Kreatives Banalisieren. Anmerkungen zu einer aktuellen Wahrnehmungsform

Banalisieren – nun auch kreativ – was bedeutet das? Tatsächlich geht die aktuelle Banalisierungs-Diskussion durch Vermittlungsangebote in die nächste Runde. In seinem Gastbeitrag „Kreatives Banalisieren“ nähert sich Dr. Michael Kröger – Kurator am Marta Herford Museum – dem Thema aus theoretischer Perspektive an. Was bewirken die Möglichkeiten des Internets auf den Ausdruck von Banalität bzw. Banalisierung von Kunst? Ist der Diskurs des Banalen immer negativ bewertet? Was hat der „Zeitgeist mit den Neu- und Umbewerten von historischen (Bild-)Oberflächen“ zu tun? Und wie ist das Verhältnis von Erwartungsfunktionen und Spekulationsleistungen? Viel Denk- und Diskussionsstoff – Lesen!

Auf VanGoYourself wird der Kunstliebhaber aufgefordert, beruehmte Kunstwerke mit den Freunden nachzustellen. Es erfolgt eine Gegenueberstellung von Original und nachgestelltem Gemälde.

Aussagekräftig und sehr treffend zum „Kreativen Banalisieren“ ist die spielerische Aufforderung „Recreate artworks with your friends“ auf der Website VanGoYourself: . [Foto: Screenshot von VanGoYourself vom 1.2.16]


Banalisieren – jetzt kreativ: Was bedeutet das?

Ein Selfie vor einem Meisterwerk im Museum, die Mona Lisa mit einem Tschador, ein T-Shirt mit Joseph Beuys´ Ausspruch „Jeder Mensch ist ein Künstler“, die Annäherung von Kunstlaien an ein komplexes Meisterwerk – immer mehr erscheinen heute Ausstellungskontexte zunehmend als willkommene Anlässe ihrer eigenen Banalisierung instrumentalisiert zu werden (Beispiel: #VanGoYourself). Das Internet ist ein Medium, dass die Banalisierung und Trivialisierung nicht nur von Werken der Hochkunst vermittelt (1), sondern in einem kaum absehbaren Maße, die soziale Akzeptanz dessen, was heute als Ausdruck von Banalität gilt, auf- und umwerten wird.

Wir scheinen zu wissen, was wir meinen, wenn wir von Banalität sprechen – und staunen doch, was alles in Kunst und Leben irgendwann banal werden kann – oder in gesteigerter Form banalisiert wird. Das Interesse am intelligenten und selbstwidersprüchlichen Wechselspiel der Kunstsphäre mit Banalem und kunstvoll inszeniertem Trivialem liegt im Trend des herrschenden Zeitgeistes, der sich immer stärker durch das überaschende Neu- und Umbewerten von historischen (Bild-)Oberflächen realisiert.

Wenn eine neuere These Wolfgang Ullrichs (2) immer mehr zutrifft, nach der das Museum zunehmend ins Netz gestellte Fotografiervorlagen für eine kreative Kommunikation mit und durch Bilder von Kunstwerken liefert, die dann ihrerseits für kreative aber eben auch für banale Zwecke benutzt werden, dann entsteht notwendig eine aktuelle neue Frage nach der Differenzierung zwischen Banalität und kreativer Instrumentalisierung, zwischen visueller Oberflächlichkeit und reflektierter Nicht-Banalität.

In diesem spezifischen Kontext erscheint der Diskurs des Banalen – traditionsbedingt – fast immer als qualitativ minderwertig, negativ bewertbar. Gerade Wolfgang Ullrichs provozierender Text „Stoppt die Banalisierung“ ist das jüngste und beste Beispiel für eine im Grunde doch einseitige Vorverurteilung dieser ästhetischen Kategorie – auch wenn der Autor seine Meinung inzwischen in einer anderen Richtung modifiziert hat und Kunstvermittler eher als „Leitfiguren des Zeitalters der Kreativität“ und nicht mehr als gutwillige Banalisierungsagenten betrachtet.(3) Zwischen kalkulierten Banalisierungseffekten und plötzlich einsetzenden Kreativitätsimpulsen bestehen offenbar im Hintergrund wirkende Transferverbindungen.

Erwartungsfunktionen und Spekulationsleistungen

Eine aktuell als Banalität bewertete Form von reproduzierter Wirklichkeit muss nicht auf Dauer banal bleiben. Das bewusst reflektierte Banalisiertwerden eines Phänomens spiegelt nicht nur aktuelle Werte und besonders Vorurteile, sondern immer auch Erwartungen gegenüber einer Sphäre eines noch unbekannten und exklusiven Nicht-Banalen. Gerade mit dieser speziellen Erwartungsfunktion lässt sich weiter spekulieren. Denn spricht man weniger abwertend von Banalisierung, so erkennt man plötzlich sehr vieles in einem anderen Licht.

Wo nur von Banalem und / oder drohender Trivialisierung die Rede ist, entstehen nicht nur Formen von negativer Bewertung und damit eine Ausschließung. Im Gegenteil: Relevantes entsteht jeweils dort, wo erfolgreich etwas Neues als Nicht-Banales zur Sprache kommt.

Zur Geschichte ästhetischer Ideen der Moderne gehört ohne Zweifel die Option von den Effekten der Banalisierung. Das Banal(isiert)e verkörpert das negative Ende eines Wertediskurses an dessen anderem Ende das Exklusive, der scheinbar uneingeschränkte Zugang zu einem Werk, steht.(4) Effekte von Banalisierung entstehen immer dann, wenn Objekte plötzlich ihren Status und ihre Wertigkeit verändern und den Betrachter mit der Idee des Transfers, der Entwertung und Neubewertung eines ästhetischen Gegenstands konfrontieren.(5)

“Peter Pin, R. Bunnit and Didoo” Railings, Sweet Dreams Security® , von Matthias Megyeri

Reproduktion des Banalisierten: Matthias Megyeris Produkte aus der Serie “Sweet Dreams Security” (2003 – 2016) verbinden unser Bedürfnis nach Sicherheit mit dem Verlangen nach Harmonie und Schönheit. So werden Zäune, Vorhängeschlösser, Stacheldraht und Ketten zu liebenswürdigen und ironischen Objekten. Die aufgesteckten Tierartefakte oszillieren zwischen reproduzierten Bedeutungen und banalisierten Anspielungen.
“Peter Pin, R. Bunnit and Didoo” Railings, Sweet Dreams Security® . Foto Copyright: Matthias Megyeri.

Wie etwas überhaupt zu etwas Banalem geworden ist oder aktuell inszeniert wird, entwickelt sich gerade heute zu einem weiter reichenden Interesse an einer speziellen Form einer Kunstbewertung. Banal aber deswegen nicht wertlos bezeichnet die aktuelle Erkenntnis, dass der Status, also der aktuell bewertete Wert von Dingen oder Artefakten, abhängig ist von neuen Zuschreibungen und aktuellen Wertstellungen. Doch wie geschieht dieses konkret?

Der Effekt des Banalisierens entsteht offenbar an der offenen Schnittstelle zwischen Bewertung und Unbewertbarkeit: zwischen einem alltäglichen Zugang zu einem aktuell produzierten Wert von Kunst und einer nicht-banalen Inszenierung eben dieses Geschehens. Die Banalisierung eines umstrittenen Phänomens bannt ein existierendes Tabu und macht es dadurch überhaupt erst sprachfähig.(6)

Vom Un-Wert zur Neu-Bewertung – Diskurse des Banalen

„Bisher scheint Banalität die Terra Inkognita der Literaturwissenschaft zu sein.“(7) Das gilt – mit Ausnahmen der Untersuchungen Wolfgang Ullrichs – sicher auch für die Kunstwissenschaften. Zu den offenen Geheimnissen und Optionen der Kunst der Moderne zählt die Erfahrung, dass aus Dingen des Alltags plötzlich Evidenzen eines Kunstwerks aufscheinen können, wird aus scheinbar banalen Objekten etwas jetzt Transformierbares. Das Moment einer Banalisierung bezeichnet dabei eine bereits realisierte oder jetzt realisierbare Wertzuschreibung, wobei unsicher ist, ob diese Zuschreibung noch andauert oder sich bereits verändert.

