Gaumenfreuden des Mittelalters faszinieren bis heute. Die Kuratorin der Cadolzburg, Dr. Uta Piereth, schreibt nach 1,2,3 Hirn mit Ei erneut über ihre Burg, die es in sich hat bei mir. Sie stellt dir kulinarische Verführungen am Pfingstwochenende vor. Kennst du schon den kandierten Kümmel von dem die Teilnehmer des #HohenzollernWalk-s letztes Jahr so begeistert waren? Jetzt darfst du ihn selber schmecken und anderes nach mittelalterlichen Rezepten nachkochen! Der Gastartikel ist ein Beitrag zur Blogparade #SchlossGenuss. Bis zum 5. Juni kannst du mitmachen.
Gaumenfreuden des Mittelalters
Eine alte, vor rund 70 Jahren zerstörte und nun wieder aufgebaute Burg als Ort, wo man Mittelalter mit allen Sinnen und auch auf der Zunge erfahren kann? Das schien auch mir als Museumskuratorin eine Herausforderung, als ich mit Sebastian Karnatz 2013 diese Aufgabe für Cadolzburg erhielt. Mein Kollege beschrieb seinen Zugang zur Burg in: „Die Cadolzburg – wie entsteht ein Museum? Was macht ein Kurator?„. Und ich? Ich koche und esse gern – und so war es für mich gar nicht abwegig, bei den gründlichen Recherchen zu den Burgherren aus der berühmten Familie der Hohenzollern auch Hinweise zu ihren Essensvorlieben aufzustöbern.
Kandierter Kümmel und herrschaftliche Verdauung
Beispielsweise fanden sich in den Quellen Kauf-Aufträge für kandierten Kümmel, der bei Nürnberger Apothekern speziell für Kurfürst Albrecht Achilles und seine Frau Anna besorgt werden sollte, als edle – und zugegebenermaßen heute ungewöhnliche Schleckerei. Wie so etwas als Kombination von würzig und süß schmeckt, können Besucher der Burg inzwischen in der ehemaligen Burgküche bei Führungen probieren. Schon ein paar Krümel vermitteln einen Eindruck, wie vor 500 Jahren in der fürstlichen Küche vielleicht ungewohnte, aber schmackhafte Aromen verbunden wurden. Manchmal mag das auch der herrschaftlichen Verdauung der nicht unbeträchtlichen Mengen an verzehrtem Fleisch zuträglich gewesen sein…
Mandeln durchs Tuch passieren
Wer jedoch, wie ich mit einigen unternehmungslustigen Mit-Köchinnen, neugierig darauf ist, was die Kochbücher des 15. Jahrhunderts sonst noch an Überraschungen und Erfreulichem bereit halten, der muss sich intensiver mühen. Die tollen Pastetenteige sind schwer zu kneten, ermöglichen aber fantastische Fleisch- oder Kräuterkuchen im modellierbaren Outfit. Langwierig ist es, aus den damals teuer importierten Mandeln des Südens die Basis vieler herzhafter und süßer Gerichte herzustellen als Mandelmilch, Brei, durch ein Tuch passiert oder gemörsert. Das können Besucher der Cadolzburg am kommenden Samstag (19. Mai, 11-14h) vor Ort in der Burg selbst testen.
Übrigens haben wir uns dagegen entschieden, alle Rezept-Vorerfahrungen zum Test hier weiterzugeben: Eine damals gängige Zubereitungsart mit Mandeln war nämlich etwa ein Fischmus, das wir ausprobiert hatten. Das machte wirklich viel Arbeit, war aber doch für unsere Gaumen ein gar zu „überraschendes“ und fremdes Ergebnis…
Auch eine weitere Station erwartet jene, die speziell an Kulinarischem Interesse haben, im 3. Obergeschoss der Burg. Dort werden Kräuter verarbeitet zu kleinen Gerichten – hier geht es, wohl gemerkt, nicht nur um Schnittlauch und Petersilie: Das könnte ja jeder, dafür braucht man keinen fürstlichen Anlass!
Alte Rezepte und offenes Feuer
Am Sonntag wird in authentischer Form in der Vorburg einmal vorgeführt (20. Mai, 11-17h), wie über dem offenen Feuer alte Rezepte zubereitet wurden bzw. werden. Andreas Klumpp M.A. ist ein Spezialist, der sich wissenschaftlich und durch umfassende eigene Versuche den Rezepten des späten Mittelalters und der „richtigen“ Zutaten zugewendet hat. Er weiß, was er tut!
Wer wie wir aber nun erst so richtig auf den Geschmack gekommen ist, der sollte sich insbesondere auf unserer Cadolzburg immer wieder mitnehmen lassen zu den kulinarischen Mittelalter-Entdeckungen auch im restlichen Jahr – wir planen z.B. auch Spannendes rund um eine Ausstellung des ältesten deutschsprachigen Kochbuches gegen Jahresende. Dranbleiben lohnt sich in der Burg, die es in sich hat!
Autorin: Dr. Piereth, Referentin der Cadolzburg
Fakten zur Cadolzburg
Burg Cadolzburg
Am Burghof 4
90556 Cadolzburg
Website
Öffnungszeiten
April-September: 9-18 Uhr
Oktober-März: 10-16 Uhr
Montag geschlossen
Der Burggarten ist ganzjährig geöffnet.
Eintrittspreise
7,- Euro regulär | ermäßigt 6,- Euro | Eintritt bis 18J
(inklusive Multimediaguide)
Kombiticket: Cadolzburg + Kaiserburg Nürnberg:
12,- Euro regulär | 10,- Euro ermäßigt | Eintritt bis 18J
Burggarten: Eintritt frei
Aktuelle Veranstaltungen | Führungen auf der Cadolzburg
Worüber möchtest du denn mehr erfahren? Stell mir die Fragen hier im Kommentar und ich reiche sie an die Fachleute weiter. Sie werden dir antworten!
-> Gefällt dir der Artikel? Dann teile ihn doch bitte gerne weiter. Für mehr Kulturpower folge KulturTalk auf Facebook und abonniere meinen monatlichen Newsletter – ich freue mich auf dich!
Pingback: Jahresrückblick 2018: digitale Kulturvermittlung und Pressereferentin Crossmedia
Pingback: Slawenburg Raddusch - Osten - Da ist doch nichts?
Dein Beitrag klingt sehr erheiternd und interessant! Besonders die Kombination aus Fisch und Mandel stelle ich mir sagen wir interessant vor.
Die Burg Cadolzburg werde ich mir merken. Kandierter Kümmel ist nicht so weit weg von der Mischung aus Indien, die man nach dem Essen kauen kann. Sowohl Kümmel als auch glaub Kandiszucker sind enthalten.
Viele liebe Grüße
Dani
Lieber Henry
das Kochbuch, das wir ausstellen dürfen, ist das älteste deutschsprachige Kochbuch – allgemein. Der Burgbezug besteht nur durch die Zeit: Spätes Mittelalter. Wenn ich mir die Festtags-Einkaufslisten ansehe, dann liegt es nahe, genau solche Rezepte, wie sie hierdrin zu finden sind, auch für unsere eigenen Burgherren in der Umsetzung zu denken!
Um das Kochbuch herum wird allerhand über einzelne Rezepte, Zutaten, Küchenarbeiten zu erfahren sein, außerdem gibt es Workshops u.v.m.! Ein Besuch lohnt sich daher auch im Winter wieder ; )
Liebe Dani
stimmt, diese Assoziation hat man auch auf dem Gaumen! Überhaupt gibt es bei der feinen, höfischen Küche viele Gewürz- und Zutatenkombinationen, die uns heute ein bisschen an indische Küche erinnern, nicht nur farblich (Gelbwurz und Safran wurden gerne verwendet, aber auch Ingwer, scharfe Würzzutaten, die Kombi von Fruchtigem und Fleisch etc.).
Wenn Du auf die Burg kommst, lass Dir von den Museumspädagogen oder einem der Burgführer eine Kostprobe des Kümmels in der Burgküche geben.
Beste Grüße!
Pingback: Kultur-News KW 23-2018 | Kultur - Geschichte(n) - Digital
Pingback: Schloßgenuß - die Blogparade | Ich lebe! Jetzt!
Pingback: Kaiserburg, Eppelein, Burgenwinkel und my Home is my Castle
Das hört sich ja sehr wohlschmeckend an – wie ist das mit dem Kochbuch zu verstehen: wird es ein „Mittelalterkochbuch“ mit Bezug zur Burg geben oder eine Ausstellung zu Kochbüchern auf der Burg?
VG