Kunstvermittlung: schuldig pro Banalisierung der Kunst? #Lesetipp

#Lesetipps "Woanders hingeschaut"Kunstvermittlung – ist sie oder ist sie nicht schuldig für die Banalisierung der Kunst? Diese Frage wird seit dem Zeit-Artikel „Stoppt die Banalisierung“ unter Kulturschaffenden heiß diskutiert. Ich fände es fein, wir kämen aus unserer Filterblase heraus und diskutierten das Thema mit denen, die Kunst ansprechen sollte. Aber wer sind die? Sind das die Kulturinteressierten oder die „aus-Versehen-ins-Museum-Gestolperten“? Wieso bist du denn ins Museum „gestolpert“? Gab es bestimmte Anreize dazu? Welche? Oder sind dir Museen fern? Was hat das nun mit #Lesetipp zu tun?

Viel! Dazu gleich mehr. Mein erster Impuls, nachdem ich den Zeit-Artikel las, war: Scham als Kulturschaffende zu empfinden – was für ein Bildungssnobismus herrscht da vor? Schon mal etwas von verschiedenen Zugängen für verschiedene Personen oder Dialoggruppen gehört? Warum nicht Kunst für viele erfahrbar machen? Warum nicht verschiedene Angebote mit unterschiedlichen Vertiefungsebenen schaffen, wenn die Neugier geweckt ist? Tatsächlich muss diese erst einmal geweckt werden. Nicht jede Maßnahme in der Kunstvermittlung fruchtet, gleichwohl sollte der Kulturinstitution das Recht eingeräumt werden, zu testen. In meinen Augen ist das Aufgabengebiet von Museen vielfältig: sammeln, forschen, bewahren UND einen Bildungsauftrag erfüllen. Die Bedingungen sind dazu nicht immer optimal – nur: Museen sind für die Menschen da, einerseits zur Bildung eines kollektiven Gedächtnisses über die Geschichte der Werke, andererseits als außerschulischer Lernort oder auch Erfahrungsraum.

Kunstvermittlung mit Strategie vs. Gießkannenprinzip

Sinnvoll ist es natürlich, das Museum überlegt sich, warum es was macht, welche Ziele es mit seinem Vermittlungsformat erreichen möchte. Und was passiert, wenn die Ziele erreicht sind, welche Angebote gibt es dann für den „ins-Museum-Gelotsten“?

Kunst tut weh, wenn sie nicht berührt. Kunst darf dabei ruhig aufwühlen, ob positiv oder negativ – für mich ist das schnurz. Kunst löst ein Nachdenken aus! Gleichgültigkeit tut mir weh. Gut. Kritiker können einwenden, einmal abgeschreckt, immer abgeschreckt. Ja, das kann gut sein. Alle wird die Kulturvermittlung nicht mitnehmen – ist das denn gewollt? Gegenfrage: Kann es sich das Museum leisten, nur wenige, eben die, die dem Bildungsbürgertum entstammen, mitzunehmen? Wichtiger ist für mich die Strategie der Kunstvermittlung zu definieren, ein Gießkannenprinzip führt hier nicht weiter – genauso wenig wie das Marketing einer Ausstellung, das alle ansprechen möchte – das ist gesichtslos und zum Scheitern verurteilt – aber vielleicht irre ich mich – dann nur her mit den Gegenargumenten.

Der Autor des Zeit-Artikels scheint das Gießkannenprinzip anzuprangern. Lies unbedingt die Kommentare – sie geben ein prima Stimmungsbild der Reaktionen wieder. Für mich gibt es unterschiedliche Zugänge mit unterschiedlichen Ansprüchen, diese müssen definiert werden – und ja, hier wäre es fein und gefordert, den einmal Berührten nicht alleine zu lassen. Das setzt gelebte Dialogbereitschaft des Museums voraus. Hier erinnere ich an die Gegensätze von: „14 Gründe, warum Museen kein Social Media brauchen“ und „Museen werdet mutiger“ – spannende Ansätze gibt es.

Der Blogpost wird kontinuierlich ergänzt um aktuelle Positionen zum Thema.

#Lesetipps zur Banalität in der Kunst:

Hier nun meine Lesetipps zum Thema „Banalität der Kunst“ als Diskussionsstoff:

Katharina Förster, wissenschaftliche Volontärin bei @kosmosweimar, beleuchtet in einem sehr lesenswerten Gastartikel auf „Let’s talk about arts!“ zu Recht sehr kritisch den Zeit-Artikel und forderte den Autor, Wolfgang Ullrich, zur Stellungnahme heraus – hervorragend – unbedingt die Kommentare lesen und mitdiskutieren!

Anke von Heyl aka @kulturtussi führt die Banalisierung der Kunst, die auch Thema des stARTcamps in Münster 2015 war, treffend am Beispiel der Museumselfies aus, wiederum mit einer ausgiebigen Diskussionskultur in den Kommentaren – die Kulturblogger stoßen vermehrt Dialogbereitschaft an und das freut mich außerordentlich!

Lesenswert zum Thema ist der Artikel „stARTcamp Münster: Sind die Social Media-Aktivitäten im Kunst und Kulturbereich banal?“ von Christian Henner-Fehr, der Banalität definiert und zur Stellungnahme auffordert, die prompt erfolgt, auch vom Künstler @Frank8233.

Kunstvermittlung kann auch nach hinten losgehen, so erlebt von Sabine Scherz und beschrieben in: „Ein absurd-skurriler Besuch im Museum für Kommunikation Berlin“ – macht mich sprachlos – eine Bestätigung von Wofgang Ullrichs „fehlgeleiteten“ KunstvermittlerInnen? Danke @BibAltonensis für den Lesetipp via Twitter!

Was bedeutet Kunstvermittlung den Museen?

Jetzt sprachen nur Wissenschaftler und Kulturschaffende – Zeit also, zwei Museen zu ihren Strategien der digitalen Kulturvermittlung direkt zu Wort kommen zu lassen:

Hach, wieder einmal verweise ich auf eine meiner liebsten Sparring-Partnerinnen im Social Web: Anke interviewte Chantal Eschenfelder, zuständig für die Vermittlungsarbeit des Städelmuseums, über „Kunstvermittlung in Digitalien“ – Konzept und Zielsetzung – klarer Hörtipp!

Die Fondation Beyeler geht ebenfalls neue Vermittlungswege mit dem Multimediaraum zur Ausstellung „Paul Gauguin“ in Basel ein. Ein Interview mit der Macherin klärt über das Konzept auf.

Kunstvermittlung durch Blogger

Kunstvermittlung findet so oder so statt, auch von den „Nicht-Profis“ und das mag ich kolossal gern. Sie offenbaren eine unmittelbare Wahrnehmung der Kunst, eine Auseinandersetzung mit dem Gesehenen, befreit vom analytischen Wissensbalast, aber beladen mit einer gehörigen Portion Neugier, sich Phänomene auf eigene Faust zu erschließen. Sie und ihre Leser sind spannende Dialoggruppen für Museen. Warum sich also nicht in die Gespräche einschalten? Oder was hältst du von „Lecce: Family4Travel goes Kunstgeschichte – oder die Stadt der angebissenen Statuen“ via @family4travel – ein herrlicher Titel!


Update zur digital-analogen Kulturvermittlung vom 25.11.16

#Lustwandeln in Nymphenburg und Schleißheim

Digital-analoge Kulturvermittlung und ihre Fragen, Diskussionen und Dispute sind mir wichtig. Deshalb wird dieser Post hier fortwährend im Nachtrag fortgeführt. Zuletzt nuancierte Wolfgang Ullrich die Rolle des Museums als Hort zur Vermittlung von „Kunst für alle“, Folge der 1968er Diskussion (Nachtrag vom 17.11.16). Da ich im Ursprungspost auf das Lustwandeln in Schleißheim einging, noch bevor dieser stattfand, ist es jetzt Zeit, das Resultat davon und von der Wiederauflage des #Lustwandelns in Schleißheim am 8.10.2016 zu berichten – denn beide Tweetwalks waren grandios sowohl von den Berichten als auch den Zahlen. #Lustwandeln hat sich zu einem erfolgreichen digital-analogen Kulturvermittlungsformat entwickelt. Ich schrieb gerade einen Magazin-Artikel darüber, der im März 2017 erscheinen wird. Gleich setze ich mich auch noch für den Abschlussbericht für die Schleißheim-Aktion ran, der auf dem Blog des Residenzmuseums erscheinen wird. Ein Tweetwalk verläuft ähnlich zu einem Tweetup. Was genau das ist, kannst du nachlesen in: „Tweetup – was bringt es? Von der Idee zur Entwicklung„.

Tweetwalk #Lustwandeln im Schlosspark Nymphenburg (19.4.15)

Das Lustwandeln im Schlosspark Nymphenburg verlief grandios. Zahlreiche Blogposts entstanden im Vorfeld und danach. An dem Tag direkt entwickelte sich das Hashtag #Lustwandeln zum Thema „Englischer Landschaftsgarten“ zum viralen Selbstläufer, deutschland-, europa- und weltweit machten die Menschen mit. Das Thema infizierte. Unbeteiligte mischten aus Lust mit. Es war unglaublich. Diese Partizipation vieler begeisterte mich, mich begeisterte vor allem auch die Inhaltstiefe und Emotionalität in der Nachberichterstattung. Am Ende gewann die Bayerische Schlösserverwaltung den Virenschleuderpreis 2015 in der Kategorie „ansteckendste Kampagne“. Der Preis wurde im Rahmen der Frankfurter Buchmesse 2015 verliehen. Was genau geschah, kannst du nachlesen in: „Tweetup oder Tweetwalk: Was bringen sie? #Lustwandeln zeigt’s!!“ – danke nochmals an alle Mitwirkenden.

Tweetwalk #Lustwandeln in der Schlossanlage Schleißheim 88.10.16)

Schon direkt nach dem ersten Tweetwalk kam der Ruf nach einer Wiederauflage des #Lustwandelns auf. Im Oktober 2016 war es dann soweit. Dieses Mal organisierte ich das #Lustwandeln für die Schlösserverwaltung. Ziel war es, die Schlossanlage Schleißheim ins Bewusstsein der Münchner und der Menschen im Umfeld zu rücken. So nah an München und doch zehn mal weniger besucht als Nymphenburg. Das Thema galt der Barockkunst. Anders als in Nymphenburg bezogen wir das Neue Schloss sowie den historischen Obstgarten mit im Tweetwalk ein. Wir erweiterten damit die Sinne, vielfältiger Genuss inklusive. So zeigten wir Bekanntes und vor allem Unbekanntes, verrieten Geheimnisse und ließen den Tag beim Obst im Glas im Schnapskeller ausklingen. Auch dieses Mal gab es Vorberichte und andere machten im Netz mit. Der BR berichtete zweifach darüber und die SZ im Lokalteil.