Was eben noch als alltäglich banal eingestuft wird, kann morgen oder in einigen Jahren schon ganz anders aussehen. Diese Erfahrung machte etwa Marcel Duchamp, dessen kunstlos und alltäglich wirkenden Objekte zunächst keiner als Werke wahrnahm, die aber heute als paradoxe Ikonen der Kunstmoderne gelten. In dem Moment, indem etwas als banal und anderes als einzigartig und nichtbanal gekennzeichnet wird, vollzieht sich eine funktionale Unterscheidung und gleichzeitig eine aktualisierende Neubewertung; gerade Kunst produziert und lebt vor allem durch solche Momente unterscheidender Einteilungen in Kunstinternes und Kunstexternes. Banales entsteht durch eine nachträglich Neu-Bewertung, die ihrerseits die Erwartungen dessen stört, was wir bislang unter Nicht-Banalem zu verstehen glauben.

Vieles was in früheren Zeiten Erscheinungen oder Dinge unter anderen Erscheinungen oder Dingen waren, verwandelt sich unter bestimmten passenden Umständen in jetzt anders bewertbare Phänomene. Mit Geduld und Glück auch in Werke bildender Kunst. Dabei spielt der Betrachter eine maßgebliche Rolle: Er beobachtet, wie Erkenntnis konstruiert wird, die gleichzeitig als Effekt auf das eigene Wahrnehmen zurückwirkt und dabei offen lässt, was im nächsten Moment geschieht.

Nicht- Banal. Zwischen Neuigkeit und Provokation

Indem einem Gegenstand in einem bestimmten Moment seiner Geschichte ein Aspekt des Banalen zugeschrieben wird, verweist dieser Vorgang indirekt auf diese Figur, den geheimen Verwandler, der aus Nichtbetrachtetem plötzlich etwas anderes entstehen lässt. Eine Banalisierung entsteht in und bewirkt einen doppelten Prozess: Indem etwas als banal Bezeichnetes selbst – direkt oder indirekt – auf einen entstehenden Raum von Nicht-Banalem hinweist, verwandelt es die aktuell laufende Wahrnehmung in ein Ereignis, aus dem sich weitere Schlüsse ziehen lassen. Und indem das Verwandeln zwischen zwei Extremen – Banales und Nichtbanales – selbst zum Ereignis wird, bildet sich eine Schnittstelle, die für weitere Unterscheidungen und Verwandlungen nutzbar wird.

Banalisieren heißt Umkehren bereits realisierter Bewertungen und damit ein Ausloten der Grenze zwischen Neuigkeit und Provokation.

„Alle eigentlichen Entdeckungen, meine Damen und Herren, weisen sich als Entdeckungen einer Banalität aus. Was verborgen ist, weil es offen daliegt. Was niemand vermutet, weil es jeder weiß.“
– notiert der Essayist und Kunstkritiker Albrecht Fabri im Jahr 1953.(8)

Anmerkungen

  1. Siehe beispielhaft: Anne-Kathrin Kohout, „So frisch, so gut „René Magritt und das Internet“, in: so frisch so gut, 17/01/2016. URL: https://sofrischsogut.wordpress.com/2016/01/17/rene-magritte-und-das-internet/ [Letzter Zugriff: 22.1.2015]. Eine Besprechung von #VanGoYourself bei: Angelika Schoder, „#VanGoYourself – Einmal Kunst spielen bitte,“ in MusErMeKu, 06/01/2016, http://musermeku.hypotheses.org/5513 [Letzter Zugriff: 1.2.16].
  2.  Wolfgang Ullrich, „Kommunizieren mit Kunst. Museen und die Sozialen Medien“, in: Deutschlandfunk, 8/11/2015. URL: http://www.deutschlandfunk.de/kommunizieren-mit-kunst-museen-und-die-sozialen-medien.1184.de.html?dram:article_id=333796. [Letzter Zugriff: 22.1.2015]
  3. Wolfgang Ullrich, „Vortrag „Das Kunstmuseum der Zukunft – eine Kreativitätsagentur?“, in: ideenfreiheit, 7/12/2015. URL: https://ideenfreiheit.wordpress.com/2015/12/07/vortrag-das-kunstmuseum-der-zukunft-eine-kreativitaetsagentur/. [Letzter Zugriff: 22.1.2015]
  4. Vgl. Julia Genz in ihrer Untersuchung „Diskurse der Wertung. Banalität, Trivialität und Kitsch. München 2011, S. 20.
  5. Wolfgang Ullrich, Gesucht Kunst. Phantombild eines Jokers. Berlin 2007.
  6. Als ein Beispiel: Daniel Erk, So viel Hitler war selten: Die Banalisierung des Bösen oder warum der Mann mit dem kleinen Bart nicht tot zu kriegen ist. München 2012.
  7. Julia Genz, Diskurse der Wertung, Banalität, Trivialität, Kitsch. München 2011, S. 29.
  8. In: Albrecht Fabri, Der schmutzige Daumen. Gesammelte Schriften. Frankfurt am Main 2000, S. 585.
Über den Autor – Dr. Michael Kröger

(*1956) Studium der Kunstgeschichte, Medienwissenschaft und Pädagogik an der Universität Osnabrück; 1985 Promotion; seit 2002 tätig als Kurator am Marta Herford u.a. für die Ausstellungen (My private) Heroes, That´s me – Fotografische Selbst-Bilder, Asche und Gold – eine Weltreise, JETZT. Zeit und Gegenwartsdesign, Richard Neutra in Europa, Visionen – Atmosphären der Veränderung, Unmöglich – Künstler als Architekten. Autor zahlreicher Texte zur zeitgenössischen Kunst und Kunsttheorie in Fachzeitschriften und Katalogen sowie unter www.mikroeger.de und www.marta-blog.de

Lieber Herr Dr. Kröger, ein ganz herzliches Dankeschön für diesen tiefgründigen Beitrag. Er bietet viel Denkstoff zum aktuellen Banalisierungsdiskurs von Kunst – eine spannende und richtige Diskussion! Jetzt seid Ihr dran: Was sagt Ihr? Womit geht Ihr konform? Was ist vielleicht anders weiterzudenken? Diskutiert mit!

34 Kommentare

  1. Pingback: 22 Gründe, warum ein Museum sofort bloggen sollte | #digkv

  2. Pingback: Leidenschaft - Partizipation, Leiche & Krimis aus der Museumswelt

  3. Pingback: Luxusausstatter oder Muse für alle – wie sich das traditionelle Bild vom Künstler auflöst | so frisch so gut

  4. Pingback: Kunstvermittlung: schuldig pro Banalisierung der Kunst? #Lesetipp

  5. Liebe Tanja, lieber Herr Kröger, liebe Mitlesende,

    ich hab mich ein bisschen verloren in den Kommentaren. Und mir geht die Diskussion auch von dem weg, was Michael Kröger in seinem Post eigentlich schreibt.

    Darf ich das noch mal aus meiner Sicht wieder in den Fokus zupfen? Mir hat es nämlich gefallen, dass er den Begriff „Banalität“ auf eine eher philosophische Weise beleuchtet. Das ist auch ganz gut so. Denn das Wort ist im wahrsten Sinne ein BUZZ-Wort. Bzzzzzzzz … sofort fängt es an zu summen. Und alle stürzen sich auf die Debatte, die sich dann irgendwann im Kreise dreht – Banalisierung – Qualität – Deutungshoheit – offenes Museum – Zugang ja oder nein – social Media – falsch – richtig –

    „Banalisieren heißt Umkehren bereits realisierter Bewertungen“ – das ist doch mal ein neuer Aspekt. Man muss Banalisierung ja nicht unbedingt immer negativ und abwertend verstehen.

