Meine Rubrik „Woanders hingeschaut“ – die Blogvorstellung von Museumsblogs – setzt sich fort. Heute ist das Blog des Residenzmuseums in München dran. „Da bleibt einem die Spucke weg“, so lautete der Titel eines Blogposts über Leo von Klenze und Ludwig I. – ein Spruch, der sich mir einbrannte. Warum? Er weckte meine Neugier. Die Geschichte dahinter schreckt ab und fasziniert zugleich. Die Spucke bleibt mir zudem weg, da das Blog des Residenzmuseums erstmals für den „Content für München“ – Isarnetz-Award 2014 nominiert ist. Die Entscheidung fällt bald, also, Daumendrücken und voten!
Seit wann und wie oft bloggt das Blog des Residenzmuseums?
Der erste Blogpost erfolgte am 27. Juli 2011 „Unser Blog geht online – was erwartet Euch?“. Der Anlass des Blogs bestand damals in der Residenzwoche 2011 mit der Wiederöffnung der Grünen Galerie. Es muss dazu gesagt werden, dass die Residenz München im zweiten Weltkrieg fast komplett durch Bombenangriffe zerstört wurde. Dass wir heute in der Residenz wiederhergestellte historische Räume bewundern dürfen, liegt an der Umsicht und am Mut Einzelner. Denn just vor der fatalen Bombennacht, retteten diese das bewegliche Mobiliar, indem sie es abtransportieren und an „sicheren“ Orten einlagern ließen. Die Verantwortlichen gingen damit das Risiko ein, des Vaterlandverrats angeklagt zu werden. Dazu kam es nicht.
Der Prozess der Wiederherstellung und auch der Neupräsentation der Kunstwerke ist noch längst nicht abgeschlossen. Glücklicherweise, denn somit werden wir laufend über Aktuelles und Amüsantes informiert. Da anfänglich die Residenzwoche über das Blog beworben werden sollte, war die Taktung eng mit sechs Blogposts pro Monat. Später reduzierte sich das auf vier, während aktuell zwei Blogposts pro Monat online gehen.
Worüber bloggt das Residenzmuseum?
Zu Beginn war das Blog als Projektblog angedacht: Residenzwoche und Wiedereröffnung der Grünen Galerie sollten angeteasert werden. Daraus entwickelte sich mehr. Jetzt begleitet es dauerhaft den museologischen Arbeitsalltag. Das Blog ist ein prima Medium über den Blick hinter die Kulisse Verständnis UND Neugier für eines der großen Schlossmuseen Europas zu wecken. Es wird über aktuelle Restaurierungsprojekte, Quellen und Enthüllungen, Museumsarbeit hautnah, Lieblingsstücke der Autoren und vieles mehr berichtet. Die Kunstgattungen sind dabei weit gefächert, von Gemälden, Porzellan, Silber und Gebrauchsgegenständen, Skulpturen, Schnitzwerk und Mobiliar ist alles vertreten – eben alles, was dem Repräsentationsbedürfnis der bayerischen Herrscher dienlich war.
Was gefällt mir?
Viel! Die Artikel sind einfach herrlich mit einer riesigen Portion Witz geschrieben. Zu mittlerweile 98 Prozent schreibt der Museumsreferent Dr. Christian Quaeitzsch die Artikel. Die Autoren-Seite gibt Auskunft über die Beteiligten. Aktuell sind die Beiträge nicht mit den Namen gekennzeichnet (das wird noch geändert). Das liegt am Relaunch des Blogs, der jetzt responsive ist, Social Shares erlaubt und einfach moderner sowie lesefreundlicher geworden ist mit großformatigen Bildern.
Was gefällt mir insbesondere?
Es beginnt schon mit den Titeln der Blogposts. Sie sind eingängig, irritierend, überraschend und erstaunen. Gleichzeitig animieren sie mich dazu, den Artikel zu lesen. Oder wie ergeht es euch bei: „Auch ein schöner Rücken kann entzücken …“, „Wenn es mal schnell gehen soll – Brandbekämpfung anno 1729“, „Schöne Gestalten, die einem heiß werden lassen“, „Immer Laptop oder Lederhose? Oder lieber Hirsch und Helm …“?
Das Residenzblog vermittelt Historie kurzweilig in einer bildhaften und lebendigen Sprache. Die Bezüge zur Gegenwart helfen dabei, sich in die Vergangenheit einzufühlen. Klar, ich bin Kunsthistorikerin und allein deshalb wohl subjektiv, doch kenne ich auch andere Texte. Fachjargon ist hier auf ein Minimum reduziert. Wenn es doch mal vorkommt, wird es erklärt.
Offenheit für digitale Formate: Tweetup, Blogparade, #myCollection14
Mir gefällt die Offenheit für digitale Formate der Kunstvermittlung. Eines der ersten Tweetups fand im Residenzmuseum statt. Zudem richtete das Residenzblog zwei Kultur-Blogparaden (Museo-Blogparade 2012 und Kultur-Blogparade 2013) aus. Feine Beiträge von Kollegen aus anderen Kulturinstitutionen kamen dabei zustande. Aktuell beteiligte sich das Blog bei #myCollection14 – der Social Media Kampagne für den Internationalen Museumstag 2014, der am 18. Mai stattfindet. Christian Quaeitzsch stellt dabei die Ostasiensammlung vor. Hm … über 70 Museumsblogs gibt es, über 70 Sammlungen ließen sich so einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Vielleicht beteiligt sich doch noch das ein oder andere Museumsblog daran, oder?
Wie der Museumsreferent das Bloggen im Museum bewertet, könnt Ihr im Interview „Museum Vision Walk 2″ mit Christian Gries von den Kulturkonsorten nachschauen.
Mein Favorit
Artikel-Favoriten gibt es einige. Verbindendes Element ist die Historie. Es werden Geschichten über die Wittelsbacher, die bayerischen Herrscher und München erzählt. In letzter Zeit hat es mir vor allem ein Beitrag angetan: „Gemalte Momentaufnahme: Bernardo Bellotto zu Besuch in Schloss Nymphenburg“. Das Gemälde, dass das Schloss Nymphenburg detailgenau wiedergibt, ist nicht nur eine Momentaufnahme der höfischen Gesellschaft im späten 18. Jahrhundert, sondern offenbart photographisch die Münchner Skyline sowie den historischen Zusammenhang. Passend dazu ist der Post „Einst und Jetzt – ein virtueller Rundgang um die Residenz zwischen 1826 / 2013“ – München im Wandel der Zeiten via Gemälde und Fotografie.
Daumen drücken und voten für den „Content für München“ – Isarnetz Award 2014
Diese Herangehensweise des Residenzblogs – den Bezug zur Gegenwart – mag ich. Deshalb drücke ich dem Blog ganz fest die Daumen für den „Content für München“ – Isarnetz Award 2014. Ob das Residenzblog auf die Shortlist kommt, stellt sich in den nächsten Tagen heraus. Wenn ja, heißt es voten für das Blog des Residenzmuseums. Oder aber für eines der anderen drei Museumsblogs, die ebenfalls empfohlen wurden. Toll – bloggen für Kultureinrichtungen wird so honoriert #Ilike!
O-Ton Blog des Residenzmuseums
In der „Über uns„-Seite wird das Ziel des Blogs formuliert:
Unsere Beiträge sollen informieren und neue Fragen provozieren – die wir hoffentlich beantworten können. Vor allem aber wollen wir Neugier wecken auf all das, was wir Ihnen und Euch immer wieder neu zeigen wollen – „unsere“ Residenz: einen Ort, an dem nicht nur vergangene Jahrhunderte ihre faszinierenden Spuren hinterlassen haben, sondern der auch heute ein lebendiger Schauplatz ist. Ein Schauplatz, an dem Geschichte – und Geschichten – jeden Tag erlebt, bestaunt, begriffen werden können – echter und unmittelbarer als jede Computersimulation, jeder Film, jede Abhandlung es vermag!
– wir freuen uns auf unsere gemeinsame Reise mit Euch…
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