Was mich besonders freute, war der Facettenreichtum der Blogger in den Nachberichten – so wunderbar. Trotz des Multitasking der Teilnehmer vor Ort – hören, sehen, schmecken, fühlen und unmittelbar berichten auf Twitter, Facebook, Instagram, Vine, Snapchat – blieb viel hängen, vor allem die Begeisterung. Es wurde nachrecherchiert und der Walk aus unterschiedlicher Perspektive beleuchtet – klasse – ein ganz herzliches Dankeschön dafür.

Die Berichterstattung wird zweifach dokumentiert auf:

  1. Bei mir „Tweetwalk #Lustwandeln in Schleißheim – zu Gast beim „Blauen Kurfürsten“ – das war auch der Aufruf, im Nachtrag findest du die Ergänzungen.
  2. bei der BSV „Tweetwalk #Lustwandeln in Schleißheim – zu Gast beim »Blauen Kurfürsten«. „Ich kann Kaiser“ auf bayerisch: Tweetwalk #Lustwandeln auf den Spuren des »Blauen Kurfürsten« in Schleißheim (8. Oktober 2016)“ – hier bleibt die Dokumentation wohl bis Frühjahr 2017.

Nachtrag – die Banalisierungs-Diskussion geht weiter:

Lektüre-Tipp zum Thema:

Wolfgang Ullrich, „Der kreative Mensch. Streit um eine Idee“, Salzburg, Wien 2016.

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65 Kommentare

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  6. Martina Müller

    Mir fehlen in dem ZEIT-Artikel die detaillierten Belege zur Banalisierung der Kunst – da hat der Professor seinen eigenen Standard nicht eingehalten.

    Außerdem konnte er sich des Hinweises nicht enthalten, dass Kunstvermittlung überwiegend durch Frauen geschieht. Polemisch gefragt – wird hier unterstellt, dass die Banalisierung der Kunst an den Frauen liegt? Können Frauen nicht mit der brutalen Wahrheit von Kunst und den daraus resultierenden Schmerzen umgehen?

    Einen Artikel über die Banalisierung der Kunst damit zu beginnen, dass herablassend darüber berichtet wird, dass man jetzt sogar versucht Kunst blinden Menschen zu erschließen, ist eindeutig nicht nur diskriminierend, sondern zeigt meiner Meinung nach deutlich Ullrichs ausgeprägte Arroganz gegenüber Menschen, die nicht so sind wie er. Mit Arroganz wird bekanntlich Unsicherheit kompensiert. Außerdem beschleicht mich beim Lesen das Gefühl, dass bei Ullrich ein deutlicher Mangel an Empathie vorliegen könnte. Der Konjunktiv deswegen, weil ich Professor Ullrich nicht persönlich kenne.

    Kunstvermittlung an sich kann nicht Banalisieren, denn Kunstvermittlung an sich agiert nicht. Die Banalisierung kann nur durch die angewandten Methoden geschehen. Und gegen die nach Meinung Ullrichs derzeit vorherrschenden Methoden richtet sich der Artikel. Außerdem polemisiert er gegen die Ausweitung der Zielgruppen. Seine Unterstellung, dass es Menschen geben könnte, denen man Kunst nicht nahe bringen könne, fußt meiner Meinung nach auf seinem elitären Anspruch – und zeigt deutlich, dass sich Ullrich selbst als elitär wahrnimmt. Kunst nur für Menschen wie ihn.

    Selbst wenn sich beim Versuch der Kunstvermittlung herausstellt, dass manche Menschen tatsächlich keinen Sinn für Kunst haben, bedeutet dies nicht, dass der Versuch nicht unternommen werden sollte. Außerdem habe ich im Bildungsbürgertum schon so einige Menschen angetroffen, deren Sinn für Kunst sich fast ausschließlich auf den monetären Wert beschränkte – oder auf die namentliche Kenntnis „großer Künstler“ der Kunstgeschichte.

    Die Verknüpfung von Kunstvermittlung mit Religion und Sozialdemokratie ist besonders apart. Seine Aussagen zu diesem Themenkomplex degradieren sowohl die Religion als auch die Sozialdemokratie. Und der Vergleich der Kunstvermittlung mit christlicher Missionstätigkeit ist – mit Verlaub gesagt – nur lächerlich. Ich kann daraus nur schließen, dass Ullrichs neben der Kunstvermittlung auch etwas gegen Religion und Sozialdemokratie hat. Ich befürchte nur, dass die Verknüpfung von elitärem Kunstgenuss mit Atheismus und Christdemokratie die Sache auch nicht besser macht.

    Zitat: „Hätten Staats- und Landesbibliotheken, ursprünglich aus demselben Geist wie Museen entstanden, dieselbe Entwicklung wie diese genommen, müssten sie heute einen Großteil ihrer Anstrengungen darauf verwenden, die Zahl der Ausleihen und Benutzer von Jahr zu Jahr zu erhöhen, und Politiker würden von Bibliotheksdirektoren verlangen, neue Benutzerkreise zu erschließen. Es würde nicht mehr reichen, nur ein bildungsbürgerliches und akademisches Publikum anzusprechen, vielmehr müsste man sich genauso um soziale Randgruppen kümmern und etwa eigene Kursprogramme für Analphabeten einrichten, die endlich auch zu Lesern werden sollen. Immerhin seien die Bibliotheken ja mit Steuergeldern finanziert!“

    Da hat Professor Ullrich auch nicht ausreichend recherchiert. Das gehört doch längst zu den Aufgaben aller Bibliotheken.

    Ich wundere mich, warum der Artikel denn so ernst genommen wird. Man könnte ihn auch ignorieren, totschweigen und mit der Arbeit einfach weitermachen.

  7. Hallo Tanja, hallo alle Diskutierenden und (hoffentlich jetzt auch noch nach ein paar Monaten) Mitlesenden,

    ich bin über ein Gespräch auf http://www.thinglabs.de, das ich dort geführt habe, von Blogmaster Stefan hierauf aufmerksam gemacht worden. Auch ich beschäftige mich als nicht-Professionelle oder besser: nicht-Wissenschaftlerin mit dem Thema „Kunst“ und in den letzten Jahren zunehmend mit der Frage, für wen Kunst denn eigentlich ist. Für mich kam ich irgendwann zum Schluss, dass es nur Sinn hat, wenn das, was dort ausgedrückt wird, für alle Menschen ist statt für eine fachspezialisierte Bildungselite, die dann nur umeinander kreist – die könnten ja dann auch „nur reden“ statt malen, bildhauen, Filme machen etc.

    Ich habe mich dem Artikel über Eure Diskussion genähert und war natürlich sehr auf der Seite von Michael -mikel- Bauer, konnte auch die KunstvermittlerInnen und/oder Befürworter nachvollziehen und fand die Aussage von Anke von Heyl „Aus meiner Sicht ist die Teilhabe ALLER an der Kunst keine verhandelbare Frage. Ich würde sogar so pathetisch werden und sagen: das ist überlebenswichtig für unsere Gesellschaft!“ einfach wunderbar.

    Eine meiner Theorien über die Schwierigkeit von Kunstvermittlung bezieht sich darauf, dass das „System Kunst“, der Kunstbetrieb, sich dabei oft selbst widerspricht.

    Ein paarmal wurden Links gepostet, so fühle ich mich ermutigt, das auch zu tun. Ein Auszug aus meinem längeren Text möchte ich schon einmal bringen für die, die sich diesen nicht antun mögen; er passt allerdings in Gänze zum Thema und Eurem Gespräch:

    [Im Abschluss – bei der Führung genannt „Wie geht es jetzt weiter? Oder: Zwischen Sprachlosigkeit und Geschwätz“ – wird zwar ganz am Ende sehr richtig gesagt: „Also ist hier wohl die Auseinandersetzung, das Fragen selbst – und nicht die Antwort – als unser eigentliches Ziel und als der Sinn von Kunst zu betrachten. Ob etwas tatsächlich Kunst ist oder wodurch es zur Kunst wird ist also eine Frage von relativer Bedeutung. Der eigentliche Motor der Auseinandersetzung besteht vielmehr in dem, was einen selbst an einer Sache und ihren Umständen interessiert.“

    Warum muss dann ein paar Sätze vorher der so „Geführte“ so etwas hören: „Mit dem Sprechen über Kunst verhält es sich wie mit dem Sprechen über alle anderen Belange und Beziehungen im Leben. Man muss nicht über alles sprechen – manche Dinge werden auch „totgeredet“ oder durch floskelhafte Plattitüden zur Belanglosigkeit abgewertet – dadurch wurde noch nie etwas gewonnen. Und manchmal tut es einem Diskurs auch gut […], sich zurück zu halten.“

    Der auf der einen Seite durch die Führung Gestärkte wird gleich wieder geschwächt: ‚Vielleicht ist es ja doch klüger, jetzt zu schweigen’, vielleicht auch innerlich zu schweigen. Ein freier innerer Dialog, geschweige denn ein Austausch mit Mitmenschen, wird anscheinend nur geduldet, wenn das, was das Gegenüber austauschen mag, die Gnade des Hörenden findet – und letztendlich doch nur seinen (des Hörenden) Definitionen genügt.]

    Den kompletten Text gibt es hier: http://www.sabinepint.de/kommentar.htm

    Viele Grüße,
    Sabine

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  17. Liebe MitdiskutantInnen,

    da auf diesem Blog offenbar etliche MünchnerInnen sind, möchte ich kurz hinweisen auf einen Vortrag, den ich am 8. Mai im Kunstraum München halten werde und in dem es – innerhalb eines größeren ideengeschichtlichen und kunstsoziologischen Rahmens – vor allem auch um unser Thema ‚Kunstvermittlung‘ gehen wird.
    Näheres dazu hier:

    https://ideenfreiheit.wordpress.com/termine/

    Ich freue mich auch dann über eine lebhafte und kontroverse Diskussion!