    Spannend scheint mir auch die Erwartungshaltung des Publikums in diesem Zusammenhang! Vielleicht mag es auch gar keine Banalität :-) Über dieses Phänomen ist kann man mal mehr nachdenken!

    Ich bin in jedem Fall beeindruckt von der Komplexität, die so ein oft (ab)genutzter Begriff bekommen hat. Toll, wenn hier einige Gedankengänge abgebildet werden.

    Herzliche Grüße in die Runde
    Anke

    • Liebe Anke von Heyl, liebe Mitlesende,

      vielen Dank für Ihr statement, das ich voll und ganz unterstütze. Es war und ist für mich immer wieder erstaunlich, welche Funken man aus einem Begriff schlagen kann. „Der liebe Gott steckt im Detail“ – diese Einsicht von Aby Warburg gilt offenbar auch für einen so produktiv missverständlichen Begriff wie die >Banalisierung<, die nach meiner Meinung sehr eng mit einer Art kreativen Übertreibung zusammenhängt. Ich schreibe hier bewußt Übertreibung, denn bei Vielem, was in der letzter Zeit zum Thema Kreativität und ihren Zwängen zu lesen ist, könnte man genau so gut auch auf die Idee kommen, dass Kreativität gar keine besondere Fähigkeit darstellt, sondern eher umgekehrt eine relativ profane, ja "banale" Aktivität, die im Grunde auf auf jahrelanger Übung, einigen quer gedachten Assoziationen und grundsätzlich auf einem langem Atem beruht. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte … .

      Mit herzlichen Grüßen
      Michael Kröger

      • … weil mir das Philosophische an der Herangehensweise auch gefallen hat… so könnte man aber auch sagen, dass Assoziationen ein Thema bereichern und die Kunst darin bestünde, vermeintlich (oder tatsächlich) Abtrünniges wieder zum Thema zurück zu führen…

        Für mein Auge und inneres Ohr hatten wir uns gar nicht so weit entfernt. Dass hier „Funken aus dem Begriff“ geschlagen sind, liegt m. E. nicht an missverständlicher oder gar missbräuchlicher Begriffsbenutzung, sondern daran, dass unsere Definitionen unterschiedlich sind, und zwar vielleicht gar nicht mal die des Begriffs „banal“, sondern schlicht die unseres (unterschiedlichen) Kunstbegriffs.

        So geht es auch vielleicht gar nicht um Konsens, sondern nur um die Würdigung der jeweils anderen Ansicht. Denn wie kann Dialog funktionieren, wenn das beim-Thema-Bleiben im Sinne des (im positiven Wortsinn) Anstifters sich krampfhaft anfühlt, was so war nach meinen Definitionen von „banal“ und „Kunst“…? Wie soll ich ahnen, wann z. B. meine Antwort u. U. zu weit vom Thema wegführt…?

        Viele Grüße,
        Sabine

          • Liebe Sabine Pint, liebe Anke von Heyl,

            die heute mögliche Erfahrung des Kombinierens von Aktivitäten des Banalisierens u n d des Assoziierens scheint mir eine sehr spannende Richtung anzudeuten. Ist die gerade im Netz so auffällig und häufig zu beobachtende vereinfachende Banalisierung von Dingen oder Erfahrungen nicht eine emphatische zeitgemäße Form von visueller Reflexion? Eine Erfahrung zu machen, heißt, eine Form von Veränderung durch Übertragung in andere Medien zu realisieren.

            Erfahrungen werden im Netz dadurch hergestellt, indem sie im buchstäblichen Sinne einfach gemacht werden. Indem man demonstriert, wie etwas als etwas Anderes konstruiert wird, entsteht ein Ort, ein Anlass und ein Ereignis, das der User funktional als mögliche Veränderungsoption für eigene Zwecke instrumentalisieren kann. Gleichzeitig assoziiert man das aktuelle Bilden mit anderen Bildern, die entstehen, indem der Betrachter auf komplexe Ähnlichkeiten – etwa zwischen Banalem und Nichtbanalem – und deren Unterscheidbarkeit achtet. Eine Aussage wie etwa „Computer sind ziemlich dumm etwa wie ein vierjähriges Kind“ zeugt von der Klugheit seines Autors (John Giannandrea, Chefinformatiker von Google, in: SZ, vom 5. 2. 2016, S. 3), von der Fähigkeit mit einem scheinbar banalen Vergleich etwas Neues in die Welt zu setzen und schließlich von der Fähigkeit dieses Satzes, auf die Assoziationskraft des Lesers so einzuwirken, dass dieser nachhaltig inspiriert wird.

            Viele Grüße
            Michael Kröger

      • Lieber Herr Kröger, liebe Mitlesende,

        ich kann leider nicht direkt auf Ihr letztes Statement antworten; der Button fehlt :-/ …

        deswegen wiederhole ich noch einmal hier Ihr Beispiel: „Eine Aussage wie etwa „Computer sind ziemlich dumm, etwa wie ein vierjähriges Kind“ zeugt von der Klugheit seines Autors […], von der Fähigkeit mit einem scheinbar banalen Vergleich etwas Neues in die Welt zu setzen und schließlich von der Fähigkeit dieses Satzes, auf die Assoziationskraft des Lesers so einzuwirken, dass dieser nachhaltig inspiriert wird.“

        Ich finde den Vergleich ungewöhnlich, wirklich nachhaltig „haftend“, etwas hinkend zwar, aber wodurch ist er „banal“ nach der Definition des Wortes? Weil er die Komplexität des Themas nicht aufgreift, weil er vereinfacht? Ist Vereinfachung gleich Banalisierung?

        Noch mal ein großes ‚SORRY‘, dass ich hier an der falschen Stelle antworte; ich greife daher nur das Beispiel mit dem kurzen Zitat heraus…

        viele Grüße,
        Sabine

        • Tanja Praske

          Liebe Sabine,

          tja, irgendwann mag die Technik des Themes nicht mehr. Aber der Kommentar erscheint an der richtigen Stelle – also, alles gut. Tatsächlich geht es auch um den Inhalt und da bin ich schwer begeistert, was dieser Gastbeitrag von Herrn Kröger auslöste – danke allen dafür!

          Ich denke, Banalisierung bleibt höchst aktuell. Meinen Übersichtsartikel zum Start der Diskussion https://www.tanjapraske.de/wissen/diskussion/kunstvermittlung-schuldig-pro-banalisierung-der-kunst-lesetipp/?preview=true
          habe ich gerade aufdatiert, denn es gibt weitere Artikel, die nach Ullrichs „Stoppt die Banalisierung“ eingegangen sind. Falls ich andere Artikel zum Thema dort noch nicht aufgeführt haben sollte, bitte ich, mich darüber zu informieren.

          Bin gespannt, was meine Studenten im Sommersemester 2016 hierzu sagen werden. Die Diskussion werde ich weiterhin beobachten, mitdenken und sicherlich noch darüber schreiben. Als „Museumsfrau“ ist mir das eine Herzensangelegenheit und steht ganz unter meinem Motto: „Bloggen pro Kultur“.

          Bitte gerne weiterdiskutieren, nuancieren und Denkimpulse geben!

          Schöne Woche!

