Rückblick auf das Jahr 2012 – ich wage es, auch Ende Januar noch. Viele blickten in den letzten Wochen zurück. Tatsächlich ist es ein Notieren der wesentlichen Etappen und Erkenntnisse, die das Jahr 2012 für jeden einzelnen von uns bereithielt. Oft war der Rückblick mit einem Ausblick auf das neue Jahr verbunden. Zukünftiges wurde angekündigt und die Neugier geweckt. Und wie ist das bei mir? Für mich war das abgelaufene Jahr ein Schlüsseljahr. Viel hat mich bewegt und viel habe ich bewegt. Also, Grund genug darüber zu schreiben. Was beschäftigte mich 2012 am meisten? Stichwort: Kosmos „Texten“.
Wo soll ich beginnen? Es gab drei spannende Konstanten – die museologische Arbeit, die digitale Kunstvermittlung via Facebook, Blog, Twitter und Co sowie die Überarbeitung der Dissertation. Was vereint alles miteinander? Texten. Die Textsorten sind grundsätzlich verschieden und verlangen einen spezifischen Duktus. Gleichwohl gibt es Gemeinsamkeiten.
Doktorarbeit – überarbeitet: kurze Kapitel
Anfang 2012 überarbeitete ich meine Doktorarbeit. Das war nötig. Zu lange Kapitel verstellten den Blick auf das Objekt. Von meinen Thesen war ich überzeugt, nur mussten diese strukturierter und zugespitzter formuliert werden. Wie erreicht man das? Durch kurze Kapitel, die stringent einen Hauptaspekt detailliert ausführen, sowie durch didaktische Überleitungen: Warum kommt jetzt was? Komplexität muss nicht durch eine komplexe Schreibweise verkompliziert werden. Nachtigall ich hör‘ dich trapsen. Ahnt Ihr schon wohin es gehen wird?
Ende Dezember erfuhr ich, dass für die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Arbeiten das deutsche Zitatsrecht gilt. Das bedeutet: Ich muss für die Online-Publikation keine teuren Bildrechte einholen. Wenn ich also für den Katalogsteil meiner Dissertation, der bei Kunsthistorikerin sehr umfänglich ist, ein Bild aus der Fachliteratur einscanne, dann genügt es die Bildquelle anzugeben – et voilà – Kosten reduziert. Ein großes Kapitel wird bald abgeschlossen – yes!
Ein Denkprozess wird ausgelöst: Ideen zur Disposition stellen
Die Disputatio ist schon lange geschafft. Sie löste einen wichtigen Denkprozess aus, der mich bis heute begleitet. Ich suchte den Austausch mit anderen. Unfertige Gedankengänge stellte ich meinen Kollegen zur Dispositionen. Dazu schrieb ich viel, ohne dass ich dazu sämtliche Literatur abgeklopft hätte. Manches Mal müssen die Ideen einfach nur raus, formuliert werden. Erst dann weiß man, wo noch einmal nachzuhaken ist. Zudem hilft es „chaotische“ oder auch scheinbar klare Gedanken linear darzustellen, sie zu strukturieren, Eingebungen zu präzisieren bzw. sie auch zu verwerfen, weil sie durch das Schreiben dann doch nicht mehr schlüssig erscheinen (siehe dazu „Hürde Nr. 3 – der Perfektionismus“ für ein Blog).
Das geschah alles während eines Forschungsprojektes. Ideen vorstellen, Anregungen mitnehmen und weiterentwickeln, so lautete die Maxime. Gleichzeitig „trainierte“ mich diese Vorgehensweise. Sie brachte mich voran und bildete die Basis für mein sich anschließendes Volontariat. Denn dort hieß es: schreiben, schreiben, schreiben. Schreiben für eine App, Raumbeschriftungen bzw. Texte für einen Dokumentationsraum anfertigen, Facebook- und Blogposts für ein Museum verfassen. Am Anfang steht die Idee, für die es Rahmenbedingungen gibt.
Museum – Rahmenbedingungen für das Texten
Die Rahmenbedingungen für das Texten für Museen sind ganz einfach. Zunächst einmal ist abzuklären, zu welcher Gattung der Text gehört. Eine App besitzt andere Kriterien als eine Raumbeschriftung oder ein Ausstellungstext. Ihnen gemeinsam ist zwar der limitierte Platz, sprich die begrenzte Zeichenzahl, ansonsten stellt jede Textgattung eigene Anforderungen. Das Zielpublikum muss berücksichtigt werden. Wer hört sich die App an bzw. für wen ist sie gedacht? Welchen Mehrwehrt soll sie bieten, dass sie tatsächlich auch über den Museumsbesuch hinaus benutzt wird? Ein erfolgreiches Beispiel hat aktuell Sebastian Hartmann vorgestellt: Die App des Helms-Museums in Hamburg. Seine Kriterien für eine nachhaltige Museumsapp sind zu überdenken – die Strategie zwischen Guide, Game und Gimmicks.
Welche Fragen sind vorab zu klären?
Welches Zielpublikum ist anvisiert? Wie ist die Besucherstruktur eines Museums? Welche Vorkenntnisse darf ich erwarten? Gerade der letzte Punkt ist sehr schwierig zu erfassen. Im Prinzip geht es darum, den Besucher/Hörer dort abzuholen, wo er sich befindet. Für Kinder oder Jugendliche wird anders geschrieben als für Erwachsene. Für ein Raumkunstmuseum – ein Schloss – bedeutet das, dass die wesentlichen Informationen in einer leicht zugänglichen Sprache zu vermitteln sind. Hört sich zunächst einfach an, ist es aber nicht. Kunsthistoriker müssen sich vom „Wissensballast“ befreien. Nicht jedes Spezialwissen kann ausgebreitet werden, stattdessen muss jeder die wichtigsten Informationen verstehen können.
Neueinrichtung eines Dokumentationsraums: nüchterne vs. emotionalisierende Ansprache – Bildmaterial
Hier lernte ich einiges von der Museumsreferentin. Eine nüchterne bzw. „technokratische“ Sprache ist schnell ermüdend. Gefordert ist eine aktive und berührende Sprache. Sie erleichtert den Zugang zum Raum, zum Objekt (mehr dazu hier) und kann das Interesse dafür fesseln. Während die Zeichenzahl für eine Raumbeschriftung extrem beschränkt ist, bieten Texte für einen Dokumentationsraum mehr Platz. Diese unterscheiden sich wiederum von Ausstellungstexten, die ein präsentiertes Objekt näher erklären. Ein Dokumentationsraum muss im Regelfall ohne Werke auskommen. Wie wird das Interesse dann aber aufrecht gehalten? Was muss getan werden, um den Besucher zum Verweilen und Weiterlesen zu animieren?
Die Museumsreferentin setzte auf umfängliches Bildmaterial und zeitgenössische Zitate, die den Text auflockern und ergänzende Informationen bieten. Bilder sagen mehr als 1000 Worte – eine Binsenwahrheit. Zitate vermitteln einen Eindruck der vergangenen Zeit. Die Aussagen von Zeitzeugen, ihre eigentümliche, teils auch gefühlsgeladene Sprache produzieren Bilder beim Rezipienten.
Ein Dokumentationsraum ist eine Art Überbau für das Gesehene bzw. Gelesene. Im Schloss gibt es den Originalbestand, die Raumbeschriftungen zeigen das Besondere und stellen herausragende Künstler bzw. Werke vor. Der Blick des Betrachters wird so gelenkt. Der Dokumentationsraum wiederum vermittelt hilfreiche Hintergrundinformationen, die das Verständnis zum Raumkunstwerk nochmals erleichtern. Hier kann der Besucher alles bisher Erfahrene wie ein großes Puzzle zusammenfügen.
Dazu bedarf es klare Textstrukturen (nicht zu viele Aspekte auf mal verwursten), die durch Bildmaterial ergänzt werden. Eine eindeutige Struktur ist also das Stichwort. Diese trifft sowohl auf wissenschaftliches als auch auf museologisches Arbeiten sowie auf die digitale Kunstvermittlung zu. Der Textduktus ist abhängig von der Textgattung (von nüchtern zu emotionalisierend).
Kosmos „Texten“ für Facebook, Twitter und Blogs
Die digitale Kulturvermittlung ist spannend, bietet sie doch neue Möglichkeiten der Aufmerksamkeit, der Attraktivität, des Anreizes zum Austausch sowie einen leichteren Zugang zum Museum und seiner Sammlung, aber auch zu den Menschen, die hier arbeiten. Es wird persönlicher, unmittelbarer, je nach Maxime des Hauses. Wie wird das umgesetzt?
Eine komplexe Schreibe sollte vermieden werden. Empfehlenswert ist möglichst nur einen Punkt auszuführen, ob für Facebook, Twitter oder auch für einen Blogbeitrag. Na, kam der Aspekt nicht bereits zu Anfang des Posts auf? Tatsächlich führte die Social Media Tätigkeit für ein Museum dazu, letztendlich mein eigenes Blog aufzusetzen. Hier kann ich nun Gedanken, wie meine Überlegungen zum Kosmos „Texten“, ausbreiten. Eventuell entsteht eine Diskussion, die weiterführt.
Mich berührende Themen kann ich so voranbringen (z. B. Museums-Tweetup, Barcamps, Blogparaden , Kunsterleben oder Impressionen). Dazu zählt vor allem mein Votum pro Blog für ein Museum, für eine Institution generell. Sicherlich, das kostet Zeit, aber es ist sehr gut investierte Zeit, denn das Museum bietet seiner Leserschaft so einen unmittelbaren, vielleicht niederschwelligen Zugang zu seiner Sammlung, den Leuten, die hier arbeiten. Damit berühre ich jetzt natürlich einen Aspekt der digitalen Kulturvermittlung, der nicht in einem Absatz verhandelbar ist und den ich schon häufiger angesprochen habe. Jan Graefe hat die Vorteile und die Nutzung von Blogs knapp zusammengefasst. Wer aber per se Gründe gegen die Nutzung von Social Media sucht, der wird bei Christoph Deeg fündig.
Ich bin jedenfalls begeistert darüber, dass es aktuell über 50 Museumsblogs gibt. Lasst sie mehr werden!
Das Jahr 2012 war klasse und 2013 wird spannend!
Nachtrag – geschafft der Doktortitel ist da!
Meine Dissertation ist mittlerweile als pdf online verfügbar: „Ludwig IX. der Heilige – eine Zäsur für die monumentale französische Königsdarstellung. Bildkonzepte der Zeit Philipps IV.“
Weitere Infos zur Disputation: „11 Tipps für die Disputatio: Vortrag und Diskussion„
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