Joaquín Sorolla – die Farben Spaniens

Ist es möglich, Sonne und Schatten, Wind und Meer, das Leben Spaniens um 1900 mit Öl auf die Leinwand zu bannen? Ja: Joaquín Sorolla ist es gelungen! Und er zeigt es in München. Ich bin eigens dafür von Holland angereist, und über 100.000 Besucher waren schon da. Könnte er auch dich in seinen Bann ziehen?

Joaquín Sorolla in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München

Joaquín Sorolla, Die Rückkehr vom Fischfang, 1894 [Ausschnitt], Paris, Musée d’Orsay. Foto: Peter Soemers

Die Ausstellung findet in der Kunsthalle München statt und läuft noch bis zum 3. Juli: „Joaquín Sorolla – Spaniens Meister des Lichts„. Sorolla wurde 1863 in Valencia geboren und malte etwa von 1880 bis 1920. Er ist in Spanien sehr bekannt, aber in Deutschland und Holland kennen/kannten ihn nur die Wenigsten. Für eine Kurzbiografie Sorollas verweise ich auf den einschlägigen Wikipedia-Beitrag. Ein 5-minutiges Videoporträt gibt es in der Mediathek des Bayrischen Rundfunk

Weshalb sollte man sich die Gemälde von Joaquín Sorolla anschauen?

Die Periode 1880-1920 weist sehr viel hervorragende Maler auf, aber der Begriff „virtuos“ trifft nicht auf alle zu. „Virtuos“ bedeutet für mich: ‚der/die macht es quasi mit links‘. In den größten Leistungen ist eine scheinbare Leichtigkeit drinne. Nun: Sorolla malt virtuos! Und er vermittelt ein Lebensgefühl, das mich ansteckt.

Schauen wir uns eines der vielen großformatigen Ölgemälden an. In der Ausstellung zählt es zu den Blickfängen:

Joaquín Sorolla, Die Rückküehr vom Fischfang, 1894, 265 x 403,5 cm (!), Paris, Musée d'Orsay. Foto: Peter Soemers.

Joaquín Sorolla, Die Rückküehr vom Fischfang, 1894, 265 x 403,5 cm (!), Paris, Musée d’Orsay. Foto: Peter Soemers.

Fischer bringen mit Hilfe von Ochsen ihr Boot an Land. Das Licht ist grell, es gibt leichten Wellengang; das grosse Segel bauscht sich. Mensch und Tier strahlen jedoch Ruhe aus, sie sind in ihrem Element! Stolz spricht aus dem Bild. Die Köpfe der Ochsen wirken fast majestätisch. Die Szenerie: der Strand von El Cabañal , Valencia. Aus dem Gemälde spricht ein Lebensgefühl, dass mich anzieht. Ich möchte sofort hin und das Geschehen von Nahe betrachten und den sommerlichen Abend spüren, dort am Strand El Cabañal!

Leider schaut es dort heutzutage nicht mehr aus wie zu Sorollas Zeiten. Die Ochsen sind verschwunden, wohl für immer. Aber die Scheune, wo sie untergebracht wurden, gibt es noch: la Casa dels Bous (nicht öffentlich zugänglich und ziemlich heruntergekommen).

Sonne, Meer, Arbeit, Leben – Stolz. Welche Maltechnik ist imstande, diese Stimmung zu vermitteln? Wie fängt Sorolla das Licht ein? Wie malt er Schatten? Wie kommt es, dass wir den Wind ’sehen‘ können? Gibt es hier überhaupt irgendetwas mit einer eindeutig zu bestimmenden Farbe?

Wenn wir uns das Gemälde aus der Nähe anschauen, fällt auf, wieviele unterschiedliche Farben Sorolla benutzt – nebeneinander, übereinander. Das macht er an manchen Stellen. Ich greife einige heraus: das grosse Segel – die ‚weißen‘ Hemden von zwei der drei Fischern – der ‚weiße‘ Kopf des rechten Ochsen – die Hörner – das überwiegend grünliche Meer, dass fast nirgendwo gleich ausschaut. Ich nenne euch meine ‚Lieblingsstellen‘ im Meer: den Bereich unter den Ochsen; die komplette rechte Partie, wobei das hochstehende Ende des Ochsenhorns den Blick auf eine anrollende Welle lenkt. Sorolla hat Mut, Mut zur Farbe! Es macht mir Spass, ein Gemälde so zu betrachten und diese Details bewusst wahrzunehmen! Letztendlich wird der Gesamteindruck maßgeblich von dieser Farbenvielfalt und -reichtum mit bestimmt.