          Sonnige Grüße
          Tanja

  6. Pingback: Theater im Netz. Eine launische Betrachtung.

  7. Pingback: Wie die Social Media den kunsthistorischen Kanon aufwirbeln | art-Magazin | so frisch so gut

  8. Ich muss einfach nochmal hier einbrechen, als Unwissenschaftler. Ich bin sehr froh über die Diskussion hier-und-jetzt und dann auch über den Post. Was mich fürchterlich verstörte, an diesem Kannibalen, oh, sorry, Banalisierungs-Gedingse, war immer, wie man denn etwas „banalisieren“ (man meint wohl immer kannibalisieren) werden könne durch betrachten, hören, fühlen, also passiv. Das „Banalisieren durch Kunstvermittlung“ ist für mich eine seltsame Vorstellung. Kann etwas banal werden, nur weil es von Menschen, Hühnern, Fischen (…) betrachtet (& siehe oben) wird, die nicht als kulturhistorisch wertvoll anerkannt sind? Natürlich kann man sich trefflich über Werke unterhalten, die ggfs banal sind. Warum auch immer. Es geht wohl um die Frage: „Ist das Hochkunst, oder kann das weg?“ Kann man machen! Das ist wohl diese Last, die Kunsthistorikern aufgebürtet ist. :))

    (Wobei sich alle Macher und ihre Studierten einmal fragen sollten, wer durch „Hochkunst, Hochkultur, Hoch-Dings“ alles ausgegrenzt wird und ob vielleicht irgendwann die Ausgegrenzten beschließen, dass man das nicht mehr mitfinanzieren möchte…, aber das ist eine Frage für das Controlling, hier herrscht ja die Kunst :) )

    *Nebenbemekungen:

    Und das mit dem Herrn Richter! Malt der eigentlich noch, damit sich irgendwer seine Werke ansehen kann, sei es denn nur im Wohnzimmer von (Namen aus Forbesliste einfügen), sondern nur noch für den Safe. Anlageobjekt-Künstler? Von Kunstkritikern bestätigt?
    #ichhörjaschonauf
    Aber ich banalisiere jetzt kreativ. MeinBeitrag zu „Leipzig liest 2016“ lautet „Das ist Firlefanz, Lyreley“ Lyrische Banalitäten eben… :)) Röhrende Hirsche sind übrigens nicht banal, waren es nie. Im Wald! *tanzelndab

    • Tanja Praske

      Lieber Michael,

      nee, hör‘ bloß nicht auf! Ich mag deine provozierende ironische Art! „Röhrende Hirsche“ – habe gerade bei dir den Text von „Leipzig liest 2016“ gesucht, leider nicht gefunden. Gib ihn mir doch hier mal an!

      Tja, mit den Kunstwissenschaftlern ist es so ’ne Sache. Bin ja auch eine. Tatsächlich könnte ich meine Antwort von gestern zu Sabines Gedankenspiel (9.2) hier fast per Copy and Paste nachtragen. Gerade die Sache mit den „Kunstwissenschaftlern“. Hier mit dir und anderen breche ich da aus. Früher im Doktorat und im Forschungsprojekt – als Kunstwissenschaftlerin – wurde ich immer verständnislos angeblickt und gefragt, was ich denn mit Kunstgeschichte machen soll. Dahinter steckte wohl eher die Frage: „Äh, ist ja schön, dass du so etwas machst, aber was haben wir davon?“. Meine Antwort damals war nicht befriedigend, das sah ich am Gesichtsausdruck, der durchweg skeptisch blieb. Und jetzt? Jetzt habe ich mein Forum, das Blog, und hier blicke ich bewusst mit deiner Hilfe und der von anderen über meinen Tellerand hinweg.

      So viel Vorgeplänkel erst einmal. Tja, „Wie kann etwas banal sein, dass vom Menschen durch Sehen, Fühlen, Hören erfasst wurde?“ – Gute Frage! Hier kommen wir wieder zurück zu den verschiedenen Gruppen, die in die Höhle zur Höhlenmalerei geschickt werden und unterschiedliche Bewertungen abgeben.

      Hochkultur ist auch so ein elitärer Begriff. Können es sich Kulturinstitutionen leisten, diesen zu hegen und zu pflegen, ohne die Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen? Ohne den gesellschaftlichen Wandel zu berücksichtigen? Vermutlich kaum. Einige gehen einen neuen Weg. Ich bin gespannt, was mit #CarmenundIch (Kammerspiele, München) am kommenden Samstag passiert. Ist das die Vermittlung von Unmittelbarkeit der Hochkultur und damit keine Hochkultur mehr?

      Eigentlich schnurz, oder? Banal ist eine subjektive Empfindung, die eingebettet im Kollektiv zu irritierenden Bewertungen für manche führt. Nicht umsonst fragte ich vor etwa einem Jahr nach der Kulturdefinition – mich interessiert die Bandbreite, ob subjektiv oder wissenschaftlich. Deshalb passt Herr Krögers Beitrag sehr gut hierher. Die Diskussion was banal ist und was nicht, welche Bewertungsmaßstäbe es dazu gibt, welche nicht, steht in meinen Augen erst am Anfang.

      Damit es vorankommt, bedarf es Polemiken, wie Wolfgang Ullrichs „Banalisierung“, um die Szene über das Feedback der Laien aufzurütteln. Denn das war harsch in dem Essay der SZ. Kulturschaffende bloggten darüber, eine Diskurs entstand, auch mit dem Autor, der sich weiterentwickelte (Kreativitätsagenturen – über den Begriff lässt es sich sicherlich trefflich streiten). Auch Herr Krögers Blogpost hier ist eine Auseinandersetzung mit Ullrichs Schriften zur Thematik. Die Debatte ist erst am Anfang und wird für mich um so spannender im Diskurs mit den „Nicht-Wissenschaftlern“.

      Und jetzt, da ich verkropft werde, breche ich lieber ab.

      Michael, merci!

      Herzlich,
      Tanja

      • Danke Tanja!
        Nur kurz zwei Gedanken dazu, die mich berührten.
        1. Ich war letzte Woche noch schnell in der Ausstellung „Sturm-Frauen“ in der Schirn. Ein kurzer Blick auf die Vita von Herwarth Walden (Dem „Sturm“-Herausgeber: Vor den Nazis nach Moskau geflohen und in einem sowjetischen Lager umgekommen und der Gedanke ging hierher. Was wenn das „Banalisieren“ politisch angeordnet wird? Nur Nazi-„Kunst“ und „Sozialistischer Realismus“ erlaubt ist? Wir befinden uns zur Zeit in einer Phase der (Wieder)Lautwertung der Rechten und welche Kunstvorstellung z.B. die AFD hat, sieht man an ihren Etatvorstellungen zu Theatern z.B. Und ist das „Volksempfinden“ wirklich anders geworden, abseits der Elfenbeintürme der Kultureinrichtungen? Angesichts dessen sollte man über ein viel MEHR an Kulturvermittlung nachdenken. Keine Resolutionen, keine Politisierung, sondern Kulturvermittlung! Die Leichtigkeit zeigen, wie der Artikel von Herrn Kröger hier beispielhaft zeigt. Das Querdenken, die Umkehrung zulassen. Keine Ausgrenzung, sondern das Locken. Tut mir Leid, aber Herr Ullrich hilft dabei sehr wenig.
        2. In Mannheim ist gerade wieder einmal ein Kunstwerk im Müll gelandet, weil es von einer Putzkraft in der Tonne versenkt wurde. Ein Gelächter über das dumme Volk geisterte durch die Gazetten…Hhmm. Die Folie in der Kirche wurde als „banal“ empfunden und entsorgt. Warum? Nicht aus Bosheit, sondern wegen mangelnder Kulturvermittlung. Das ist ja auch schon mit Beuys passiert, im Museum und mir kam die Idee: Vielleicht wäre es eine Aufgabe der Kunstvermittlung in Museeen z.B., das Reinigungspersonal mit einzubeziehen, das Servicepersonal, die Security? Um zu lernen? Voneinander? Da hättet ihr doch echte Besucher, nicht wahr Herr Kröger? :))) Man wird solche Gruppen nicht im Social Web für Kultureinrichtungen begeistern können, die lesen sowas auch dort nicht. Auch nicht mit Tweetups, oder doch? Ein Tweetup nur für das „niedere“ Personal…
        Nur so Ideen..

