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Schreibtipps für Blogger – Drei Strategien für eine lebendigere Sprache | #bloggen

Schreiben ist eine Übungssache, der Stil lässt sich verbessern. Wie das gehen kann, zeigt Julian Stalter – Journalist und Kunstgeschichtsstudent – im heutigen Gastbeitrag. Er stellt dir drei Schreibtipps für eine lebendigere Sprache vor. Inspiration nicht nur für Blogger. Im Sommersemester 2017 hielt er in meiner Lehrübung von #digKV einen Schreibworkshop ab. Auszüge daraus liest du jetzt.

Schreiben ist keine Hexerei, sondern Übungssache. Julian Stalter zeigt mit seinen drei Schreibtipps für Blogger, was wir tun können, um unseren Stil zu verbessern.


Schreibtipps für Blogger – Schreiben ist Übungssache

Eine Tasse dampfender Kaffee, Papier, Stift und eine revolutionäre Idee. Das genügt um einen polarisierenden Roman, das nächste Hollywood- Drehbuch oder einen vielgeteilten Blogpost zu schreiben – meinen viele zumindest. Denn auch wenn diese romantische Vorstellung vom Schriftsteller oder Journalisten durchaus seinen Reiz hat, lässt sie das Handwerk des Schreibens völlig außer Acht. So wie ein Maler jahrelang mit Bleistift und Zeichenkohle Aktstudien zu Papier bringt bevor er sein erstes Ölgemälde fertig stellt und ein Bildhauer sich die Hände wund meißelt, bevor dem toten Stein zum ersten Mal etwas Lebendiges entsteigt, so ist auch das Schreiben keine Naturbegabung, sondern Übungssache.

Die gute Nachricht dabei: oft verbessern sich die typischen Probleme für angehende Autoren wie Schreibblockaden oder Unzufriedenheit mit dem Text mit einiger Übung und diversen Schreibstrategien sehr schnell. In diesem Blog Post möchte ich drei Tipps vorstellen, wie man seinen Schreibstil verbessert und lebendige, bildhafte Texte schreibt.

1. Starke, aktive Verben

Nichts entzieht einem Text mehr Kraft und Dynamik als zu viele Substantive gepaart mit schwachen Verben. Die Tun-Wörter, wie sie in der Grundschule heißen, sollten einen Vorgang kraftvoll beschreiben, möglichst passend und wenig abgegriffen sein.

Dazu ein Beispiel:
Arthur ging durch den Park.
Arthur lief durch den Park

Beide Sätze sind nicht falsch, aber vom Hocker hauen sie auch keinen. Weder charakterisieren sie Arthur oder die Szene genauer, noch lassen sie ein spannendes Bild im Kopf des Lesers entstehen. Gehen und Laufen sind Allerweltswörter, die der Leser filtert und nicht mehr bewusst wahrnimmt. Wie aber sieht es bei diesen Vorschlägen aus:

Arthur stolzierte durch den Park.
Arthur marschierte durch den Park.
Arthur flanierte durch den Park.

Im Gegensatz zu dem ersten Beispiel, sind die Verben stark, individuell und charakterisieren dazu gleich die Persönlichkeit von Arthur.

Weitere Verben die farblos bleiben und nur im äußersten Notfall verwendet werden sollten: sein, machen, lassen, tun, können… Und Passiv sollte sowieso nur verwendet werden, wenn es gar nicht anders geht. Meist helfen eine Umstellung der Syntax und der Satz kann wieder atmen.

Nicht: Die Verben werden vom Passiv unterdrückt.
Sondern: Das Passiv unterdrückt die Verben!

2. Konkrete, spezifische Sprache

Ähnlich wie starke Verben, formt konkrete und genaue Sprache auch in den restlichen Satzteilen einen Rahmen, in dem beim Leser Bilder entstehen. Bleiben Ausdrücke zu vage oder verlieren sich in Gemeinplätzen, so sind auch die beschriebenen Szenen austauschbar und uninspiriert. Zur besseren Veranschaulichung auch hier wieder ein Beispiel:

Ich stehe vor einer Wiese.