Joaquín Sorolla in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München. Die Rückkehr vom Fischfang

Joaquín Sorolla, Die Rückkehr vom Fischfang, 1894, Paris, Musée d’Orsay [Ausschnitt]. Foto: Peter Soemers

Heißer Tipp: Joaquín Sorolla in München

Diese Farbenvielfalt lässt sich in einigen seiner Gemälden ausmachen, in reicher Variation. Daher ist die komplette Ausstellung ein Fest für’s Auge. Sorolla kann auch anders: seine Porträts z.B. zeigen ganz andere Farbtöne. Insgesamt präsentiert die Kunsthalle 65 Gemälde und 53 Ölskizzen. Es ist eine hervorragende Übersicht, mit großformatigen Leihgaben aus Madrid, Paris, Venedig, New York, Philadelphia und Havanna – dazu noch etliche Leihgaben aus Privatbesitz. Ich mag das Licht, die unglaubliche Fülle an Farben, die Themen – das darin dargestellte, manchmal richtig gefeierte Leben. Eine solche Gesamtschau wird es in Deutschland nicht schnell oder überhaupt nicht mehr geben. Magst Du solche Gemälde? Dann nix wie hin! Die Ausstellung wird anschließend in Giverny (Frankreich) und Madrid zu sehen sein.

Schaffst du es nicht, die Ausstellung zu besuchen? Online gibt es Möglichkeiten, die das einigermassen wett machen könnten – obwohl die Magie des ‚real thing‘ dort weniger greifbar ist:

Sorolla im Google Art Project

Sorolla in Wikimedia Commons

Viel Freude wünsche ich!

Weiterführende Informationen

Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung
Theatinerstr. 8
in den Fünf Höfen
80333 München
Tel: 089-224412
Website: www.kunsthalle-muc.de

Öffnungszeiten:
täglich 10–20 Uhr
(auch sonntags und an Feiertagen)
An jedem dritten Mittwoch des Monats ist die Ausstellung bis 22 Uhr geöffnet und das Café bis 23 Uhr: 16.3., 20.4., 18.5. sowie 15.6.

Eintrittspreise:
Regulär: € 12 / Senioren: € 11
Schüler, Studenten und Auszubildende (unter 30 Jahren) sowie Arbeitslose: € 6
Kinder und Jugendliche (6–18 Jahre): € 1 / Kinder bis 6 Jahre: frei
Familienkarte: 2 Erwachsene mit ihren (Enkel-)Kindern (< 18 Jahre): € 22
Montags 50% Ermäßigung auf alle Eintrittspreise außer an Feiertagen.

Das war der erste Kunstblick, weitere sollen folgen. Warst du in der Sorolla-Ausstellung in München? Wenn ja, was berührte dich am meisten?

=>Disclaimer: Die Fotos sind von Peter Soemers mit freundlicher Genehmigung der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung zur Veröffentlichung.

Kategorie Kunstblick

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7 Kommentare

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  3. Lieber Peter,

    wie schön, dein Text ist fast so wie ein Gemälde von Sorolla. Leicht, wie ein Sommerwind.
    Meine Tochter ist ein großer Fan des Malers und hat sich – als sie noch bei uns gewohnt hat – zahlreiche Sorolla-Postkarten an die Wand gehängt. Deswegen freut mich dein Bericht von der Ausstellung doppelt.

    Herzliche Grüße von Anke

    • Peter Soemers

      Liebe Anke,

      das freut mich, Danke schön!
      Ich habe absichtlich keine ‚Rezension‘ der Ausstellung schreiben wollen (wäre auch reizvoll gewesen: Auswahl, Hängung, Social Media Aktionen etc), sondern einfach meine Begeisterung für Sorolla und für die Ausstellung herüberbringen wollen. „Lust auf Kunst“ – dieser Text ist auch auf meinem ExLibris vermerkt. Soviele Leute haben Lust auf Kunst, manche aber wissen es vielleicht noch nicht … (eine schöne Aufgabe für die Kulturvermittlung :) )
      Ja, wenn ich jünger gewesen wäre und unverheiratet, hätte ich eine solche Tochter natürlich sofort heiraten wollen!

      Liebe Grüsse!
      Peter

    • Peter Soemers

      Hallo liebe Trippmadam,

      Dein Blogpost zu der Ausstellung (siehe unten) habe ich gerne gelesen, macht Spass! Hast Du einen Lieblingsmaler?

      Liebe Grüsse,
      Peter

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