        • Hallo zusammen,

          ein besseres Beispiel kann es ja fast gar nicht geben als das, was Michael Bauer hier als letztes bringt! Ich weiß, wie Personal für Museen ausgesucht wird: wahllos, lieblos. Zwar sind die so Eingestellten oft froh um eine Arbeitsstelle, aber wie weit Pragmatismus (einer muss ja aufpassen) und Anspruch (hoffentlich ist der Besucher der Ausstellung auch würdig) hier auseinanderklaffen, ist bezeichnend. Bezeichnend auch, dass niemand da eine echte Annäherung zu wünschen scheint… vielleicht nicht für möglich hält…

          Viele Grüße,
          Sabine

          • Tanja Praske

            Liebe Sabine,

            ups, was ich just zuvor an Michael schrieb, hätte ich hier zu deinem Einwand auch bringen können. Muss noch besser die Kommentarfunktion des „neuen“ Blogs nach dem Relaunch erkunden.

            Jetzt zu deinen darüber hinaus gehen Anmerkungen. Ich bin vorsichtig vor Pauschalisierungen bzgl. der Personalauswahl. Es gibt solche und solche Mitarbeiter, wie überall anders auch. Als Museumsfrau und aus eigener Erfahrung weiß ich, wie beispielsweise mein alter Arbeitgeber sorgfältig seine Mitarbeiter auswählt – aus Volontärs- und Kuratorensicht. Die Kollegen, die mit mir oder nach mir eingestellt wurden, waren allesamt leidenschaftliche Kunsthistoriker, die für ihr Thema brannten und es sehr gerne weitervermitteln wollten. Das Führungs- und Kassenpersonal war und ist sehr zuvorkommend und identifizierte sich oft genug mit dem Haus, für das es arbeitete. Wenn ich mir zudem die Museumsmenschen, mit denen ich im Netz verbändelt bin, so anschaue, dann sehe ich dort überall sehr engagierte Mitarbeiter, die den Besucher ernst nehmen.

            Klar, gibt es auch andere Fälle. Der Umgang mit den sozialen Medien mag dies widerspiegeln, auch wenn es hier noch andere Parameter gibt. Nicht umsonst ist mir hier einmal die Hutschnur geplatzt:
            https://www.tanjapraske.de/wissen/diskussion/14-gruende-warum-museen-kein-social-media-brauchen/
            Das, was ich dort ironisch anprangere, existiert noch immer. Aber es gibt immer mehr gute Beispiele, auch wenn meiner Meinung nach es ruhig noch mehr werden dürften.

            Gut, Tanja ist per se eine Optimistin. Dabei habe ich nicht nur Gutes erlebt.

            Spontan fällt mir zum Thema eine Volontärsweiterbildung ein. Da ging es ums Texten und wie wir „Kunstwissenschaftler“ davon abkommen können, für unser Ego zu schreiben, sondern wie wir den Besucher ins Zentrum rücken. Auf Twitter diskutierten wir heute genau darüber. Da ging es allerdings darum, dass der Besucher angeblich im Schnitt acht Sekunden für die Betrachtung eines Werks aufbringt. Gut. Ich warte noch auf die Quellenangabe davon. Aber im Zuge dessen diskutierten einige Museumsmenschen auf Twitter, wie denn dann Ausstellungstexte auszusehen hätten, um die Aufmerksamkeitsspanne länger halten zu können – tja, ein weites und doch simples Feld, das anstrengend ist, aber sich lohnt, wenn der Besucher erreicht wurde. Macht man sich darüber Gedanken, dann nimmt man den Besucher bereits ernst.

            Ich gebe dir mal den Link zu meinem Artikel dazu an. Für mich besitzt er immer noch Relevanz:
            https://www.tanjapraske.de/wissen/lehre/die-wichtigste-nebensache-texte-schreiben-fur-museen-und-ausstellungen/

            Alles Gute!
            Tanja

        • Tanja Praske

          Lieber Michael,

          hach, was für Gedankenantöße!

          Zu Punkt 1)
          Ja, Investition in die Kultur ist in meinen Augen aktuell wichtiger denn je. Worüber wird Verständnis für „fremde“ Kulturen geschaffen? Über die Vermittlung eben dieser. Kulturvermittlung kann hier eine ganz wichtige Integrationsleistung zukommen. Statt aber den Rotstift grundsätzlich an Kultur anzusetzen, wie es nun mal oft genug Usus ist, da Kultur für die Politik als leichter entbehrlich eingestuft wird – ein veritabler Trugschluss – wäre hier zu investieren. Da bin ich ganz bei dir! Die gesellschaftspolitische Relevanz von Kultur ist nicht von der Hand zu weisen. Ein bewegendes Thema, wie die Blogparade #KultDef im Kleinen auch vor Augen führt.

          zu Punkt 2)
          Tja, den „Kunstputz“ kennen wir schon von Beuys, Martin Kippenberger und nun auch von Menze-Kuhn. Hier der Artikel: http://www.monopol-magazin.de/eifrige-putzfrau-rei%C3%9Ft-kunstwerk-mannheimer-kirche-ab
          Hier funktionierte die Vermittlung des Werks als Kunst nicht. Banalisierung mag greifen und damit eine subjektive Empfindung. Die Reinigungskraft musste auch die stark haftenden Erläuterungen zum Werk mit brachialer Gewalt weggeschruppt haben, so stand es zumindest in anderen Berichten.
          Klar, kann man sich die Frage stellen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, das Personal über die Neuerungen in der Kirche zu informieren. Nun, dann kommen die ganzen Subunternehmen und alle bekommt man jetzt nicht.

          Kunstvermittlungsformate für unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichem Know How ist sinnvoll. Wird auch so in einigen Häusern umgesetzt. Die Unterscheidung von nieder und im Umkehrschluss besser ausgebildeten Besuchern mag ich so nicht verwenden. Aber klar kann ein Haus nicht die gesamte Bandbreite der Bevölkerung in dem Vermittlungsprogramm abdecken. Hier fehlt es wieder an … Geld … und … Personal … oder nur an Good Will?

          Als wir von der Schlösserverwaltung die App „Schlosspark Nymphenburg“ herausbrachten, war es für uns ganz wesentlich, das Personal, das damit Umgang hat – Parkführer und Mitarbeiter an der Kasse – zu schulen. Denn sie wären mit möglichen Fragen als erstes konfrontiert. Mir hat das auch viel Spaß bereitet, denn ich konnte an ihren Gesichtern die zunehmende Faszination für die App ablesen und ja, das tat gut!

          Und jetzt für alle noch einmal ein paar #Kunstputz-Hinweise: https://www.tanjapraske.de/wissen/lehre/staub-aufwirbeln-oder-was-kunstputz-kunsthistorisch-bedeutet/

          Sonnige Grüße aus München
          herzlich,
          Tanja

          • Hallo Tanja und alle Mitlesenden,

            stimmt, normalerweise bin ich auch sehr vorsichtig mit Pauschalurteilen bis hin zur Vermeidung… mir tut mein Schnellschuss auch schon leid. Allerdings war das Beschriebene das, was ich immer- na, nicht erlebt, aber aus erster Hand erzählt bekommen habe. Z. B. sollte eine damalige Kollegin, die versetzt werden sollte, eben im Museum weiterarbeiten, was überhaupt nicht ihr Ding war („stinklangweilig“, und Bezug fühlte sie auch nicht), und das hat sie von allen (kurzzeitigen) Kolleginnen dort erzählt…

            Interessant (und gut und weiterdenkenswert) finde ich das: „… sondern wie wir den Besucher ins Zentrum rücken. Auf Twitter diskutierten wir heute genau darüber. Da ging es allerdings darum, dass der Besucher angeblich im Schnitt acht Sekunden für die Betrachtung eines Werks aufbringt. Gut. Ich warte noch auf die Quellenangabe davon. Aber im Zuge dessen diskutierten einige Museumsmenschen auf Twitter, wie denn dann Ausstellungstexte auszusehen hätten, um die Aufmerksamkeitsspanne länger halten zu können – tja, ein weites und doch simples Feld, das anstrengend ist, aber sich lohnt, wenn der Besucher erreicht wurde. Macht man sich darüber Gedanken, dann nimmt man den Besucher bereits ernst.“

            Wobei ich die acht Sekunden für das WERK schon ganz erstaunlich kurz finde!

