Kleine Rituale im Alltag: Geburtstags- und Familienrituale | #Blogparade

Was sind meine kleinen Rituale? Knüpfe ich nun an die Ratlosigkeit von Eurydike an? Nein. Gleichwohl Lutz Prauser aka @zwetschgenmann mit seiner Blogparade „Kleine Rituale“ mir eine harte Denknuss stellte. Denn tatsächlich musste ich scharf überlegen, ob es das für mich überhaupt gibt. Immerhin bot mir meine Kindheit Stoff dazu. In anderer Art übertrug ich daraus bestimmte Rituale auf meine Familie. Und je länger ich darüber nachdenke, umso mehr fallen mir unbewusste Rituale im Alltäglichen und im Job ein.

Teller mit Gnocchis auf Brett mit weißen Speck und Zucker: Zuckerklitschchen als Ausdruck für Rituale im Alltag - ein Beitrag zur Blogparade vom Zwetschgenmann.

Kleine Rituale im Alltag und Esskultur gehen bei mir Hand in Hand: Hier Zuckerklitschchen nach einem Rezept meiner Omi aus Breslau – ein Armeleuteessen!

Geburtstagsrituale aus der Kindheit

Früher als Kinder durften wir – mein Bruder und ich – uns immer an unserem Geburtstag ein Geburtstagsessen wünschen. Jahrelang kamen für uns nur zwei Gerichte in Frage, die unsere Omi aus Breslau unserer Ma beibrachte: Zuckerklitschchen und Klöse mit Honigsoße! Das kennst du bestimmt, gell 😉?

Mein Bruder wählte immer die Klöse mit Honigsoße, während ich mich grundsätzlich für Zuckerklitschchenen entschied. Ich hibbelte in der Schule immer dem Mittagessen entgegen, schließlich war es mein besonderer Tag und meine Ma machte in besonders. Passt jetzt vielleicht nicht so ganz zu Lutz‘ Idee der Alltagsrituale, aber er löste die Erinnerungen an vergangene und vergessene Geburtstagsrituale aus.

Gestern musste ich zumindest mal Zuckerklitschchenen nachkochen – ahoi Kindheit! Während meine Mama früher aufwändig Kartoffelgriesteig herstellte, diesen zu drei cm dicken Würsten ausrollte, um sie dann in etwa ein cm dicke Scheiben zu schneiden, machte ich es mir einfach: Ich nahm fertige Gnocchis, kochte sie, während ich zuvor weißen Speck würfelte und in der Pfanne ausließ. Diese wunderbar „fettarme“ Kost gab ich nach Gusto über die Gnocchis mit einer ordentlichen Portion „gesundem“ Zucker – hach, was freute sich da die Waage 😉! Kindheitserinnerungen kamen hoch, das war es aber schon – meine Kids mögen es nicht, also, ein aufgegebenes Geburtstagsritual.

Gnocchis mit ausgelassenem weißen Speck passend zur Blogparade "Kleine Rituale".

Als Kind schmeckten die Zuckerklitschchen wunderbar: Als Erwachsene hatte ich dann doch etwas länger vom ausgelassenen Speck … upps. Rituale ändern sich!

Klöse mit Honigsoße

Das Rezept möchtest du sicherlich unbedingt wissen, oder? Ganz einfach. Die Klöse bestanden aus demselben Kartoffelgriesteig wie die Zuckerklitschchen nur rund geformt mit einer eingedrückten Zwetschge im Inneren. Als ich das Rezept das erste Mal kochte, befolgte ich den Rat meiner Ma: Ich sollte so viel Gries zum Kartoffelteig hinzugeben, bis dieser nicht mehr an den Fingern klebte. Hm … das nahm ich wortwörtlich: Ich verbrauchte sorglos die gesamte Griespackung und kochte die Klöse. Zwar wunderte ich mich darüber, dass sie kaum an die Wasseroberfläche kamen, weshalb ich sie besonders lange kochte, doch ahnte ich nicht, was mich erwartete. Ich hätte mit den steinharten Klösen Fensterscheiben einwerfen können. Sie waren definitiv ungenießbar.

Und die Soße?

Die warme Soße ist speziell: Sie besteht aus Honigkuchen und viel Milch, abgeschmeckt mit Zitronensaft, Muskat und Salz. Ein Genuss! Aber auch das Rezept lockt meine Kids absolut nicht, leider!

Geburtstagsritual als Erwachsene

Habe ich Geburtstag, dann frühstücke ich mit der Familie wie jeden Tag. Wenn sie das Haus verlassen, komme ich zu mir. Ich genieße die Stille im Haus, mache mir einen Milchcafé und lasse den Tag bewusst langsam angehen. Manchmal gehe ich ins Museum, esse zu Mittag im Museumsrestaurant, vor allem schätze ich dieses bei mir mit mir sein, bevor die Familie wieder aufschlägt. Arbeite ich, geschieht das auch in einer besonderen Stimmung, die sehr bewusst ist. Schon wieder ein besonderes und kein alltägliches Ritual.

