11 Tipps für die Disputatio: Vortrag und Diskussion

Seit Anfang des Jahres wird ganz heftig auf meinen Artikel „Disputatio – ein Erfahrungsbericht: Vortrag und Ablauf – reden ist…“ zugegriffen. Im März war es der am meisten gelesene Beitrag – Zeit also, etwas zu machen, was es bei mir noch nie gab: einen älteren Artikel zu aktualisieren. Die Tipps sind nach wie vor relevant, vor allem aber bringe ich hier die Diskussion mit ein, die der Artikel auslöste. Tatsächlich lest ihr einen Erfahrungsbericht meiner Disputatio im Fach Kunstgeschichte.

Nach der Disputatio knallen die Champagner-Korken: Lass es krachen!

Nach der Disputatio knallen die Champagner-Korken: Lass es krachen!

1. Prüfe am Tag vor der Disputatio die Technik

Du benutzt vermutlich deinen Laptop. Lass dir den Schlüssel zum Raum geben und checke, ob mit dem Beamer und der Darstellung alles in Ordnung ist. Bei meiner Disputatio 2007 verteidigte ich noch mit Dias (ja, ja, war da noch nicht up-to-date), tatsächlich war ein Diaprojektor defekt.

2. sei bereit für eine spontane Planänderung deines Vortrags

Ich schmiss eine von neun Seiten am Vortag der Disputatio raus und ersetzte sie durch neue Inhalte, da ich den Tipp dazu erhielt. Ist überhaupt kein Problem, das geht hervorragend, denn du bist vollgepumpt mit Adrenalin und möchtest absolut erfolgreich die Disputatio bestehen, du bist auch der Experte auf dem Gebiet – nicht vergessen!

3. bereite einen ausformulierten Vortrag vor und probe ihn

Diesen musst du nicht vorlesen. Wenn du ihn gut einstudiert hast, kannst du ihn frei vortragen. Dann bist du dir sicher, dass alles sitzt und du dich auch an die vorgegebene Zeit hältst. Nichts ist schlimmer als ein uferloser, unstrukturierter, langweilig vorgelesener Vortrag. Darauf verwies auch Huberta. Gleichwohl gibt dir der ausformulierte Vortrag Sicherheit in der emotionalen Ausnahmesituation – denn das ist eine Disputatio – Angst gepaart mit Ruhe und Ruhelosigkeit sind deine Paten. Der Vortrag sollte nicht verschachtelt, keine zu langen Sätze haben, sondern sich durch Klarheit und prägnante Aussagen auszeichnen. Gut, das sind die Erfahrungen aus den Geisteswissenschaften. In anderen Disziplinen mag es anders ausschauen. Aber dann hast du eine durchdachte Präsentation mit Grafiken, Animationen etc., die deine Ausführungen schlagkräftig unterstützen.

4. hol dir Ratschlag ein, was von deinem Disputatio-Vortrag erwartet wird

Denke aber daran, das sind nur Ratschläge, am Ende entscheidest du, was dir wichtig ist und was du auf jeden Fall vermitteln möchtest. Claudie empfiehlt dabei, bloß nicht überheblich zu sein. Klar, bist du der Experte. Klar, kann es auch andere Aspekte geben, die du in der Arbeit nicht fokussiert hast. Sei dir dessen bewusst und argumentiere eindeutig, warum dir was wichtig war – am Ende ist alles eine Frage der Argumentation. Ist sie logisch und stichhaltig, überzeugst du und hast gewonnen!

5. denke an die Prüfungskommissionsmitglieder

Wer sitzt dir gegenüber, welchen Wissensballast haben diese Leute, was könnte sie an deiner Arbeit interessieren? Überlege dir das vorher und baue deinen Vortrag entsprechend auf, natürlich sollte die Quintessenz deiner Arbeit darin verwurstet sein. Vergiss aber nicht, dass nur deine Gutachter die Arbeit gelesen haben. Die anderen Teilnehmer kennen sie allein aus den Gutachten.

6. gehe auf Punkte der Gutachten ein

Nimm dir die Kritikpunkte der Gutachten vor. Wenn dir deine Idee noch immer schlüssig erscheint, dann baue diese aus und gehe auf die Kritikpunkte indirekt ein. Sei offen für die geäußerte Kritik und denke daran, am Ende ist alles eine Frage der Argumentation, hängt natürlich davon ab, dass du keinen Bullshit geschrieben hast, was aber vermutlich nicht der Fall ist, da du sonst nicht in der Disputatio säßest. Jedes Thema lässt sich von ganz anderen Perspektiven aus betrachten. Du musst schlüssig erklären können, warum dir deine Perspektive wichtig ist. Huberta* (Lesetipp!) empfiehlt dir das ebenfalls. Es zeigt den Gutachtern, dass du dich mit ihren Gutachten auseinandergesetzt hast.