            Viele Grüße,
            Sabine

  9. Hallo Tanja, hallo alle Mitlesenden,

    Dr. Kröger sagt es: „Eine aktuell als Banalität bewertete Form von reproduzierter Wirklichkeit muss nicht auf Dauer banal bleiben. Das bewusst reflektierte Banalisiertwerden eines Phänomens spiegelt nicht nur aktuelle Werte und besonders Vorurteile, sondern immer auch Erwartungen gegenüber einer Sphäre eines noch unbekannten und exklusiven Nicht-Banalen. Gerade mit dieser speziellen Erwartungsfunktion lässt sich weiter spekulieren. Denn spricht man weniger abwertend von Banalisierung, so erkennt man plötzlich sehr vieles in einem anderen Licht.
    Wo nur von Banalem und / oder drohender Trivialisierung die Rede ist, entstehen nicht nur Formen von negativer Bewertung und damit eine Ausschließung. Im Gegenteil: Relevantes entsteht jeweils dort, wo erfolgreich etwas Neues als Nicht-Banales zur Sprache kommt.“

    *

    Ob etwas „zu“ irgendetwas ist, steht immer in einem Kontext, und der Sprecher definiert diesen. Wenn mir etwas beispielsweise „zu banal“ ist, dann ist es das in Bezug zu meinen Wünschen und Ansprüchen. In der Kunst gilt dieser Begriff mir nichts; er funktioniert da nicht. Auch ich definiere hier; das ist mir bewusst.

    Ich muss weiter ausholen: wenn wir beim Banalitätsbegriff sind, ist der Qualitätsbegriff nicht weit. Für mich gibt es im künstlerischen Ausdruck keine objektive Qualität; auch hier ist mir bewusst, dass es ketzerisch klingen mag in so manchem Ohr.

    Und an jeder Stelle sind wir gezwungen, uns zu positionieren, zu definieren. Wenn Kunst Sprache ist, und jemand drückt sich unverständlich aus, heißt das nicht, dass er nicht sprechen kann – er tut es ja! Selbst wenn niemand ihn verstünde… ist seine Sprache wohl noch nicht decodiert. Das Sprechen selbst, seinen ureigenen Ausdruck kann man ihm nicht ab-sprechen. Selbst, wenn andere seine ur-eigenen Belange „banal“ nennen.

    Die erste Kunst wurde u. a. in Höhlen gefunden – einen Käfig gebaut hat man ihr erst später. Der Käfig ist ein System, das in sich geschlossen schon funktioniert – nur versucht man im System „Kunst“ den Ausschluss dessen, was allen gehört. Und man schließt Menschen einander aus. Ich denke nicht, dass die Frage nach Banalität oder Relevanz sich bei der ersten Kunst des Menschen stellte, egal, ob diese religiös motiviert war, von Trance-Erfahrungen erzählt hat oder doch einfach nur Kontakt zum Mitmenschen herstellen wollte.

    Ein Kollege sieht die Kunst rein wissenschaftlich – und auch in Dr. Krögers Text ist von „Kunstwissenschaft“ die Rede -; das gelingt mir einfach nicht. Was ist das Ziel der Kunstwissenschaft? Wenn man überlegt, ob eine Documenta es noch bringt, weil es alles schon gab… was ist das Ziel? Man darf gerne auch ein ganz abgedrehtes nennen, z. B. so, als würde die Medizin das Ziel formulieren, dass irgendwann kein Mensch mehr an Krankheit sterben muss…

    Ich weiß, dass, wäre es überhaupt argumentativ möglich zu erklären, man der Oma in einfachen Worten erklären könnte, warum Leon Löwentraut besser malt als ihr Enkel – mir ist klar, warum das (im sich selbst erhaltenden System „Kunst“) nicht möglich ist. Es greifen weder rein ästhetische Gründe noch die Gedanken des Künstlers; ich habe z. B. ihn in diversen Talkrunden gehört. Wenn sich dann noch der Anwalt der womöglich – ich nehme es jedenfalls an – stinkreichen Eltern sich mit dem Anwalt eines anderen Malers anlegt, wer von wem abgemalt hat, ist der Kunstbetrieb um eine Farce reicher.

    Ich warte darauf, dass der „Anthrophomorphe Kabinettschrank“ von Dali als Fälschung entlarvt wird, um beweisen zu können, dass ich ihn dann noch genau so regelmäßig und gern besuche und bestaune wie davor – nur würde er dann vermutlich abgehängt ;-) .

    Ich finde, all das (und noch viel mehr) sollte man in einer Diskussion um Banalität bedenken. Mich bringt es zum Fazit, dass nichts von irgendwoher gegeben ist, was Menschen als Systeme erfunden haben oder erfinden. Menschen machen die Regeln; alle sind jederzeit änderbar. Definitionen sind änderbar; s. ganz o. das Zitat.

    Würde Kunst als allgemein gebrauchbarer menschlicher Ausdruck gelten dürfen, dürfte sie genesen. So, wie es aber jetzt ist, bleibt mir nur die Trennung zwischen Markt-Kunst und (einfach) Kunst als jedwedem menschlichen Ausdruck jenseits von Vebalsprache, egal ob Marcel, Gerhard oder Lieschen die Erschaffer sind.

    Das „Problem“ ist die Etikettierung im Gegensatz zu inhaltlichem Austausch.

    Tanja Praske: „Überall das gleiche unproduktive Gerangel um Kompetenzen und Deutungshoheit. Hier finde ich Lauras Meinung: „E-Kultur (ernsthafte Kultur) definiert sich über Ausschluss“ sehr treffend. Bei Michael Krögers Post dachte ich umgehend „wer bestimmt denn was banal ist?“ Durch das Web wohl kaum noch eine elitäre Bildungsoberschicht, sondern das Publikum, der User, der sogar auch Content liefert. Entweder moderiert durch die Kulturinstitution oder einfach so, denn das machen die User so oder so, mit oder ohne Moderation.“

    Ich sehe tatsächlich ein bisschen die Gefahr, dass das Publikum die Rolle des „Banalisierers“ zugewiesen bekommen könnte und die Kunstvermittler die der „Mithelfer“; das ist schon so geschehen in diversen Diskussionen bis hin zur Erkenntnis mancher, dass das Publikum doch eher hinderlich sei bei der Kunstbetrachtung.

    Ich denke, man muss sich entscheiden: entweder es ist eine Wissenschaft, dann dürfen sich selbstverständlich nur noch die Wissenschaftler unterhalten, oder etwas „für die Menschen“, ohne Ausschluss, ohne Vorurteil, differenziert. Ich für mein Teil kann mir nicht vorstellen, dass sich die Menschen die Freiheit des Ausdrucks und des Sprechens darüber wegnehmen lassen…

    Viele Grüße,
    Sabine

    • Liebe Sabine Pint,

      herzlichen Dank für Ihr Mit- und Weiterdenken. Es kommt mir jedoch – anders als Ihnen – eigentlich gar nicht darauf an, den Begriff des Banalen in endlose Schleifen einer Qualitätsdebatte zu überführen. Wer immer heute die problematische Frage nach dem Banalen stellt, der berührt immer auch ein mögliches (verdrängtes oder entstehendes) Tabu. Ist beispielsweise Richters jüngster Zyklus „Birkenau“ (2014) noch Ausdruck eines Versuchs dem Grauen von Auschwitz eine ästhetische Erfahrung zu geben oder ist dieses Werk nicht etwa, was meiner Meinung nach viel wahrscheinlicher ist, ein Akt auf der Grenze zwischen drohender Banalisierung und geschickt inszeniertem Tabubruch – wenn letztes zutrifft: geht es um einen subtilen Akt der Aufmerksamkeitserzeugung und einer Form selbstbewusst gesteigerter Instrumentalisierung von Kunst? Dann geht es nicht mehr aber um die Frage, ob ein Werk sich als Werk o d e r als Ausdruck von Banalität begreift. Die Banalität des Banalen ist die Stieftochter des Tabus. Mit dieser unbequemen bzw. erschreckenden Wahrheit wird der heutige Betrachter weiter leben müssen – auch und gerade dann, wenn das banal gewordene Tabu nicht wirklich gebrochen werden kann.