Kleine Rituale im alltäglich Besonderem

Ferienstartrituale

Die gibt es immerhin: Ferienstartrituale. Am letzten Schultag gehe ich mit meinen Kids lecker essen. Sie dürfen abwechselnd auswählen, was und wo sie essen gehen wollen. Eigentlich ziemlich fair, jedoch provoziert das trotzdem frequent Streitigkeiten, eben auch ein Ritual. Jedenfalls lasse ich mich nicht lumpen: Vorspeise, Hauptspeise und Nachspeise füllen unsere Bäuche. Habe ich dir übrigens schon mal gesagt, dass ich gerne esse? Ähem … das kann dann etwas schwierig werden, wenn ich den Weg nicht ins Sportstudio finde. Passiert mir gerade leider häufiger, Ausflüchte gibt es dafür zuhauf. Das führt mich dann zu den …

… Sportritualen

Die gibt es tatsächlich. Habe dazu schon einmal in „Zwischen Supernova, Bewerbung, Sporteln und #impressMUC“ geschrieben: Radeln, Variocrosstrainer – fertig! Das Schönste daran ist aber der Gang in die Sauna, die ich zumeist für mich alleine habe. Hier komme ich zu mir zurück. Hier verarbeite ich Probleme und finde Lösungen für diese. Hier gewinne ich Ideen für den Job. Von hier gehe ich voller Elan meine Aufgaben an, ob privat oder beruflich – eine befreiende Wirkung üben die Sportrituale auf mich aus.

Musste ich früher Handball spielen, um meine Aggressionen abzubauen bzw. mich auf null zu setzen, gerne haute ich dann mal den Gegner in einer äußerst fairen Art und Weise nieder😉 – ja, ich bin sehr wehrhaft -, so reicht mir heuer die Sportfolterkammer. Ich foltere mich gerne, befreie mich darüber und entwickle so Ideen. Hach, wie fein – ich muss das unbedingt wieder tun, trotz eines übervollen Schreibtisches!

Zu-Bett-geh-Rituale mit Mini

Das ist tatsächlich ein Ritual im Alltäglichen: das Zu-Bett-geh-Ritual. Nach dem Abendbrot läuft bei uns ein ganz bestimmtes Ritual ab: Bett fertig machen mit geflochtenem Schlafzopf, dann kuscheln Mini und ich uns ins Bett, Bücher gezückt. Zuerst liest sie mir aus „Gregs Tagebuch“ vor, dann bin ich dran. Aktuell lese ich ihr „das Sams“ vor. Diese Zeit genieße ich sehr. Im Anschluss stelle ich ihr ein Hörspiel an. Dann ruft die Hausarbeit, oder aber, und das schätze ich sehr, mir bleibt die Zeit zu bloggen.

Rituale rund ums Bloggen

Das Sofa ruft, im Hintergrund läuft FM4. Entweder steht neben mir ein Glas Wein oder Wasser oder beides. Eingemümmelt in einer Decke sitze ich mit ausgestreckten Beinen auf dem Sofa, mein Laptop auf den Knien, die Gedanken fliegen, die Finger auf der Tastatur auch, natürlich abhängig vom jeweiligen Thema. Dabei vergesse ich schon mal vollkommen die Zeit – ein Ritual, das ich liebe.

So wie jetzt: Ich befinde mich im Zug nach Basel zur Tagung „Läuft bei uns“ (#digiKVM). Morgen um 10:15 halte ich einen Vortrag zum Thema „Digitale Kulturvermittlung – quo vadis? Eine Standortbestimmung analog-digitaler Zugänge zur Kultur“. Gibt sogar einen Livestream. Wenn du Lust hast, dann switche doch rein zur digitalen Kulturvermittlung.

Jetzt genieße ich die Zeit im Zug zu bloggen. Da stört mich das Stimmgewirr der Mitreisenden nicht wirklich. Gerade spricht jemand in monotoner Weise über seine Arbeit, was ich gut ausblenden kann. Gut. Die Frau hinter mir, die permanent über ihre Verspätung auf dem Weg zum Friedhof ins Telefon spricht, nervt dann doch etwas und ich bedauere es, das Headset von Junior zu Hause vergessen zu haben und meinen Lärm nicht selbst gestalten zu dürfen.

Aber das ist jetzt auch nicht mehr wirklich dramatisch. Der Blogpost steht und ich muss gleich in Mannheim umsteigen, bevor es dann nach Basel weitergeht. Hier freue ich mich auf die Chagall-Ausstellung im Kunstmuseum Basel – das Art-Magazin schrieb darüber in: „Chagall – Die Jahre des Durchbruchs 1911–1919„, und mal schaun‘, ob ich da schon mal einen Text zu vorbereite – we’ll see!

Das waren also meine Rituale im Besonderen und im Alltäglichen. Meine Bloggerrituale kommen bei der Familie nicht grundsätzlich gut an, da die Zeit ihnen und vor allem dem Göttergatten fehlt 😉 – aber Tanja gibt es auch noch, muss hier meinen Weg für alle finden!

Wie schaut es da bei dir aus? Was sind deine Rituale und wie reagiert deine Umwelt darauf?

 
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6 Kommentare

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  5. Danke für’s Mitmachen. Dass es Rituale beim Bloggen gibt – ein interessanter Gedanke.
    Zuckerklitschchen wieder weniger. Ich hatte zwar auch eine schlesische Großmuter (sogar aus der gleichen Stadt), aber dieses Gericht hat sie nicht mitgebracht. Es hätte mich vermutlich auch nicht so angesprochen, aber wer kann das wissen?

    • Tanja Praske

      Hi Lutz,

      ja, merci für diesen Input. Jetzt sitze ich auch wieder auf dem Sofa, 5:00, eingemümmelt und genieße die Ruhe – wieder so eine Bloggersache. Zuckerklitschchen sind kein Ritual mehr. Aber deine Blogparade bewirkte, dass ich wieder mehr auf innerfamiliäre Rituale achte.

      LG, Tanja

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