Ein Satz, so grau und langweilig wie eine Allwetter-Jacke an einem Novembermorgen. Wie viel schöner liest sich doch die Szene mit genaueren Beschreibungen und Details:

Über den Hügel vor mir zog sich ein grünes Band, Kleeblüten und Gänseblümchen leuchteten weiß und am Horizont ragten Zypressen stramm wie Soldaten in die Luft.

Ok, vielleicht streifen wir hier die Grenze zum Kitsch, aber die Wirkung überzeugt trotzdem. Das Verwenden von Details hat noch einen weiteren Vorteil: kommt man als Autor einfach nicht in den Text, sollte man nicht zum dritten Mal die Wohnung entstauben, sondern versuchen über eben diese Einzelheiten den Einstieg zu finden. Welche Sorte Kaffee verkaufte das Straßencafé? Fairtrade oder amerikanische Plörre? Saßen Latte-Macchiato Mütter am Tisch nebenan oder 14-Jährige mit Kicherattacken? Und die Wandgestaltung? War das Wisch-Technik à la Toskana oder Rohbeton mit Schiefertafel? Allein diese Gedanken setzen Assoziationsketten in Gang, die ein abwechslungsreiches und bildhaftes Schreiben ausmachen.

3. Keine Floskeln

Auch wenn Ihre Schreibkünste noch nicht spruchreif sind, sollten Sie eine Sache meiden wie der Teufel das Weihwasser: Phrasendrescherei.

Wie im vorherigen Satz gezeigt, sind sie selten aufregend und bleiben im Allgemeinen. Einen schlechten Stil erkennt man an der Häufigkeit der verwendeten Plattitüden, Sprachklischees und Floskeln. Sie schleichen sich unbemerkt ein und verleihen dem Text als „false friends“ zunächst auch Lesbarkeit und Sprachfluss. Aber „strahlender Sonnenschein“, „herzhafte Leckerbissen“ und „Ende gut – alles gut“ klingt dann doch eher nach verstaubter Lokaljournaille als lesenswerten Neuigkeiten.

Interessant wird der Umgang mit diesen sprachlichen Jägerzäunen dann, wenn man sie in einem thematisch passenden Kontext verwendet oder sie bewusst in ihrer Bedeutung bricht. Bezeichne ich einen Schönheitschirurgen als Gipfelstürmer oder kombiniere ich gar Phrasen, zum Beispiel Siebenmeilenstiefel, die noch in den Kinderschuhen stecken dann wecke ich das Interesse der Leser. Diese Technik eignet sich auch sehr gut für auffallende Überschriften.

Natürlich gibt es noch viele weitere Tipps und Autoren haben damit ganze Bücher gefüllt. Ganz besonders empfehle ich Stephen Kings „On Writing“ sowie das Buch „Deutsch für Profis“ des bekanntesten deutschen Stillehrers Wolf Schneider.

Autor: Julian Stalter

Julian Stalter

Julian Stalter studiert Kunstgeschichte und arbeitete als Journalist u.a. beim Münchner Merkur und bei der WELT Kompakt München. Er ist Absolvent der Münchner Akademie des Schreibens und Mentee des Mentoringprojektes des Presseclubs München gewesen. Auf Twitter ist er als @ju_lian unterwegs und auf www. Scharlach-rote-tauben.de sammelt er seit ein paar Monaten Texte, die er für sich und andere Blogs geschrieben hat.

Texte von Julian für #digKV:
  1. Monet, Manet und die sozialen Medien“ (Juli 2017)
  2. Tweetup #BronzeBreak in der Residenz München – eine Nachlese“ (Juli 2016)
  3. Digitale Strategien für private Akteure des Kunstmarktes“ (Juni 2016)

Lieber Julian, vielen herzlichen Dank für diesen wunderbaren Gastbeitrag. Die Schreibtipps sind nicht nur für Blogger wertvoll. Du setzt damit eine Reihe bei mir fort, die mit „Texte schreiben für Museen“ begann. Passend dazu auch „7 Tipps für den erfolgreichen Blogartikel„. Schreiben ist keine Hexerei, sondern erlernbar – danke dafür!

 
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