      • Lieber Herr Kröger, liebe Mitlesenden,

        bei mir löst der Ausdruck „banal“ oder „Banalität“ sofort den Gedanken an „Qualität“ aus, vielleicht weil eine hohe oder gute Qualität beinahe ein Gegenteil dazu zu sein scheint und ich in der Kunst diese Debatte ja auch nicht führen will. Also sträubt sich auch alles in mir gegen den Banalitätsbegriff.

        Ich bekomme gedanklich nicht recht zusammen, inwiefern die Frage nach dem Banalen IMMER auch ein mögliches Tabu berührt… ich bekomme die beiden Begriffe nicht unter einen Hut. Das Alltägliche oder gar Platte, das ich mir vorstellen kann, hat in meiner Gedankenwelt nicht unbedingt zu tun mit den Tabus, die ich als solche kenne – im Gegenteil: Tabus, die ich als gesellschaftlich vereinbart kenne und größtenteils einverständlich lebe, haben zwar eine gewisse Selbstverständlichkeit, aber keine gänzlich unhinterfragte. Wann immer ich wie auch immer darauf komme, löst es in mir Auseinandersetzung aus. Ich fühle mich immer gefragt, ob das Tabu noch gilt, sozusagen. (Dabei kenne ich persönlich nichts, dass man nicht aussprechen kann; das nur so nebenbei.)

        Mir drängen sich Fragen auf: Ist Kunst nicht immer instrumentalisiert? Ist es ein Widerspruch, gibt es nur ein „entweder/oder“, ob ein Künstler sein Werk als Werk oder Ausdruck von Banalität begreift? Kann es nicht nur BEWUSSTER Ausdruck von (drohender) Banalität und damit wieder das Gegenteil sein? (Das frage ich jetzt ganz allgemein, nicht [nur] auf Richters „Birkenau“ bezogen.)

        Ich glaube, ich habe einfach Schwierigkeiten mit dem (in mir wirklich negativ besetzten) Begriff in Bezug auf Kunst im allerweitesten Sinne…

    • Tanja Praske

      Liebe Sabine,

      ich melde mich erst jetzt, da ich durch den Blog-Relaunch mental sehr stark eingebunden war. Ich wollte mir die Zeit nehmen, in Ruhe auf deine Diskussionspunkte einzugehen, denn sie haben genau das verdient. Erst einmal merci dafür und die sich daraus ergebenen Perspektiven!

      Eine Qualitätsdebatte möchte ich auch nicht führen, wobei ich dir Recht gebe, sie fällt mir auch ein, wenn ich „banal“ lese, denn daran knüpfen sich nun einmal Bewertungen, wie Michael Kroeger schreibt. Tatsächlich liegt ihr beide da nicht so weit auseinander. Für mich sind diese Bewertungen einerseits subjektiv, andererseits aber auch geformt von einem Kollektiv, einer gesellschaftlichen Norm, in der „ich“ persönlich mich bewege. Andere bewegen sich in anderen Bewertungen, da sie mit anderen Normen konfrontiert sind.

      Wenn ich Lauras Aussage zur E-Kultur zustimme, dann befürworte ich den Kern der Aussage keineswegs. Eine kleine, elitäre Gruppe bestimmt, was banal ist und was nicht. Schnell knüpft sich daran der Begriff der Hochkunst und schwupps sind wir bei den „Kunstwissenschaftlern“ und „Museumsleuten“. Ich erinnere mich noch gerne an mein erstes Gefühl, als ich Koons-Skulpturen neben mittelalterlichen Werken („Hochkunst“?) im Liebieghaus ausgestellt sah. Die Mediävistin in mir, mit all ihrem Wissensballast, wollte sofort rauslaufen, ich empfand es nämlich als banalen Kitsch. Als ich mich aber auf dieses Wechselspiel moderne vs. alte Kunst einließ, übte das ganze doch einen gewissen Reiz aus. Die Ausstellung brachte mich zum Nachdenken, weil sie mich irritierte und ja, mit Tabus auch brach. Manches Mal ist genau das nötig, um den Blick weiten zu können. Hier der Artikel aus 2012 (!) dazu: https://www.tanjapraske.de/kultur-erleben/kulturgenuss/blogparade-ausstellung-2012-kitsch-zwischen-hummelfigur-und-heiligen/

      Als ich deinen Vergleich mit der Höhlenmalerei las, fiel mir sofort der Post von Thomas Brasch zu meiner Blogparade #KultDef ein. Er sagt ähnliches wie du und darin stimme ich überein: „Je nach dem welche kultivierte Gesellschaftsgruppe wir in die Höhle schicken, wird die Wertschätzung der Höhlenmalerei unterschiedlich sein“. Auch sein Titel ist sehr aussagekräftig zum Thema: „Kultur ist nicht konsensfähig“. Da sie von unterschiedlichen Gruppierungen unterschiedlich wahrgenommen wird. Hier sein Artikel: https://thomasbrasch.wordpress.com/2015/06/11/kultur-ist-nicht-konsensfahig/

      Jep, Regeln sind etwas von Menschen Gemachtes!

      Merci euch allen hier! So macht die Diskussion Laune. Und ja, ich mag es, wenn ich als „Kunstwissenschaftlerin“ aus meinem Trott gerissen werde, vor allem aber schätze ich den Austausch mit anderen, mit dir. Ich gewinne darüber Ideen, die ich in meiner Filterblase, in meiner Gruppe, nicht unbedingt gewonnen hätte. Genau deshalb mag ich Artikel, wie die von Herrn Kröger, der Diskussionen anstößt und zwar mit „Fachfremden“, wenn sich dann zwischen „Kunstwissenschaftlern“ und Kulturinteressierten ein Austausch ergibt, sehe ich den Sinn meines Blogs erreicht.

      „Bloggen pro Kultur“ – darum geht es mir und das sehe ich hier eingelöst!

      Dankeschön!
      Herzlich,
      Tanja

      • Hallo Tanja, hallo alle Mitlesenden,

        auch Dir ein dickes Dankeschön zurück für Dein ausführliches Eingehen und Deine Wertschätzung!

        Den Artikel von Thomas Brasch werde ich mir in Ruhe ansehen; danke für den Hinweis.

        Du schreibst „… einerseits subjektiv, andererseits geformt von einem Kollektiv…“ Für mich ist genau das aber eins! Um den subjektiven Charakter der Sache kommen wir nicht rum. ;-)

        Herzlich,
        Sabine

        • Tanja Praske

          Hallo Sabine,

          auch wieder wahr. Bei Kunst und ihrer Bewertung kommen wir tatsächlich kaum um das Subjektive herum!

          Überhaupt kann ich dir die Beiträge zu #KultDef nur empfehlen. Hier wird immer wieder um Hochkultur und persönlicher Zugang gerungen, wobei letzterer gewinnt und die Hochkultur immer als in Abgrenzung zu etwas angeführt wird. Tja, aus der Blogparade sollte ich noch mehr machen, so viele wunderbare und nachdenkenswerte Meinungen stecken darin. Aber erst einmal muss ich noch den dritten und letzten Teil meiner Zusammenfassung dazu schreiben.

          Hier der Link zu #KultDef mit allen Teilnehmern: https://www.tanjapraske.de/kultur-erleben/kulturgenuss/blogparade-kultur-ist-fuer-mich-aufruf-zu-kultdef/

          Herzlich,
          Tanja

  10. Liebe Tanja Praske,

    herzlichen Dank für ihr Weiterdenken! Wenn Sie fragen „wer bestimmt denn was banal ist?“ würde ich immer gerne in Gedanken die spannende Frage anhängen „und wie zeigt sich was nicht-banal ist?“ Will sagen, wenn der Autor sich einer bestimmten inneren Grenze seines aktuellen Denkens nähert, kann er immer noch eine Postion einnehmen, die beides offenhält: die Kritik am Banalwerden und (eigenem) Banalisieren und gleichzeitig die Option hier auch Kreativitätsoptionen zu entdecken. Auch wenn so viel vom banal Gemachten die Rede – Querdenken macht Spass …… .

    Herzliche Grüße
    Michael Kröger

    • Tanja Praske

      Lieber Herr Kröger,

      Querdenken finde ich gut und dafür gebe ich das Blog immer sehr gerne her! Denn ich verstehe KULTUR-MUSEUM-TALK als Forum für den Austausch von Kunst, Kultur und Social Media.

      Die Lust mehr wissenschaftlich zu arbeiten, wächst bei mir zunehmend und wird sich definitiv im Blog widerspiegeln und da passen Ihre Anmerkungen zum kreativen Banalisieren gut hinein. Wolfgang Ullrich hat mit „Stoppt die Banalisierung“ einen sehr wichtigen Beitrag zur Reflexion über die Rolle der Kunstvermittlung angestoßen – ein Wachrüttler. Wie Sie richtig festhalten, hat er selber durch die Diskurse in Blogs seine Gedanken nuanciert und ihnen eine andere, spannende Richtung gegeben. Das finde ich authentisch und richtig gut. Er dachte weiter und so funktioniert das PingPing im Netz, in der Wissenschaft hervorragend.

      In Ihrem Beitrag steckt so viel drin, über das ich selber noch weiter nachdenken werde. @mikelbowers Linktipp zeigt, dass es vergleichbare Debatten in der Theaterwelt gibt. Auch hier ist ein Austausch wünschenswert. Bei mir liegt zur Zeit das Buch: Paul Klimpel, Ellen Euler (Hrsg.), Der Vergangenheit eine Zukunft. Kulturelles Erbe in der digitalen Welt, Berlin 2015, auf dem Tisch. Eine Rezension davon gibt es schon auf Kulturmanagement.net: http://www.kulturmanagement.net/beitraege/prm/39/v__d/ni__3027/cs__11/index.html
      Ich bin gespannt, ob ich hier Anknüpfungspunkte zu Ihren „Anmerkungen“ finde.

      Digitalisierung, Aura des Objekts, Deutunghoheit, Partizipation, Mitgestalten sind Themen, die Kulturinstitutionen zwangsläufig beschäftigen werden, ob sie es wollen oder nicht.

      Ich fände es prima, wenn das Gedankenspiel „wer bestimmt was banal ist? – „und wie zeigt sich was nicht-banal ist?“ von anderen aufgegriffen und weitergedacht wird.

      Herzlich,
      Tanja Praske

    • Hallo alle miteinander,

      ich möchte noch was Querdenkerisches in die Runde werfen: was wäre denn, wenn wir mal annähmen, dass es eigentlich nichts Banales (in der allgemeinen Definition) gibt…?

      :-)

      • Hallo in die Runde,

        es gibt ja heute kaum etwas, was nicht unmöglich ist. Da mich gerade die eigentümlich unsichtbare Querverbindung zwischen Banalisierung und Tabu/bruch beschäftigt, hier noch eine nahe liegende Anschlussidee: Kein Werk der Kunst thematisiert einen Tabubruch auf eine ausschließlich direkte Weise. Es gibt immer einen gewissen Anteil von indirekt mitlaufender, nicht bewusst gewordener Form von Kommunikation, die doch irgendwann in Form einer Nachgeschichte explizit gemacht wird. Wird dieser Anteil plötzlich bewusst, weiß der Vermittler/Betrachter häufig nicht, ob etwas nicht eigentlich banal oder möglicherweise doch nicht-banal und damit besonders aktuell erscheint. Ist also eine Banalität eine auf den Punkt gebrachte Form von Selbst-Verständlichkeit? Und wenn ja, was bedeutet es für unsere heutige Form von sozialer Kommunikation, wenn heute so vieles banalisiert zu werden scheint, was scheinbar anders nicht zu kommunizieren ist ?

  11. Pingback: Fördern Museum-Selfies die Banalisierung? | Archivalia

  12. Lieber Michael Bauer,

    besten Dank für Ihren Hinweis auf den Text von Laura Lucas. Deren Bemerkung, dass „im Netz bekannte Maßstäbe erodieren“, würde ich allerdings gerne widersprechen wollen: Hier werden alle (?) Maßstäbe verändert – gerade indem sie kreativ banalisierbar werden und damit unsere gängigen Vorstellungen von Kreation in einen profanisierten Kontext des Banalen überführen. Mit dieser Idee muss man sich erst einmal anfreunden können …. .

    Mit besten Grüßen
    Michael Kröger

  13. Ich empfehle dazu den Blogpost von Laura Lucas: „Don Carlos ja, YouTube nein“ zur Blogparade #theaterimnetz. Passt sehr gut dazu! Vor allem das Zitat von Gerhard Schulze: „Im Internet vollendet sich nun geradezu galoppierend die Erosion der alten Schemata der Kunstwahrnehmung und Kunstkommunikation, ein Verfall, der sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bereits andeutete….. siehe http://helden-des-auftritts.de/don-carlos-ja-youtube-nein/

    • Tanja Praske

      Lieber Michael,

      ein fettes Dankeschön für diesen Linktipp von Laura Lucas! Der Post ist mir glatt untergegangen. Es zeigt sich, dass in der Theaterwelt vergleichbare Debatten zum Sinn und Unsinn der digitalen Kulturvermittlung geführt werden, wie in der Museumswelt.

      Und ja, in meinen Augen gibt es sehr viele Parallelen zu Michael Krögers „Kreatives Banalisieren“. So viel seid Ihr, Michael Kröger, Laura Lucas und @mikelbower, nicht auseinander – das Netz wälzt um, Maßstäbe werden verändert. Einige überfordert es, da sie mit ihren altbewährten Strickmustern der Kommunikation nicht weiterkommen im Web, es auch gar nicht wollen, so mein Eindruck. Vieles von dem, was Laura Lucas aka @LcsWho (auf Twitter) anführt, erinnert mich an die Museums Babel Tagung in Frankfurt (2014): https://www.tanjapraske.de/wissen/diskussion/14-gruende-warum-museen-kein-social-media-brauchen/

      Da wurde auch die Aura des Objekts angeführt und damit die Schädlichkeit des „Neulandes Internet“ bezeugt. Überall das gleiche unproduktive Gerangel um Kompetenzen und Deutungshoheit. Hier finde ich Lauras Meinung: „E-Kultur (ernsthafte Kultur) definiert sich über Ausschluss“ sehr treffend. Bei Michael Krögers Post dachte ich umgehend „wer bestimmt denn was banal ist?“. Durch das Web wohl kaum noch eine elitäre Bildungsoberschicht, sondern das Publikum, der User, der sogar auch Content liefert. Entweder moderiert durch die Kulturinstitution oder einfach so, denn das machen die User so oder so, mit oder oder Moderation.

      Dazu passt treffend Gerhard Schulzes Statement „Die digitale Öffentlichkeit hat das Kunstspiel hinter sich gelassen. Damit verbindet sich eine Einebnung in zweierlei Hinsicht: Egalisierung der Werke und Demokratisierung der Rezipienten“.

      Ja, ich gebe Laura Recht: Über den Kulturbegriff ist nachzudenken, auch seitens von Kulturinstitutionen. Erinnert mich daran, dass ich umgehend den letzten Teil meiner Blogparade #KultDef schreiben sollte. Schon bald habe ich wieder mehr Zeit!

      Sehr spannend – merci!

      Herzlich,
      Tanja

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert