen Bombenacht am 18. März 1944 wurde die Residenz München und das Cuvilliés-Theater in weiten Teilen zerstört, allein Raumhülsen blieben. Der Wiederaufbau der Residenz München lohnte sich vor allem deshalb, weil das bewegliche Mobiliar von verantwortungsvollen Schlösserleuten erst kurz zuvor an sicheren Orten verbracht wurde.
Das betraf auch das Cuvilliés-Theater. Man nahm die geschnitzten Logenverkleidungen ab und lagerte sie an zwei verschiedenen Orten ein, damit, falls ein Teil durch einen Fliegerangriff zerstört worden wäre, der andere „überlebt“ hätte. Glücklicherweise blieben die Lagerorte von der Vernichtung verschont und die Logenverkleidung erhalten. Jedoch nicht ganz so wie gedacht, denn Nässe löste die Leimverbindungen. Am Ende war es eine große Puzzlearbeit, die passenden Teile im Schloss Lustheim wieder zusammenzufügen. Schau dir dazu die Aufnahmen in „Das Cuvilliés-Theater, Bayerische Schlösserverwaltung, München 2008,“ (S. 159 ff.) an.
Leo von Klenze wäre wohl kaum begeistert gewesen, wenn …
… er erfahren hätte, dass sein Apothekenstock am Ende das von ihm verachtete Cuvilliés-Theater beherbergen sollte (siehe Aufnahme in „Cuvilliés-Theater“, S. 156). Denn wie die Grüne Galerie auch wollte er das für ihn fürchterlich verkitschte Rokoko-Theater abreißen und dafür etwas Neues im strengen klassizistischen Stil erschaffen. Dazu kam es nicht.
Das Theater war der letzte kurfürstliche Auftrag für François Cuvilliés d. Ä. (1695-1768). Er erbaute es zwischen 1751 und 1755. Cuvilliés trat 1708 zunächst als Hof- und Kammerzwerg in den Diensten Kurfürst Max Emanuels ein, bevor er am Ende zum Oberhofbaumeister avancierte. Für die Residenz München schuf er die Ahnengalerie mit dem Schatzkabinett, das Appartement der Reichen Zimmer und die Grüne Galerie. Er war an der Ausgestaltung von Schloss Schleißheim beteiligt und errichtete für Kurfürst Karl Albrecht die Amalienburg im Schlosspark Nymphenburg.
Cuvilliés-Theater und Festsaal
Zur Zeit Cuvilliés ging es um Liebeskonzepte, wie in „Gefährliche Liebschaften“ ausgeführt, sowie um das „Sehen und Gesehen werden“. Die Schau stand im Vordergrund. Dementsprechend fanden Aufführungen bei voller Beleuchtung statt. Eine aufwändige Technik erlaubte es gar, das Theater in einen Festsaal umzuwandeln. Dazu konnte das Parkett der Zuschauer auf Bühnenhöhe angehoben werden, so dass ein großer Saal für pompöse Feierlichkeiten entstand. Das Residenzblog berichtet in „Domino spielen“ von der schillernden Hochzeitsfeier von Prinzessin Josepha Maria mit Kaiser Joseph II. (1765). Diese war jedoch für das Brautpaar kein Vergnügen, sondern eine äußerst anstrengende Angelegenheit.
Die Instagrammer beeindruckte vor allem, dass das Parkett eine Länge von zehn Metern aufwies, während die Bühne 25 Meter lang war. Verrückt aus heutiger Sicht, in der damaligen Zeit jedoch erklärlich, denn es ging viel um Illusionismus. Die Tiefe ermöglichte einen gestaffelten Bühnenraum mit illusionistischer Wirkung der Szenografie.
Separatvorstellungen unter Ludwig II.
Für König Ludwig II. – dem Kini – fanden hier ab 1872 die berühmten Separatvorstellungen statt, d.h. Aufführungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ludwig II. verabscheute es, von anderen während der Vorstellung angestarrt zu werden. Im Cuvilliés-Theater sah er sich kleinere intime Stücke und Kammerspiele an, im Nationaltheater hingegen die opulenteren. Ludwig II. ließ das Cuvilliés-Theater als erstes seiner Art überhaupt elektrifizieren. Im 19. Jahrhundert wurde es zudem mit einer Drehbühne ausgestattet, so dass sich die Umbauten des Bühnenbildes schnell vollzogen.
Es gäbe noch so viel über das Cuvilliés-Theater zu erzählen, z.B. warum im Rokoko weiß nicht gleich weiß ist, oder was die Ikonographie der Hermenfiguren, Putten, Reliefs und Co bedeutet. Lies dazu einfach das Buch zum Cuvilliés-Theater. Hier erfährst du alles Wissenswerte im Schnelldurchlauf mit wunderbaren Bildern.
Fakten zum Cuvilliés-Theater
Residenzstraße 1
80333 München
Öffnungszeiten
19. Oktober-März:
Montag-Samstag: 14-17 Uhr
Sonn- und Feiertags: 10-17 Uhr
Eintrittspreise
Cuvilliés-Theater: 2,50,- bis 3,50,-
Es gibt auch eine Gesamtkarte für die Residenz München. Weitere Infos zu Öffnungszeiten und Eintrittspreise hier.
Führungsprogramm
Es finden keine regelmäßigen Führungen statt. Wir erlebten einmal eine sehr empfehlenswerte Kinderführung. Weitere Infos unter Themenführungen.
Lesetipp zur Residenz München: Das Blog des Residenzmuseums mit dem Blick hinter die Kulissen.
Theaterbetrieb
Schau dazu einfach mal auf www.residenztheater.de nach. Ich werde am 10.1.16 die Aufführung „Gefährliche Liebschaften“ von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos sehen – das Rokoko grüßt. Sitze dort in der Loge neben der Fürstenloge.
Wozu Ausstellungen, InstaWalk und Kunst alles führen können, wenn man sich auf sie einlässt! Hast du ähnliches erlebt und umgesetzt?
FROHE WEIHNACHTEN – genieße es!
=>Disclaimer: Die Fotos sind von mir mit freundlicher Genehmigung der Bayerischen Schlösserverwaltung zur Veröffentlichung.
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Hi wie kann man an so einem Walk teilnehmen? :-)
Hi Christian,
auf der Instagramseite der @igersmunich oder auf deren Facebook-Seite: https://www.facebook.com/InstagramersMunich/?fref=ts informieren sie über anstehende #InstaWalks.
Manchmal organisieren die Kulturkonsorten für Museen so etwas, dann stehen die Anmeldebedingungen im Blogpost auf: http://www.kulturkonsorten.de.
Wenn ich von einem #InstaWalk in München erfahre, schreibe ich dir eine E-Mail.
Freut mich, dass du daran teilnehmen möchtest. Macht wirklich sehr viel Spaß. Zuletzt fand ein #InstaWalk in Berlin im Naturkundemuseum statt. Auf Instagram findest du unter #BerlinZeigtZähne die Fotos bzw. ich habe ein Fotoposting von ihnen bei mir auf der Facebookseite: https://www.facebook.com/kulturtalk/ – hier werde ich auch über Münchner #InstaWalks informieren.
Wünsche dir eine schöne stressfreie Weihnachtszeit!
Alles Gute,
Tanja
Liebe Tanja !
Wow – tolle Bilder – ich habe die aber auch schon auf Instagram bewundert. Gut gefällt mir der Bezug zu und das Fortführen von #Lustwandeln.
Wie war der erste #Instawalk ?
Viele liebe Grüße
Alex
Liebe Alex,
ja, übers #Lustwandeln sind beide Walks – Tweetwalk in Nymphenburg und #Instawalk im Cuvilliéstheater – miteinander verbunden. Wer also auf Instagram #Lustwandeln eingibt, der findet die InstaBilder zum Tweetwalk im Frühjahr und das ist so gewollt! Dass das #Lustwandeln sich im Netz zum geflügelten Wort entwickelte, liegt auch an dir und all den anderen, die damals so zahlreich, wort- und bildreich mitgemacht haben – ein dickes Dankeschön dafür!
Tatsächlich war der Tweetwalk eine unglaubliche Erfahrung für mich und mit dem Gewinn des Virenschleuderpreises 2015 ein fantastischer Abschluss eines coolen Projektes.
Mein erster #InstaWalk? Nun, bei Tweetups und dem Tweetwalk waren immer Instagrammer dabei. Gleichzeitig fand ich das #Lustwandeln im Cuvilliés-Theater mit den Instagrammern grandios. Wie ich schon schrieb, war es ein sympathisches und lustiges Grüppchen, das Feuer für das Cuvilliés-Theater fing. Das ist den Bildmotiven und Beschreibungen zu entnehmen und das freut mich daran am meisten.
Klar ist eine InstaWalk-Führung anders als ein Tweetup. Das Tweetup lebt von umfänglichen Hintergrundgeschichten, die im Einklang mit Bildern von den Teilnehmern ins Netz gewebt werden und dort eine Echtzeitkommunikation auslösen – so geschehen beim Tweetwalk.
Instagrammer interessieren auch die Geschichten drum herum, nur müssen die kürzer dargeboten werden, damit sie ihre Motive suchen können und sich auf den Ort „stürzen“ können. Ja, wie Twitterer, haben sie viel Spaß dabei, sind ausgelassener und vielleicht zu mehr Scherzen als erstere aufgelegt. Aber neugierig auf mehr Informationen wurden sie und löcherten mich zum Ende hin.
Die Erfahrung mit beiden Vermittlungsformaten gefällt mir sehr gut, vor allem führe ich selber sehr gerne, da ich einfach herausfinden möchte, wie ich den Funken für das Objekt übermitteln kann.
Ja, ich mache mir noch weitere Gedanken dazu: eines ist klar, ich führe sehr gerne netzaffine, kulturaufgeschlossene Menschen! Ein langer Roman für eine Antwort, das Thema brodelt in mir.
Dir wünsche ich noch schöne Weihnachtstage und bis bald!
Herzlich,
Tanja