7. kalkuliere gezielt Fragen ein

Ich blieb allgemein, bettete mein Thema in den allgemeinen historischen Kontext ein, strich meine Thesen heraus und entwickelte sie an einem Beispiel. Bewusst plante ich darüber Fragen ein und konnte mit meinem Wissen nachlegen und zeigen, dass es vielschichtig und profund ist, ohne dass ich mich schon vorher in einem Detail verlor. Claudie erhielt ähnliche Tipps von ihrem Doktorvater und fuhr damit sehr gut.

8. reden ist …

… grundsätzlich gut. Redest du, gibst du die Richtung vor. Die Prüfer werden dich schon unterbrechen, wenn sie etwas anderes erfahren wollen bzw. wenn ihnen etwas nicht logisch erscheint. So kannst du ein Mosaiksteinchen zum nächsten fügen und deiner These Gewicht verleihen.

9. keiner will dir etwas Böses

Hibbelig darfst du sein, vollgepumpt mit Adrenalin auch, Angst brauchst du aber keine haben, wohl Respekt, das ist o.k. und richtig. Bei mir gab es im Blog Suchbegriffe, wie „Angst vor Disputatio“, die auf meinen Artikel führten. Nochmals: Keiner will dir etwas Böses – du bist so weit gekommen, deine Diss. ist schon bewertet und abgenommen. Jetzt haken sie nach, ob du allein die Arbeit geschrieben hast und nicht irgendein Ghostwriter etc.

10. seltsame Fragen …

mag es geben, zumindest erscheinen sie dir so. Es kann sein, dass sie nicht wirklich etwas mit deinem Thema zu tun haben. Dann sage das, sage aber warum. Es kann gut sein, dass dir einer deiner Gutachter zur Seite springt – so war es bei mir. Gibt es Fragen, mit denen du wenig anfangen kannst oder die du nicht verstanden hast, dann sage das klar und eiere nicht herum. Du bringst dich sonst in eine unnötige Zwickmühle. Versuche einfach auf dein Thema wieder zurückzuführen. Denke immer daran: Am Ende ist alles eine Frage der Argumentation – so einfach und doch so wahr!

11. Vergiss nicht: Du bist der Experte …

und du tauschst dich mit Experten aus anderen Fachgebieten aus. Diese können mit deinem zusammenhängen. Wichtige Impulse könntest du für deinen weiteren beruflichen Lebensweg erhalten – sei dem gegenüber aufgeschlossen, begreife die Disputatio als Chance. Du tauscht dich auf Augenhöhe mit Kollegen aus, denn das sind sie nach der Disputatio. Ja, hast du die Disputatio bestanden und das wird der Fall sein, dann wirst du anders behandelt – so erging es mir zumindest – Wissenschaftler unter Wissenschaftler!

Disputatio bestanden, fast alles überstanden, fehlt nur noch die Publikation, bevor du den Titel endlich führen darfst. Tja, darüber werde ich garantiert noch schreiben, denn der Weg kann steinig sein. Meine Dissertation ist erst dieses Jahr online gegangen und seit einer Woche mit Erhalt der Dissertations-Urkunde darf ich den Titel führen – endlich!!! Anderes Thema!

Lesetipps zur Disputatio und Promotion*:

Jetzt wünsche ich euch frohe Ostern!

Was waren deine Erfahrungen? Welche Tipps fehlen? Wie erging oder ergeht es dir? Sei dir sicher, du bist nicht alleine in der Situation und tausche dich aus, vernetze dich – das hilft dir!

 


Ich bin jetzt ein paar Tage im Netzniemandsland, bitte gib trotzdem dein Feedback und helfe anderen oder stelle Fragen. Ich werde die Kommentare freischalten, antworte dann erst später.