    Herzlich

    Wolfgang Ullrich

  18. Pingback: Von Banalität und Gesetzen - In Arcadia Ego

  19. Pingback: banale Kunstvermittlung | www.osnabrueck-kultur.de

  20. Nur kurz, dann verschwinde ich in der Versenkung der Laien…

    Ich würde mir wünschen „Kunstvermittlung“ wäre einfach nur „Entdeckungshilfe“. Verlockung zu suchen. Selbst weiter zu finden.

    Liebe @kulturtussi…“Wir arbeiten an einer guten didaktischen Reduktion, die genau das aus Kunst und Kultur herausfiltert, was den Laien in die Lage versetzt, etwas zu verstehen“ … Und wenn wir uns einfach ein Bild ansehen wollten? Ungefiltert? So wie wir in Youtube einfach herumstochern? Einfach nur von „KünstlerIn zu BetrachterIn“… So ganz ohne Vermittlung? Darf Laie das nicht? Das klingt alles so theologisch. Ohne Kirche und ihre Angestellten und Theologen kein Zugang zu Gott? Da war doch mal was mit Luther? Ich weiß, ich bin unfair..

    Übrigens, ist Kunst nur das, was in Museen hängt?

    Ach so das Digitale… Was ist mit der Kunst, die rein digital entsteht und auch nur dort zu sehenhören ist? Wer vermittelt im Kunsttempel Youtube & co?

    Aber ich höre ja schon auf…. :))

    • Lieber Michael,
      natürlich darf jeder machen, was er möchte. Sich Kunst ungefiltert ansehen, in der Galerie, auf der Straße. Whatever. Ich freue mich über jeden, der das mit Freuden tut. Und der darf dann auch meinetwegen sagen: geh wech mit deiner Vermittlung … ABER! Es gibt immer weniger Menschen, die ein Instrumentarium zur Verfügung haben, sich Kunst selber zu erschließen. Das ist Fakt. Und da gilt es, Angebote zu machen. Ich dachte, es ist völlig klar, dass ich von Angeboten spreche. Und nicht von einer wie auch immer gearteten Zwangs-Vermittlung. Wie absurd, sich das so vorzustellen. Und mit Theologie hat das überhaupt gar nichts zu tun.

      Ich hab keine Ahnung, woher so eine Abneigung gegen Vermittlung kommt. Du bist nicht der Erste, der mir solche Worte entgegenhält. Ich schätze mal, das kommt daher, dass die Vermittler irgendwie immer in einen Topf mit der ätzenden Schulzeit geworfen werden. Aber das ist natürlich auch wieder ein neues Thema.

      Ich finde übrigens, dass man sich auch Gedanken um dieses von dir angesprochene Bedürfnis der – ich nenne es mal – ungestörten Begegnung mit Kunst machen soll.

      Ich kenne zu viele Streitereien aus dem Museum (sorry, das ist nunmal meine Berufserfahrung, in einer Galerie wird man andere Dinge zu besprechen haben), wo die verschiedenen Interessen aufeinander trafen und es einen Riesenärger gab. Weil die einen sich von den anderen gestört fühlten und die anderen sich nicht willkommen glaubten.

      Du siehst, es gibt so viel zwischen den Zeilen. Deswegen finde ich es gut, wenn man differenziert diskutiert. Und in diesem Sinne hoffe ich, dass ich deine Opposition zur Vermittlung vielleicht ein bisschen aufbrechen konnte.

      Viele Grüße von Anke

      • Liebe Anke,
        ich habe überhaupt nichts gegen Kunstvermittlung, mich störte das „den Laien in die Lage versetzt“. Natürlich ist jeder in der Lage über „Kunst“ zu sprechen, sie für sich auszuwerten. Falls das nur den „Gebildeten, Ausgebildeten“ möglich wäre, dann wäre das doch fatal, oder? Aber es wird uns zu oft eingeredet, ohne Studium, welcher Kunst auch immer, könne man das nicht wirklich.
        Mich stört das nicht nur in der „bildenden Kunst“. Früher zählte zu den schönen Künsten ja viel mehr. Der „Laie“ traut sich nämlich nicht angesichts vieler „Vermittlungen, Besprechungen, Rezis, sonstiges“ über Schauspiel, Oper, Konzert, Literatur zu sprechen, untereinander oder gar mit den „Künstlern“. Ich habe das gerade in letzter Zeit so häufig erlebt. Musiker, die darunter leiden, dass niemand etwas über ihr Konzert sagt, Menschen die genau diesen Musikern nicht sagten, was sie empfanden, weil sie sich nicht trauen. Premierenparties, auf denen die gerade bejubelten Schauspieler in Grüppchen standen und niemand sprach sie an, vom gewöhnlichen Volk wenigstens niemand.

        Die Angst vor der „Hochkultur“. Die Angst vor Professoren (siehe oben), die Angst vor mir als Laien haben, weil ich „ihre“ „Kunst“ banalisiere, alleine dadurch, dass ich anwesend bin. Das führt dann zu Gesprächen, die beginnen: „Ich habe ja keine Ahnung, aber…“

        Ich war schon auf einer Vernissage, bei der mir der Künstler ins Ohr flüsterte: „Jetzt wird mir wieder erklärt, was ich gemalt habe“. Es ist oft auch die Sprache der „Kunstwissenschaftler“, die „Erklärungswut“, die den ganz persönlichen Zugang verhindern.

        Mich stört das „in die Lage versetzt“. Und das meinte ich mit Theologie. Dort wird dem Gläubigen oft auch keinen Zugang zum Glauben gewährt, zu ihrem Gott, ohne die Vermittlung des „Priesters“, was ein großes Thema der Reformation war.

        Ach so ja…
        Ich war jetzt schon bei 3 Tweetups großer Häuser und ich habe es genossen, egal ob #duerer , #erwinwurm oder #degasSkk. Es waren gute, informative, Führungen, jeweils von den Kuratoren selbst und doch.
        Ich würde mir eine solche Veranstaltung wünschen, ohne Führung. Einfach 20 Tweeties, die sich durch eine Vorstellung wühlen, ganz alleine, nur mit sich, den Mittwitterern und den Werken beschäftigt. Erklären kann man, auf Wunsch, dann hinterher.

        Ich würde mir, gerade in Museen, wünschen, dass dort eine lockende Vermittlung vorherrschen würde, keine von oben „erklärende“, wie ich sie, en passant, immer wieder mitbekomme. Einfach das Mut machen: Kommt, kommt auch gerne wieder. Macht euch vertraut, mit den Werken, mit dem Museum, seinen Mitarbeitern, mit euch selbst und dann erst mit „der Kunst“, was immer auch das ist. #lustwandeln durch die Hallen mit Kunstwerken und nicht mit wichtigen Gesichtern um beweihräucherte „Hochkultur“. Den Tweets der Herbergsmütter (doch das wird gelesen! :) ) folgenden, weiß ich, dass wir da nicht weit auseinander liegen, deshalb hat mich auch das „in die Lage versetzen“ so irritiert. Genau wie das Ansinnen Kunst banalisieren zu können. ( Angekommen als die Angst vor dem Pöbel).

        Vielleicht bin ich da ja überempfindlich….Aber meine wirkliche „Kunstinitiation“ erfuhr ich als Bundeswehr-Unfreiwilliger während der Dokumenta V …..auf mich alleine gestellt und da war die Orangerie in Kassel noch ein autonomes Jugendzentrum. Und es wurde auch über Kunst geredet dort, auch…#meinduerer :)

        • Tanja Praske

          Lieber Mikel,

          ich mag es kolossal, wenn du mich besuchst, lerne ich doch von dir, zeigst du mir anderes, womit ich mich auch beschäftigen möchte, Kunst einfach der Kunst wegen und nicht mit meinem Wissensballast behaftet zu sehen – einen Punkt, den ich mit meinen Kindern erlebe und genieße, denn ich trichtere nicht beim Museumsbesuch ihnen mein Wissen ein, sondern begleite. Schaue das, was sie schauen, wundere mich über das, was sie entdecken und über ihre Gefühle dazu.

          Trotz allem keimt eine Idee bei mir auf, die mit Kunstbetrachtung zu tun hat.

          Jetzt dein für mich wesentlicher Punkt durch ein Museum zu pesen mit 20 Twitterern – warum nicht? In welches Museum möchtest du denn gerne gehen? Und kennst du Twitterfreudige, mit denen du dich zusammentun könntest? Du wohnst in der Nähe von Tübingen, oder? Ich könnte mal in einer Museumsfacebookgruppe deinen Wunsch hineinreichen und schauen, ob euch ein Museum dazu einlädt bzw. möglich ist natürlich immer, dass du das Museum ansprichst, ob sie das zulassen, ob sie ggfs. jemanden hätten, der euch bei Bedarf für eventuelle Fragen zur Verfügung steht.

          Ich finde die Idee hervorragend, genau so hast du es ja mit dem #lustwandeln gemacht, wofür ich mich noch sehr herzlich bedanke – klasse!

          Und liebe @Anke – toll finde ich deine Diskussion mit @Michael – raus aus der Filterblase! Dieses AHA-Erlebnis hatte ich auch mit Teilnehmern beim Lustwandeln in Nymphenburg – so macht der Austausch Spaß! Über Reibung kommen wir einen Schritt weiter!

          Gib mir Bescheid!
          Herzlich,
          Tanja

    • Danke, Tanja, aber Tübingen ist doch weiter weg. Ich werde das irgendwann in Mannheim (12 km) , Frankfurt (70 km) oder Karlsruhe (70 km) versuchen. Wenn es sich ergibt! Wirklich einfach so….. :)

  21. Pingback: Was ist Kunstvermittlung? – Kulturtussi

  22. Liebe Tanja und alle anderen,

    ich möchte mich auch kurz in die Diskussion einmischen, auch wenn ich mit Sicherheit auf die Schnelle nicht alles sagen kann, was ich möchte und auch detailliert nicht auf alles eingehen kann ;)

    Zum ersten stört mich die Terminologie. Was sind wir denn nun eigentlich? Sind wir noch Museumspädagogen, wie es früher immer hieß? Sind wir heute Kunst- und Kulturvermittler? Was werden wir denn demnächst sein? Kultur-Entertainer? Wor haben uns selbst irgendwie noch nicht richtig definiert und können deshalb auch kein einheitliches Bild nach außen bringen.

    Ich selbst verstehe mich als Erklärer, als Übersetzer, als Geschichtenerzähler, indem ich den Museumsbesucher, gleich ob groß oder klein, alt oder jung, Einheimischer oder Tourist, Migräne, Hörgeschädigt, zu Fuß oder im Rollstuhl, ganz egal, an die Hand nehme und ihn durchs Museum begleite. Ich hole den Besucher an seinem individuellen Standort ab, ich zeige ihm, was er noch nicht weiß, ich stelle richtig, was er meint zu wissen, ich berichte, ich unterhalte, ich versuche zu begeistern – meist klappt. Und wenn der Besucher nachher das Haus verlässt und ein gutes Gefühl dabei hat, wenn es ihm Spaß gemacht hat, wenn er dabei auch noch etwas gelernt hat, was er noch nicht wusste – DANN habe ich alles richtig gemacht.

    Natpürlich kann ich bei dem einen etwas mehr in die Tiefe gehen, muß bei dem anderen nur an der Oberfläche kratzen, aber das ist doch meine Prifession, daß ich mich auf jeden individuell einstellen kann! Was nützt es mir, wenn die Gruppe Jugendlicher nach dem Besuch gelangweilt das Museum verlässt? Nichts, denn dann hab ich auf ganzer Linie versagt. Manchesmal ist eben auch während einer Aktion, eines Besuches, einer Führung ein Strategiewechsel angesagt und ich habe keine Probleme damit, dann eben in eine ganz andere Richtung zu gehen! Unsere Museen bieten so viel, da ist auch für jeden mit Sicherheit immer etwas Spannendes zu finden.

    Ich sehe nur, was ich weiß und das geht natürlich auch dem Besucher so. Meine Aufgabe ist es, ihn auf diese Kleinigkeiten, diese Details, die man in keinem Buch nachlesen kann, hinzuweisen. In dem Fall bin ich mit meinem Fachwissen der Übersetzer der Kunst oder Kultur, die ich erkläre. Vielleicht sollten wir uns Kunstbegleiter oder Kulturerklärer nennen?

    Wir sollten versuchen, gleichberechtigt für alle Besuchergruppen in unseren Häusern zu arbeiten. Es musst nicht alles für jeden verfügbar und erklärt sein. Nicht alles für jeden, aber für jeden etwas, heißt es bei uns immer – und wenn ich mich danach richte, dann habe ich es bisher immer noch bei jedem geschafft, etwas für ihn neues udn begeisterndes zu finden.

    Im Übrigen kann und muß ich nicht alles an Inhalten in Führungen immer komplett unterbrechen, im Gegenteil. Nur mit einem gewissen Maße der Überforderung kann der Mensch auch lernen! Es darf also gerne etwas ZU viel im Museum sein – wenn der Spaß dabei nicht zu kurz kommt und man auch mal lachen darf beim Besuch, dann passt’s ;)

    Viele Grüße

    Roxane Bicker
    Ägyptisches Museum in München

    • Tanja Praske

      Liebe Roxane,

      danke für dein hier beschriebenes Selbstverständnis als Kulturerklärer/-vermittler/Kunstbegleiter! Spaß darf, nein, Spaß muss im Museum sein, eben so viel, wie gewünscht ist. Das Leben ist nun mal ernst genug und die Menschen stehen heftig unter Strom, warum sie im Museum überfordern. Es gibt genügend Alternativen, die Spaß machen. Richtig, die Menschen sind dort abzuholen, wo sie sich befinden. Gleichzeitig kann ein Museum integrativ wirken, indem es unterschiedliche Werte zusammenbringt und vom Menschen ausgeht, ähnliches schrieb ich im Kommentar zu Herrn Ullrich.

      Der Begriff „Kunst-/Kulturvermittler“ provoziert Unbehagen, Lucie äußert sich dazu ganz ähnlich und wünscht sich eine stärkere Vernetzung der Kulturbegleiter – diesen Begriff mag ich – vielleicht ist das wirklich mal ein Ansatz enger zusammenzuarbeiten, um die Menschen wieder Kultur nahe zu bringen. Der Dialog hört aber nicht außerhalb der Mauern des Museums auf, ganz im Gegenteil. Hier passiert gerade Einschneidenes, darauf verweist auch Herr Ullrich. Was wollen wir damit machen? Wie definiert sich denn nun das Museum? Klar ist, es muss nicht auf allen Hochzeiten tanzen, das schafft es nicht, stattdessen wäre eine Konzentration gefragt und die muss ihren Ausgangspunkt in der authentischen Dialogbereitschaft haben.

      Die Diskussion ist noch ganz am Anfang und ich bin froh, dass er Herr Ullrich sich angestoßen hat. Denn er hat Recht: Wir Museumsmenschen müssen uns überlegen, wie wir auf die Herausforderungen, die durch die neuen, von den medialen Möglichkeiten geprägten Wahrnehmungsstrukturen reagieren.

      Ein herzliches Dankeschön für dein Einschalten bei mir. Ich fand es klasse, dich auf #scmuc15 endlich real kennengelernt zu haben.

      Schönen Abend,
      Tanja Praske

  23. Liebe Tanja, liebe Mitdiskutierende,

    danke, Tanja, zunächst für Deine Stellungnahme zur und Zusammenfassung der ersten Phase dieser Diskussion in Deinem Post vom 12.4. Fand ich sehr kompakt und hilfreich.

    Da das jugendliche Publikum ein klassischer Adressat für Kunstvermittlung ist, habe ich als Kunst-mit-Kindern-Bloggerin von meinem Standpunkt aus über das Thema nachgedacht – und gleichzeitig noch ein paar andere Äußerungen, die es speziell darüber in den letzten Jahren zu lesen gab, aus meinem Hinterkopf gekramt.

    Herausgekommen ist eine ziemlich ausführliche Stellungnahme auf meinem Blog, die ich hier gerne in die Diskussion einbringen möchte, aber schlecht auf eine kommentartaugliche Zeilenzahl zusammenfassen kann. Ich hoffe, es spricht nichts dagegen, dass ich hier einfach den entsprechenden Link zu meinem Beitrag setze: http://kindamtellerrand.de/kunst-mit-kindern-muss-das-sein

    Bin gespannt auf weitere Beiträge zu diesem sehr relevanten Thema!
    Maria

    • Liebe Tanja,

      ich steige erst nun, etwas verspätet in die Diskussion ein, und möchte mich zuerst ganz herzlich bei dir bedanken, für deine Worte, die du bzgl. Social Media und Kunstvermittlung und die Verbindung zwischen den beiden Feldern legst. Vor ca. einem Jahr habe ich mit Christian Henner-Fehr an einem Tisch gesessen und darüber gesprochen, wie wichtig Social Media für die Kunstvermittlung werden wird… Nun stecken wir mitten in der Diskussion!

      Ich wurde besonders in deiner Antwort auf Herrn Ullrichs Kommentar hellhörig, denn genau diese Worte bedeuten Kunstvermittlung für mich:

      „…in meinen Augen kann das Museum ein sehr wichtiger Ort für den Dialog werden, wenn es offen ist, nicht die Richtung des Dialogs in Stein meißelt, sondern aktiv zuhört, reagiert, Appetithappen liefert und so weit begleitet, wie es erwünscht ist.“

      Ich selbst war ein Jahr lang als Kunstvermittlerin tätig, habe versucht meine Gruppen und Dialogpartner dort abzuholen, wo sie stehen und ihnen das Gefühl zu geben bei mir gut aufgehoben zu sein. Sobald sich die Gruppen, egal welches Alters, an die Umgebung im Museum, an die (Sonder-)Ausstellung und an meine Person (Stimme, Auftreten,…) gewöhnt hatten – ca. nach 3-5 Minuten – wuchs die Wissbegierde in den Augen und den Fragen der Menschen. Der allgemeine Konsens, der in der Schule gelehrt wird und der nur sehr schwer wieder abgeschüttelt werden kann, lautet: „Wer Fragen stellt ist blöd!“ Mein Versuch eben diese Scheu und Angst zu nehmen, funktionierte beinahe in jeder Führung.

      In Verbindung mit Social Media gelingt es mit jenen Personen in Kontakt zu bleiben, in Dialog zu treten, die Geschichten weiterspinnen, die wissbegierig Bücher lesen und deren Neugierde geweckt wurde. Jede Führung war in gewisser Weise ein Experiment, ein Versuch mit einer Gruppe von Menschen, die ich nicht kenne und deren Hintergrund ich nicht kenne abzuholen und mit ihnen mehrere Stunden (im besten Fall!) zu verbringen und ihnen entweder neue Geschichten nahe zu bringen oder mit ihnen Inhalte zu bearbeiten, die sie mir manchmal besser schildern konnten, weil sie in der abgebildeten Zeit lebten (z.B. Karikaturmuseum Krems, „Zeichen für den Frieden. Die Friedenstaube in der Karikatur“).

      Kunstvermittlung in Museen bedeutet für mich als Mediator zwischen Bild und Mensch zu agieren, nicht zu vermitteln (ich bin auch Gegnerin des Wortes „Vermittlung“) sondern Dialoge anzuregen. Ich möchte anregen in der Kunstvermittlung aktiver nachzufragen und zuzuhören. KunstvermittlerInnen sind neben Sendern und Empfängern auch Transmitter und Übersetzer.

      Hinzufügen möchte ich, dass ein Netzwerk zwischen Institutionen, Kunstvermittlung und den aktiven KunstvermittlerInnen sowie PädagogInnen international (oder Europaweit) entstehen sollte, das zum Austausch anregt!

      Vielen Dank für die vielen Kommentare und die Beiträge zur Kunstvermittlung! Auch an Herrn Ullrichs, der diese Diskussion angeregt hat!

      mit herzlichen Grüßen aus Krems,
      Lucia Täubler

      • Tanja Praske

        Liebe Lucie,

        vielen Dank dafür, dass du mit einsteigst in die Diskussion, denn Sie ist wichtig, auch wenn wir bisher noch in unserer Blase diskutieren, aber auch das ist wichtig, um Dinge zu benennen, Allianzen zu schmieden, die der Kultur helfen können.

        Ich kann dir mit deinen Führungserfahrungen nachvollziehen. Meine Führungen im Liebieghaus und später in der Residenz München oder im Neuen Schloss Schleißheim begriff ich auch als Anregerin für einen Dialog mit meiner Gruppe. Fragen waren mir sehr willkommen und ich forderte sie heraus und dann entwickelte sich die Führung anders als ich dachte, aber die Leute verabschiedeten sich mit leuchtenden Augen. Mir war immer wichtig, den Menschen zu vermitteln, dass sie sich auf ihrer Intuition verlassen können, auf ihre Wahrnehmung des Werkes. Denn es berührte sie, hier konnte ich herausfinden, was sie daran berührte oder ihnen auch zeigen, dass sie etwas richtiges gespürt haben, da es so gewollt ist. Ich half ihnen dabei zu sehen. Etwas, was vielen – mich einschließlich – manches Mal in der schnelllebigen Zeit abgeht. Tatsächlich fühle ich mich in Blockbuster-Ausstellungen nicht wohl, es sei denn, ich habe einen ruhigen Slot erwischt und konnte mir in Ruhe das Werk anzuschauen, ohne weitergedrängt zu werden.

        Kunstvermittler als Transmitter, aber auch als Anreger sich seiner eigenen Wahrnehmung bewusst zu werden, finde ich wichtig und richtig. Wie schaffen wir es, das Kunst wieder aus sich heraus wirkt. Es gibt andere Rezeptionsweisen der Werke durch eine veränderte Gesellschaft und hier kann ein Werk anders wirken, als es vom Künstler beabsichtigt war. Für mich ist das legitim – das Kunstwerk befindet sich in einem Resonanzraum, der vielfältig sein kann, da es nicht den einen Resonanzraum gibt, weil es ganz verschiedene Dialoggruppen mit ganz unterschiedlichen Interessen gibt. Darauf verwiesen schon Vortragende auf der Tagung „Das Museum von Babel“ in Frankfurt.

        Die große Frage dabei: Wie gehen wir damit um?

        Meine Frage an dich ist aber auch, jetzt bloggst du über Kunst. Erwischt du den Kulturinteressierten, der nicht unbedingt Fachwissen der Kunst mitbringt, sondern einfach nur Interesse? Diskutierst du mit ihm/ihr? Ich wünsche mir jedenfalls, dass sich mein Blog dahin entwickelt. Sehr bald habe ich ja mehr Zeit dafür, da mein Projekt abgeschlossen wird und ich mich dadurch neu orientieren werde. Ideen gibt es!

        Vielen Dank und schönen Abend!

        herzlich,
        Tanja

        • Vielen Dank für die rasche Antwort!

          Zu deiner Frage: „Wie gehen wir mit den vielen verschiedenen Dialoggruppen, mit unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Wahrnehmungen um?“ – eine schwierige, aber gleichzeitig leichte Antwort ist meiner Meinung nach nötig: Empathie.

          Einfühlsam mit den BesucherInnen umzugehen, hat mich vor allem zu Beginn, als ich mich noch nicht so versiert durch die Räume bewegte, sehr geholfen. Und ich denke auch den BesucherInnen. Natürlich heißt das nicht, dass ausschließlich der emphatische Umgang mit seinen Mitmenschen Kunstvermittlung bedeutet, sondern dass der jeweilige Zugang die richtigen Fragestellungen und das Einfühlvermögen der KunstvermittlerInnen erfordert.

          Zu meinem Blog: ich erwische ein sehr breit gestreutes Publikum. Menschen, die sich nicht intensiv mit Kultur auseinander setzen und Menschen, die in ihrer Freizeit nicht einmal gerne ein Museum besuchen. Und trotzdem erwische ich sie und mache sie neugierig. Das ist etwas, das ich durch den Mix auf meinem Blog in unterschiedliche Richtungen schaffe, glaube ich. Denn einmal schreibe ich über Kulinarik, daneben steht aber ein Beitrag über Musik oder eine Ausstellung – und da klickt der eher am Essen interessierte User dann auch. Und ja, Resonanz ist da. Noch nicht so wie ich mir dies wünsche, in Form von Kommentaren, aber als Mails oder persönlich und direkt!

          In welche Richtung wirst du gehen? Was sind deine Ziele mit dem Blog?

          LG Lucia

    • Tanja Praske

      Liebe Maria,

      ich bin sehr froh, dass du das so gemacht hast – dein Beitrag ist sehr wichtig und sollte von allen gelesen werden. In vielen Punkten stimme ich dir zu, auch ich genieße den Gang mit meinen Kindern ins Museum, denn sie zeigen mir anderes und bringen mich zum Sehen. Ein Sehen, dass ich nicht missen möchte, weil es ganz ehrlich ist und aus ihrer Wahrnehmung heraus resultiert. Etwas was uns Erwachsenen manches Mal abgeht.

      Und klar: Kinder gehören ins Museum! Werde dich noch unter den Lesetipps aufführen!

      Herzlich,
      Tanja

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  26. Liebe Frau Praske,

    endlich komme ich dazu, mich bei Ihnen für diesen wirklich interessanten Blog zu bedanken. Ich bin sehr froh über die Diskussion, die mein Artikel ausgelöst hat, habe mich ja auch an anderer Stelle schon in die Debatte eingeklinkt, möchte nun aber auch bei Ihnen gerne noch einen Aspekt des Themas ansprechen, nämlich die zunehmend interessante Rolle der Social Media als Ort der Kunstvermittlung. Damit kann ich vielleicht zugleich ein wenig den Verdacht entkräften, grundsätzlich gegen Kunstvermittlung zu sein.

    Aber der Reihe nach. Und zuerst nochmal eine allgemeine Überlegung. Mir scheint es von Bedeutung, dass man Besucher von Museen und Ausstellungshäusern heute als Zielgruppen begreift. Das heißt nämlich, dass man das Ausgestellte – die Exponate – adressiert. Während das ‚alte‘ Museum seine Sammlungsstücke für einen idealen – abstrakt-allgemeinen – Rezipienten zeigte, dem ein als zeitlos-ewig postulierter Kanon präsentiert wurde, will man heute höchst unterschiedlichen Ansprüchen und Erwartungen entgegenkommen.

    Es ist der logische nächste Schritt, dass diese Adressierung nicht länger an den Museumsmauern endet, sondern über diese hinausgeht. Die Zielgruppen sollen bestenfalls überall erreicht werden, wo sie Aufmerksamkeit übrig haben könnten. Das Ausstellen und Vermitteln von Exponaten lässt sich sogar besonders gut betreiben, wenn man diese in fotografisch-digitalisierter Reproduktion noch abwechslungsreicher, überraschender und experimenteller kombinieren und kommentieren kann als am ‚Point of Exhibition‘ selbst. Damit wird das Internet zum zunehmend wichtigen Ort der Inszenierung von Kunst; die Vermittlungsarbeit der Museen und Ausstellungshäuser findet hier ihre Fortsetzung und Vollendung.

    Was im Moment noch in den Anfängen stecken mag, dürfte innerhalb weniger Jahre die Wahrnehmung der Museen und ihrer Sammlungen markant verändern. Welche Neugier wird etwa freigesetzt werden, wenn man künftig bei einem virtuellen Museumsrundgang einzelne Werke heranzoomen kann, um sie schließlich viel detaillierter zu sehen als vor Ort, wo sie oft hinter Glas sind und man vom Aufsichtspersonal auf Abstand gehalten wird? Welche zusätzlichen Zugänge zur Kunst können sich durch die Verschlagwortung von Werken ergeben, die es jedem Interessenten erlaubt, sich einen individuellen Weg durch eine große Sammlung zu bahnen? Welche neuen Möglichkeiten der Kunstvermittlung werden entstehen, wenn sich Museen mit Computerspielentwicklern zusammentun und Kunstwerke auf diese Weise gerade Jugendlichen näher bringen?

    Ferner sind für Kunstmuseen zunehmend auch die Social Media wichtige Partner, spielen in ihnen Bilder doch eine besonders große Rolle. Zum einen können die Institutionen selbst Abbildungen ihrer Exponate auf die großen Portale der Social Media stellen. So hat z.B. das Frankfurter Städel einen Instagram-Account, auf dem nicht nur einzelne Werke, sondern auch Details der Museumsarchitektur oder Momente möglicher Kunstaneignung fotografisch festgehalten sind. Selbst die letzten Nostalgiker, die sich das Museum mit seinen Beständen noch als einen abgeschotteten, efeubewachsenen Elfenbeinturm vorstellen, müssen anerkennen, dass es zu einem höchst umtriebigen Ort geworden ist, an dem und von dem ausgehend viel und immer wieder anderes passiert. Es steht nicht mehr für Dauer, Ruhe, Zeitlosigkeit, sondern verbindet Kunst mit vielerlei anderem, wodurch sie in die Lebenswelt unterschiedlicher Menschen und Milieus eingebunden wird.

    Zum anderen aber – und das ist vielleicht letztlich sogar noch wichtiger und folgenreicher – findet diese Einbindung dadurch statt, dass auch die Besucher selbst Fotos von Exponaten, Ausstellungsansichten oder im Museum beobachteten Szenen anfertigen und hochladen. Statt nur passiv etwas vermittelt zu bekommen, können sie es sich in eigener Initiative aneignen und dabei ihren individuellen Interessen und Empfindungen anpassen.

    Geht es bei den Social Media generell darum, Bilder oder Bildzeichen als Mittel zur Kommunikation zu nutzen und mit ihnen zu signalisieren, wo man gerade ist, was man erlebt und wie es einem geht, fungieren in diesem Fall die Kunstwerke, die man fotografiert, als Medien für Statusmeldungen. Ihre Aneignung verfolgt nicht mehr das Ziel, ihren künstlerischen Gehalt besser zu begreifen, sondern sie werden jeweils neu codiert, um mit ihnen persönliche Botschaften zu transportieren. Was eine zielgruppenorientierte Museumspolitik sowie die Kunstvermittlung vorgemacht haben, setzt sich also in gesteigerter Weise fort: Die Kunst wird adressiert; sie wird spezifisch aufbereitet, um sich in eine Lebenswelt einzufügen und für diejenigen, die sich darin aufhalten, interessant zu sein.

    Vergleicht man, was hier passiert, mit den Ursprüngen der Idee des Museums, wird ein Paradigmenwechsel sichtbar. So war das Museum lange Zeit der Ort, an dem die Werke rein für sich, losgelöst von allen ökonomischen oder instrumentalisierenden Faktoren wahrgenommen werden sollten. Auf diese Weise sollte es möglich sein, sie als autonome Schöpfungen zu erfahren und damit ihrem spezifischen Charakter gerecht zu werden. Sich ihnen unter Absehung von allem anderen zu widmen, galt als Bedingung dafür, ihre spirituellen oder intellektuellen Gehalte erschließen zu können. Von dem Moment an, in dem Kunstvermittlung begonnen hat, sich Gedanken über Zielgruppen zu machen, hat man die Werke aber auch schon auf diese hin inszeniert und nicht mehr allein aus sich heraus zu verstehen versucht. Mochte Kunstvermittlung zuerst noch vom Anspruch motiviert gewesen sein, die Inhalte der Kunst allgemeiner gegenwärtig zu machen, so führte sie in der Praxis dazu, die Werke bestimmten Zwecken zu unterstellen: Mit ihrer Hilfe sollten Minderheiten integriert, einzelne Zielgruppen sensibilisiert, andere zu eigener Kreativität stimuliert werden. In dem Maße, in dem es gelingen mochte, Kunst auch Menschen näherzubringen, die sich bis dahin kaum dafür interessiert hatten, orientierte man sich also zugleich an deren Bedürfnissen, statt noch einer Idee von Kunstautonomie verpflichtet zu sein.

    Dass nun diejenigen, die selbst längst zu Adressaten der Kunstvermittlung geworden sind, Kunstwerke ihrerseits adressieren und so noch weiter vermitteln, führt nicht nur über die physischen Grenzen des Museums hinaus, sondern bedeutet endgültig den Abschied von den für rund zwei Jahrhunderte vorherrschenden Rezeptionspraktiken. Statt sich in die Betrachtung eines Werks zu versenken, wird es als Anregung begriffen, das eigene soziale Netzwerk zu pflegen, vielleicht auch als Herausforderung, ein besonders witziges, originelles, effektstarkes Foto davon zu machen und so Anerkennung bei denen zu finden, denen man es postet.

    War früher das Fotografieren in Museumsräumen verboten, weil man darin eine Ruhestörung der konzentrierten Besucher befürchtete, ist es mittlerweile zunehmend erwünscht. Denn so vervielfältigt sich nicht nur die Anzahl an Reproduktionen von Exponaten, was diese noch bekannter werden lässt, sondern vor allem ergeben sich auch neue Spielarten ihrer Inszenierung. Selbst wenn manches misslingen mag, über Plattitüden nicht hinauskommt oder nicht gerade zu dem Image passt, das das Museum selbst gerne von sich verbreitet, stellt es für dieses auf jeden Fall einen Gewinn dar, das Publikum aktiv in das Vermittlungsgeschehen einzubeziehen. Immerhin wird nun endlich erkennbar, für welche Werke sich Besucher wirklich interessieren, was sie damit jeweils assoziieren oder zu welchen Anlässen sie Fotos davon machen. Auf manche Varianten der Wiedergabe und Inszenierung, mit denen die User der Social Media experimentieren, würde ein berufsmäßiger Kunstvermittler gewiss nie kommen, der so seinerseits Anregungen für seine Arbeit erhält. Und erst recht lässt sich dank der Fotos der Besucher erkennen, welches Ausstellungsdesign als eye catcher geeignet ist und mit welchen Formen und Materialien der Innenarchitektur besonders imposante Fotos möglich werden. So werden die Museen nach und nach mit Blick auf ihre Fotogenität perfektioniert.

    Man kann das gut oder schlecht finden, und es ist auch noch nicht absehbar, wie es Wahrnehmung und Status von Kunst verändert, dass sie zu einem Sujet unter vielen wird, mit dem in der Welt des Internet kommuniziert und soziales Kapital erzeugt wird. Klar ist nur, dass sich der Umgang mit ihr grundlegend von allem unterscheidet, was in der Moderne üblich und programmatisch war. So wie das Museum von einem hermetischen Ort des Sammelns zu einem offenen Ort des Inszenierens und Vermittelns geworden ist, spielt auch die Kunst darin eine gänzlich andere Rolle. Sie hat den Menschen vielleicht so viel zu sagen wie noch nie. Aber sie ist vielleicht auch so stark vermittelt, dass sie bis zur Unkenntlichkeit im alltäglichen Leben aufgeht.

    Oder was meinen Sie?

    Herzlich

    Wolfgang Ullrich

    • Lieber Herr Ullrich,

      ich bin sehr froh über Ihren Kommentar hier und überhaupt über die Tatsache, dass Sie sich in die Dikussion einklinken.

      Ich komme gerade aus einem Blockseminar, das ich bei den Kunsthistorikern in Düsseldorf abgehalten habe. Ich habe dort eine Übung zur „Kunstvermittlung im digitalen Raum“ angeboten und wir haben heute sehr intensiv diskutiert. Auch über Ihren Artikel in der Zeit.

      Es ist wunderbar, dass Sie hier anregen, im Digitalen neue Möglichkeiten und Vermittlungsformen zu entwickeln. Denn genau das ist der spannende Punkt: die Chancen auszuloten, sich darüber auszutauschen, was gut funktioniert, welche Ziele man verfolgen sollte. Das tritt oft hinter der Frage zurück, ob Social Media gut oder böse ist. Es wäre fantastisch, wenn mit Ihrem Eintreten für diesen neuen Wege auch über Qualitätskriterien gesprochen wird.

      Ich werde diesen Blogkommentar sofort zur Pflichtlektüre erheben!

      Ein Ihrer Sätze möchte ich gerne besonders hervorheben: „So wie das Museum von einem hermetischen Ort des Sammelns zu einem offenen Ort des Inszenierens und Vermittelns geworden ist, spielt auch die Kunst darin eine gänzlich andere Rolle.“

      Wir haben heute im Seminar über die gesellschaftliche Relevanz von Kunst und Kultur diskutiert und mir war es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Gesellschaft niemals auf eine Auseinandersetzung mit Kunst verzichten darf. Deswegen ist es auch weiterhin notwendig, das in die Bildungssysteme mit einzubeziehen. Kunst setzt bei drängenden gesellschaftlichen Themen an. Und das ist auch gut so.

      Es wäre wirklich eine Chance, gemeinsam in dieser Richtung weiterzudiskutieren. Um auch die Rolle der Kunstvermittlung noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen, muss man sicher auch hier über Qualitätskriterien sprechen. Es gibt durchaus innovative Methoden der Kunstvermittlung, die etwas bewirken können.

      Auf Ihren Kommentar zu reagieren, war mir jetzt ein spontanes Bedürfnis, wo ich eben frisch aus der Uni komme. Ich bin mir sicher, es werden sich noch viele anschließen!

      Einstweilen herzliche Grüße aus dem Rheinland von Anke von Heyl

    • Tanja Praske

      Lieber Herr Ullrich,

      erst einmal ein ganz herzliches Dankeschön für diesen gehaltvollen Beitrag, der so viele wichtige Diskussionspunkte enthält, die tatsächlich nach einem Blog-Tennis rufen – das erste Mal, dass ich mir das vorstellen kann, d.h. einer wirft eine These hin, ein anderer antwortet und so wechselt es sich ab.

      Mit Ihrem Beitrag in der Zeit haben Sie eine heiße Diskussion angestoßen, eine Diskussion, die wichtig für die Kunst ist, was bei mir als „Bildungssnobismus“ ankam, veränderte sich schon, nachdem ich Ihre Diskussion bei „Let’s talk about arts“ las.

      Was Sie hier jetzt schreiben, trifft das, was mich bewegt. Die Rolle der Museen ist von den Museen neu zu denken, wenn sie Dialogpartner in und für die Gesellschaft werden wollen und dabei einen sehr wichtigen Beitrag für das Miteinander leisten, aber auch auf gesellschaftspolitische Entwicklungen integrativ wirken wollen – gut, das ist nicht der Anspruch bisher, in meinen Augen kann das Museum ein sehr wichtiger Ort für den Dialog werden, wenn es offen ist, nicht die Richtung des Dialogs in Stein meißelt, sondern aktiv zuhört, reagiert, Appetithappen liefert und so weit begleitet, wie es erwünscht ist.

      Ursprünglich wollte ich jeden Diskusionspunkt, den Sie hier angebracht haben, aufgreifen und „(be-)meinen“. Jetzt komme ich davon ab, da Sie wieder bei mir einen Denkprozess ausgelöst haben, den ich anders verarbeiten möchte.

      Viele Punkte, wie: Zusammenarbeit mit der Computerindustrie, crowd curation, Codifizierung von Werken durch den Rezipienten, die Erweiterung des Museums in den digitalen Raum sind Herausforderungen, denen sich das Museum zu stellen hat, wenn es noch eine Rolle in der Gesellschaft einnehmen möchte und nicht als elitärer Bildungsort mit Deutungshoheit begriffen werden möchte. Gerade letzteres, der scheinbare Verlust a) der „Deutungshoheit“ und b) der „Aura des Originals“, die das Internet, die sozialen Medien, befördern, ist der Grund dafür, warum nicht wenige Museen, sich den neuen Chancen durch die „neuen“ Medien, die eigentlich nicht mehr so neu sind, verschließen.

      Christian Henner-Fehr hat in Reaktion auf ihren Kommentar bei mir auf Facebook geantwortet: Ihre „Gedanken über die Rolle von Social Media als Ort der Kunstvermittlung sollte sich jedes Museum ausdrucken und an alle Mitarbeiter verteilen“. Wir hatten gerade das stARTcamp in München am 25.4.15, genau die Punkte, die Sie ansprechen wurden diskutiert, auch die „Blase von Twitter“ als andere Form der Kunstvermittlung, die Banalisiert wird, kam zu Sprache. Peter Soemers stellte uns die Entwicklung der dänischen Museen vor, die sich klar zum Dialog mit den Nutzern/Besuchern bekennen, ihre Autonomie hinsichtlich der „Deutungshoheit“ abgeben, Remixes von Kunstwerken an einer Mauer fördern, was vom Publikum bewertet wird.

      Ich denke, wir sind erst am Anfang, die Chancen der digitalen Kunstvermittlung zu begreifen. Und ja, vielleicht ist der Begriff der „Vermittlung“ zu eng gefasst, vor allem dann, wenn vom Museum vorgegeben wird, was zu vermitteln ist und nicht aktiv zugehört wird, was die Gedanken der jeweiligen „Dialoggruppe“ ist, für die das Kunstwerk in bestimmten Vermittlungskonzepten adressiert ist. Fehlt die Offenheit, andere Deutungen, oder Ideen zu zulassen bzw. das ein Werk plötzlich vom Beschauer in anderen Kontexten gesetzt wird, entwickelt sich die Kunstvermittlung wieder sehr eingleisig. Und genau diesen Punkt sprechen Sie im letzten Absatz an und genau hier muss man nachhaken, reflektieren. Ich komme auf Ihre Punkte zurück, wollte Ihnen aber schon einmal eine kleine Rückmeldung geben.

      Herzlich,
      Tanja Praske

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  31. Alexandra

    Liebe Tanja !
    Sehr gut, dass du dich dieser Diskussion annimmst, ich muss darüber noch etwas nachdenken, da im dem Artikel einige Aspekte sind, die noch diskutiert werden sollten.

    Worauf ich aber noch hinweisen möchte, ist der gelungene Blogbeitrag von Anke Gröner – http://www.ankegroener.de/?p=21896

    Liebe Grüße
    Alexandra

    • Tanja Praske

      Liebe Alexandra,

      bin schon auf deine Gedanken zum Thema #Banalisierung sehr gespannt! Und ein herzliches Dankeschön für den Linktipp auf Anke. Der Artikel ist mir glatt untergegangen, werde ich oben im Nachtrag aufführen, da er sehr treffend ist. Ich hatte überlegt ihren vorherigen Post einzubinden (Was die Kunstgeschichte von Software lernt http://www.ankegroener.de/?p=21882 ), der auch hierher passen würde, unterließ es dann doch.

      Liebe Grüße
      Tanja

  32. Thomas Roessler

    Banalisierung der Kunst? Banal erscheinen mir nicht die vielfältigen Versuche der personalen Kunstvermittlung in Museen und Galerien. Banal erscheinen mir die Großausstellungen mit ihren großen Werbeetats, die ihre Besucher gelegentlich nur noch als statistischen Größe wahrnehmen. Natürlich kann ich verstehen, dass große Ausstellungshäuser gelegentlich einen „Blockbuster“ brauchen, um vor Politik und Öffentlichkeit ihre Etats zu rechtfertigen. Leider beobachte ich, dass immer häufiger die bloße Besucherzahl (oder vielleicht noch der Versicherungswert der ausgestellten Werke) als Qualitätsmaßstab für Ausstellungen herangezogen wird. Wer Kunst und Künstler ernst nimmt, dem muss es aber nicht um die Anzahl ihrer Betrachter gehen, sondern darum, wie die Kunst auf ihre Betrachter wirkt. Was sie in Ihnen auslöst. Welche Eindrücke und Ideen die Besucher mitnehmen. Manchen Menschen hilft ein kleiner Denkanstoß, ihren eigenen Dialog mit einem Werk führen zu können. Diesen Denkanstoß kann Kunstvermittlung leisten. Mir gefällt bloß der Begriff der „Vermittlung” nicht, er ist mir zu hierarchisch.

    • Tanja Praske

      Lieber Thomas Roessler,

      Punkt um Punkt für Sie! Ich bin sofort bei Ihnen mit „wie die Kunst auf ihre Betrachter wirkt. Was sie in Ihnen auslöst“. Ja, Museen werden zunehmend an Zahlen gemessen. Sie geraten unter Legitimationsdruck, wenn sie diese nicht erreichen. Kürzungen, Streichungen und „Stilllegungen“ stehen an. Wenn ich mir dann aber kleinere Häuser anschaue, die mit Leidenschaft „vermitteln“, dann ist einiges möglich. Grabenkämpfe mit Politik und co sind zu kämpfen, wenn die Offenheit eines Museums gelebt wird, dann gibt es Möglichkeiten, den Weg zu mehr Dialog einzuschlagen.

      Tja, „Vermittlung“ hört sich tatsächlich nach einer Push-Aktion an: Hier sagt einer etwas, dort hört jemand (andächtig) zu. Kunstvermittlung ist vielschichtig, wenn sie vom Adressaten ausgeht: dynamisch, berührend, mitdenkend, Anreize schaffend und wie Sie zurecht hervorheben: Denkanstöße vermitteln.

      Vielen Dank für Ihre Gedanken. Mir gefällt übrigens sehr Ihre Website und die Performances, die Sie mit Ihrer Kollegin eingehen: Tanz im historischen Raum finde ich sehr inspirierend und verlockend, zu gerne möchte ich das erleben.

      Schönen Abend!
      Tanja Praske

  33. Hallo Tanja,

    für mich ist Partizipation ebenfalls keine Frage. Sie muss sein. Alles andere ist nicht mehr zeitgemäß: Schließlich leben wir in einer Demokratie und sind dabei, in den Schulen Inklusion umzusetzen. Will heißen, dass es auf die Bedürfnisse des Einzelnen ankommt. Das sind wir inzwischen gewohnt und wollen es auch in den Museen.

    Für viele Verantwortliche in den Museen stellen die sozialen Medien wohlmöglich einen „zu demokratischen“ Ansatz dar, der angsteinflößend wirkt: „Die Nutzer/Besucher könnten ja jetzt alle was wollen“. Ja um Himmels Willen, wo kommen wir denn da hin? Kommunikation, Interaktion und Iteration statt „Ich mache und ihr guckt euch das an“. Jetzt hat das Publikum plötzlich Fragen und vor allem ein Medium, mit dem es diese stellen kann. Jetzt kann es Gedanken und eigene Ideen beitragen. Huch?

    Da ist Offenheit von Seiten der Museen nötig. Viel Offenheit. Einige hoffnungsvolle Ansätze gibt es, den Rest erledigt die Zeit. Evolution, so ist das.

    Herzliche Grüße
    Sabine

    • Tanja Praske

      Hi Sabine,

      hach wäre das schön, wenn sie tatsächlich in der Schule auf die Bedürfnisse des Einzelnen eingingen. Meiner Erfahrung nach mit Regelschulen ist das ein unerfüllter und nicht postulierter Anspruch, aber das ist ein anderes Thema.

      Dein zweiter Absatz kommt mir sehr bekannt vor, wird von meinen „14 Gründen gegen Social Media“ widergespiegelt.

      Und glücklicherweise gibt es offene Museen, die trotz aller bürokratischen Schwierigkeiten ihren Weg hin zum Besucher, zum Dialog gehen und genau diese gehören gestützt. Die anderen lasse ich vorerst außer Acht. Die Zeit wird einiges zeigen. Die Diskussionen zur Partizipation flammen immer wieder im musealen Kontext auf und es gibt immer mehr, die mitmachen. Setzen wir ihre Zahl ins Verhältnis zu den über 6000 deutschen Museen ist das Ergebnis eher ernüchternd. Trotzdem: nicht abschrecken lassen, experimentieren und dabei die Ziele im Auge behalten.

      Danke für deine Rückmeldung! Schick doch deinen Artikel an die Museumsleitung, vielleicht passiert ja etwas.

      Schönen Abend,
      Tanja

  34. Pingback: Guckst du! – Kulturtussi

    • Tanja Praske

      Lieber Michael,

      habe dich im Nachtrag aufgenommen – ein herrlicher Artikel!!!

      LG,
      Tanja

  35. Benjamin Heinz

    Mir kommt diese Diskussion bekannt vor. In der Geschichtsdidaktik wird ebenfalls über die Art und Weise einer ad­äquaten (Geschichts-)Vermittlung gestritten.

    Auf der einen Seite, wird versucht, subjektzentriert den Lernenden da abzuholen wo er steht, in seiner jeweiligen Lebenswelt und mit Bezügen zu seiner Gegenwart.

    Andererseits wird noch immer, ein (scheinbar) objektives Geschichtsverständnis (kanonisches und konventionelles Faktenwissen mit vielen Jahreszahlen, die Geschichten der großen Männer in der Geschichte) propagiert. Ein meines Erachtens, altmodisches Konzept.

    Die Entscheidung, über die Art und Weise der Kunst- und Geschichtsvermittlung ist grundlegend. Ich hoffe die Kunstvermittlung, wird diesen Vorwürfen trotzen und weiter versuchen ihre Besucher da abzuholen, wo sie eben stehen, verständlich und auf Augenhöhe.

    • Tanja Praske

      Lieber Benjamin,

      das dachte ich mir schon, dass ihr in der Geschichtsdidaktik ähnliche Grabenkämpfe durchzustehen habt wie wir Museumsmenschen. Spannende Ansätze und Produkte gibt es bei euch. Über einen Bericht, gerne in Form eines Gastbeitrags bei mir, freue ich mich sehr – haben da ja schon spannende Pläne, gell? *freu*

      Ansonsten heißt es: Einfach machen. Ich werde vermehrt auf vorbildliche Beispiele schauen und sie hier vorstellen. Schließlich machen die das nicht umsonst so – ich erinnere gerne an das @joanneum @BurgPosterstein, @staedelmuseum, @marthamuseum und doch viele andere!

      Merci!
      Tanja

  36. Ja, den Artikel hab ich auch gelesen. Ich gehe ganz gerne in Ausstellungen. Gelegentlich. Freue mich, wenn ich etwas sehe, was mir gefällt, wozu es eine gelungene Inszenierung und Erklärung gibt – und ärgere mich über die verlorene Zeit, wenn ich an Vitrinen mit kaputten Töpfen darin vorbeigehen kann, an denen nur ein winziges Zettelchen darauf hinweist, aus welcher Zeit sie stammen.

    Kurz zuvor war ich in Bamberg, in einer Ausstellung. Darüber habe ich geschrieben, einfach so, ohne tiefes analytisches und hermeneutisches Graben: http://www.jaellekatz.de/allgemein/kann-das-weg-oder-ist-das-kunst

    viele Grüße
    Jaelle Katz

    • Tanja Praske

      Liebe Jaelle,

      habe gerade bei dir kommentiert! Merci für deinen Besuch hier, somit kenne ich nun dein Blog #Ilike!!!

      Tja, dein Artikel ist wohl eher Zündstoff gegen Wolfgang Ullrichs Auffassung. Kann dir nachempfinden. Wie bist du denn auf die Ausstellung aufmerksam geworden? Bieten die überhaupt Führungen an? Die Objekttexte scheinen ja nicht wirklich weiterzuhelfen.

      Ein herzliches Dankeschön für dein Feedback bei mir!

      Frühlingshafte Grüße
      Tanja

      • Liebe Tanja,

        ich male ab und an selbst, käme allerdings nicht auf die Idee, dass ich das ausstellen müsste. Nein, einfach nur so und einfach, weil es Spaß macht. Deswegen achte ich gerne auf das, was irgendwo ausgestellt wird – und gehe hin, wenn es passt.
        Allerdings bin ich auch für eine Lokalzeitung unterwegs und muss gelegentlich eine Ausstellungseröffnung besuchen. Am liebsten treffe ich mich dafür ja vorher mit dem entsprechenden Künstler, so auf ein Schwätzchen. Immerhin soll hinterher auch jemand etwas vom Artikel haben, der sich sonst nicht so sehr für Kunst interessiert.

        sonnige Grüße
        Jaelle Katz

        • Tanja Praske

          Liebe Jaelle,

          merci für deine Antwort – sehr treffend finde ich: „Immerhin soll hinterher auch jemand etwas vom Artikel habern, der sich sonst nicht so sehr für Kunst interessiert“.

          Tja, und genau diese möchte ich hier im Blog auch erreichen, was sicherlich nicht mit Artikeln wie diesen hier erreicht wird. Mir schwebt da eine ganz andere Kategorie vor, für die ich noch keine Zeit gefunden habe.

          Herzlich,
          Tanja

  37. Liebe Tanja,

    super hast du die Diskussionen aufgegriffen, damit jongliert und weiter zum Nachdenken angeregt – oder zum in den Ring steigen :-)
    Der Artikel von Herrn Ullrich hat ja schon einige angestachelt zu Reaktionen in die eine oder andere Richtung. Und ich hab ihn auch schon so verstanden, dass er ein bisschen ins Wespennest pieksen wollte. Klasse, dass er sich drüben bei letstalkarts in die Diskussion einklinkt. Kennt man von Professoren ja sonst auch nicht so, dass sie auf Blogs kommentieren.
    Ich hab in den Anfängen meines Blogs mal Ullrichs Buch „Tiefer hängen“ rezensiert. Und war da ganz begeistert von ihm, der sich ja als unbedingter Anwalt der Kunst sieht. Meiner Meinung nach folgt er aber dem romantischen Künstlerideal als Genie, das keine weitere Erläuterung bedarf. Und nur aus sich selbst heraus legitimiert werden kann. Nö, denke ich, da sind wir einfach jetzt in einem anderen Zeitalter. Ein Künstler muss auch zulassen, dass der Betrachter seiner Kunst selbstbewusst über seine Eindrücke sprechen kann. Und ich finde durchaus, dass man in einfacher Sprache über Michelangelo sprechen kann und auch darf.

    Aus meiner Sicht ist die Teilhabe ALLER an der Kunst keine verhandelbare Frage. Ich würde sogar so pathetisch werden und sagen: das ist überlebenswichtig für unsere Gesellschaft!

    Ganz lieben Dank für die Erwähnung meiner Blogposts zum Museumselfie und der Digitalen Sammlung des Städel. Beides gehört in diese Diskussion gezupft. Die Diskussion zur Öffnung der Kulturbetriebe ist eine wichtige. Und dass immer weiter mit verschiedenen Formaten daran gearbeitet wird, ist großartig.

    Veranstaltungen wie euer #Lustwandeln zeigen Möglichkeiten auf, wie man dichte inhaltliche Relevanz mit einer gewissen Leichtigkeit der Partizipation verbinden kann. Darum geht es uns doch. Wir arbeiten an einer guten didaktischen Reduktion, die genau das aus Kunst und Kultur herausfiltert, was den Laien in die Lage versetzt, etwas zu verstehen. Dass das in einer ersten punktuellen Begegnung nicht der gesamte Wissenskosmos sein muss, den man nach jahrelangem Studium erworben hat, ist doch wohl klar.

    Ach ja, es gäbe so viel Gutes voranzutreiben. Schade nur, wenn man immer wieder zurückgerissen wird in Grundsatzdiskussionen. Warum muss man sich darüber streiten, ob Partizipation aller gut ist. Lieber würde ich besprechen, wie gute partizipative Konzepte aussehen. Und wie wir in diesem Zusammenhang das Web 2.0 nutzen können. Hier gibt es noch viel zu besprechen. Und ich würde mir sehr wünschen, dass wir da aus unserer Filterblase mal herauskommen. Vielleicht sogar die Entscheider in den Museen erreichen *träum*.

    Dir liebe Tanja, ganz herzlichen Dank für diesen wichtigen Blogbeitrag. Und ich hab auch schon ein bissl was fürs Lustwandeln in petto. Werde also virtuell dabei sein :-)

    Herzlichst
    Anke

    • Tanja Praske

      Liebe Anke,

      ach ja, Grundsatzdiskussionen sind ermüdend – das stimmt und tatsächlich führt es weiter über konkrete Maßnahmen der Kunstvermittlung zu sprechen. Für mich nimmt da das Historische Museum Basel eine Vorbildfunktion ein. Sie bieten unterschiedliche Formate für unterschiedliche Dialoggruppen an und ich bin mir total sicher, dass @DanieleTurini sehr gerne mal mit @mikelbower durch das Museum pesen würde und einfach mit ihm mitzwitschert, und dazu vielleicht noch ein paar andere Pesungswillige aktiviert.

      Ja, den elitären Kunstbegriff lese ich bei Wolfgang Ullrichs Provokation ebenfalls heraus. In der Diskussion auf @talkaboutarts schimmert zudem durch, dass schablonenhafte Kulturvermittlung nicht funktioniert. Hier mag er Recht haben. Ich sehe es aber ähnlich wie du, dass das Museum eine herausgehobene Bedeutung für die Gesellschaft hat, die Oberflächigkeit, den schulischen Zwang des Wissenshineinprügels aufzuhebeln und integrativ zu wirken, auch entgegen des Mainstreams, der Schnelllebigkeit und des Konsumsverhaltens zu handeln. Vielleicht gar Werte neu zu diskutieren. Das setzt aber Dialogbereitschaft und Offenheit des Museums voraus. Manche Häuser besitzen das, viele nicht.

      Man, warum nicht einfach sich auf Kunst einlassen – schnurz, ob man etwas darüber weiß oder nicht. Und wir Kulturmenschen müssen nicht nur reduzieren, sondern aktiv zuhören und reagieren.

      Freu mich riesig auf deine virtuelle Partizipation zum #Lustwandeln. Fiebere dem Event richtig entgegen, bitte Petrus, sei uns wohl gesonnen!

      Ach, kannst du bitte mal deine Rezension der Schrift Ullrichs hier hinterlassen? Danke!

      Sonnige Grüße
      Tanja

      • Liebe Tanja,

        guter Hinweis auf das Historische Museum und Daniele Turini. Das verfolge ich natürlich auch. Und finde es super, dass die die Museum Hack Leute geholt haben. Mit denen hatte ich auch schon Kontakt. Die sind super. Nicht, weil die so bahnbrechend neue Ideen haben – in vielem sehe ich den Budenzauber der Herbergsmütter oder die Methoden meiner geschätzen Kollegin Karin Rottmann vergleichbar. Nein, ich finde es ganz toll, was die jungen Leute (muss man schon so sagen) da aus unternehmerischer Sicht draus machen. Managerseminare, Teambuilding – ich seh da ne Menge Potenzial! Nun denn … aber was ich eigentlich wollte: hier meine Rezension aus dem Jahre 2006
        http://www.kulturtussi.de/tiefer-haengen-eine-rezension/

        Liebe Grüße
        Anke

        P.S. Ich drücke euch die Daumen für Samstag

        • Tanja Praske

          Liebe Anke,

          ja, Daniele ist eine coole, realistische, experimentierfreudige Socke, der ein prima Team mit einer sehr aufgeschlossenen Museumsleitung um sich gescharrt hat. Auf Basel sollten wir, wenn es um neue, gelebte und erfolgreiche Vermittlungsformate geht, genau hinschauen!

          Danke für deinen Linktipp – werde ich mir noch anschauen! Danke dir auch für die umgehende Verlinkung zu mir in „Guckst du!“ – klasser Titel, werde ihn noch ganz genau lesen und kommentieren. Wird jedoch noch dauern!

          Herzlich,
          Tanja

  38. Christian Spließ

    Schade, erst im September widmet sich die Kunstvermittlung im Lehmbruck in Duisburg der Frage, was Leute eigentlich aus dem Museum mitnehmen.
    Siehe http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/gefuehl-trifft-verstand-im-ausstellungsjahr-2015-id10289058.html – „Sieben Monate bleibt die Ausstellung „Blackbox“ (3. September bis 28. März), die die Kunstvermittlung entwickelt hat. Dabei geht es um unterschiedliche Deutungen und Kunst-Präsentationen. „Was nehmen Besucher mit?“, nennt Claudia Thümler eine der Fragen.“
    Andererseits ist natürlich auch die Vermittlung von Kunst über Social Media Kanäle für gewisse Institutionen total banal und man bleibt da lieber weg.
    Ad Astra

    • Tanja Praske

      Lieber Christian,

      ja, mensch, die Ausstellung „Blackbox“ fasziniert mich – Was nehmen wohl die Besucher mit? Wie offen wird darüber kommuniziert? Auf Ergebnisse bin ich sehr gespannt. Wirst du darüber berichten?

      Auch der Anspruch des Lehmbruck Museums, ein Museum der Emotionen zu sein, gefällt mir. Lösen sie es denn auch wirklich ein. Gut. Die Ausgangslage bei den Teilschließungen ist suboptimal.

      Tja, dass Social Media als Chance nicht überall erkannt ist, ist kein Geheimnis. Eine Verschränkung von analog und digitaler Kunstvermittlung ist prima – aber jedem sein Gusto oder eben so, wie Sabine Scherz es weiter oben beschrieb: „Den Rest erledigt die Zeit – Evolution eben!“

      Danke dir!
      Herzlich,
      Tanja

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