7 Kommentare

  1. Pingback: Jahresrückblick 2017: Meine Top 15 Artikel im Blog

  2. Pingback: Jahresrückblick 2018: digitale Kulturvermittlung und Pressereferentin Crossmedia

  3. BildKunde

    Hallo!
    Danke für diesen interessanten und hilfreichen Artikel.
    Wie lange hat es bei dir vom Tag der offiziellen Einreichung bis zur Disputation gedauert?
    Gruß

    • Tanja Praske

      Hi BildKunde,

      ich habe „etwas“ länger für die Doktorarbeit nach Start gebraucht. Lag daran das ich a) alles vorher sehr schnell angegangen bin und einfach ausgepowert war (Ausbildung in 2 statt in 3 Jahren; Kunstgeschichtsstudium in 8 Semestern mit Abschlussarbeit auf Französisch) und b) Familiengründung.

      Nun Tacheles: offizieller Doktoratsstart im Dezember 1998 – Disputatio Januar 2007; Veröffentlichung nach diversen Jobs 2015(?) – um es nun komplett zu machen.

      Aus der Rückblende betrachtet ist eine Promotion in Kunstgeschichte in 3-4 Jahren machbar, wenn man sich darauf konzentrieren kann und sich vom Anspruch befreit, jeder Frage unbedingt nachgehen zu wollen. Es ist keine Habilitationsschrift. Das fiel mir schwer, für mich zu akzeptieren.

      Ganz wichtig ist, sehr zeitig anfangen zu schreiben, das schärft die Gedanken, einiges schmeißt man dann weg oder verfolgt ganz andere Gedanken. Das Gedankenchaos linear zu verschriftlichen hilft ungemein, zügig und gezielt voranzukommen. Das war mein Hauptlearning.

      Dieses Problem gibt es für mich nicht mehr, seitdem ich blogge. Hätte ich schon begleitend zur Diss tun sollen. Aber hätte-wäre-Fahrradkette bringt nicht weiter, aber vielleicht dich als Denkanstoß für deine Vorgehensweise.

      Viel Erfolg bei einer eventuellen Doktorarbeit und einfach runterschreiben!

      Beste Grüße
      Tanja

  4. Pingback: Achterbahn der Gefühle oder letzte Schritte zur Publikation der Doktorarbeit » KULTUR - MUSEO - TALK

  5. Liebe Tanja,
    lass dich hier auch noch einmal von mir beglückwünschen zur Promotion. Die „Verteidigung“ hört sich immer so nach Angriff an :-) Aber es geht natürlich auch um die wissenschaftliche Diskussion. Und super Tipps, die du hier vereinst. Die gelten so sicher auch für jegliche Präsentations-Auftritte.
    Ich wünsche dir alles erdenklich Gute und kann nur an Museen appellieren: schnappt euch diese Frau Doktor! Die hat es nämlich drauf! So eine Wissenschaftlerin ist zukunftsfähig!
    Herzliche Grüße von Anke

    • Tanja Praske

      Liebe Anke,

      wie wunderbar – das geht runter wie Butter – merci! Ja, es stimmt, die Tipps sind übertragbar für Präsentationen! Tatsächlich werden meine Posts über die Doktorarbeit extrem viel aufgerufen, also war und ist es naheliegend, dazu mehr zu schreiben.

      Meine Disputatio war 2007, trotzdem kam es mir heute vor, als ob sie erst gestern war. Ich war damals total unruhig, weil ich nicht wusste, wie ich die Disputatio aufbauen soll. Über 100 Dias lieh ich mir zwei Wochen vor dem Termin aus, auf der Rückfahrt von Frankfurt nach München schrottete ich dann bei Würzburg das Auto, war für ein paar Tage ausgeknockt, aber o.k. c’est la vie! Yep, den Vortrag bereitete ich dann in weniger als fünf Tagen vor, aber das geht, denn sieben Jahre Recherche und ein Kind gingen dem voraus.

      Merci für deinen Appell: Ja, tatsächlich suche ich ab Juni eine neue Herausfordung, wie man so schön sagt, vorher möchte ich noch höllisch viel bewegen, denn das Marketing für die #NymApp kommt in die heiße Phase – zwei Fachartikel sind bald on, die Mitarbeiter sind eingewiesen, einfache Maßnahmen sind umgesetzt und der heißeste Termin ist der 19.4. ab 11:00, wenn wir mit den Kulturkonsorten im Schlosspark #lustwandeln gehen. Hier hoffe ich auf ganz breite Unterstützung, tatsächlich wird es einige Überraschungen an dem Tag geben.

      Ja, und dann werde ich mir eine Bewerbungs-Strategie überlegen. Freue mich natürlich über spannende Anfragen pro Kultur!!!

      Anke, merci für die rege Diskussion mit dir und frohe Ostern!

      Herzlich, Tanja

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert