Carcassonne: UNESCO-Weltkulturerbe – eine Zeitreise

Carcassonne – UNESCO-Weltkulturerbe seit 1997 – bedeutet grundsätzlich eine Zeitreise zurück in die Vergangenheit. 2.500 Jahre Geschichte umfangen uns im Languedoc-Roussillon in Südfrankreich. Beeindruckend, imposant, berührend. Endlich löste ich ein altes Versprechen ein: meinen Kindern die spannende Festungsstadt zu zeigen. Faszinierend, kurzweilig und einfach nur schön. Vergangenheit und Gegenwart treffen aufeinander. Ein gigantisches Museum, ein Museum im Museum und zudem eine doppelte Zeitreise.

Burgmauern, Wehrtürme und Wehrgang beeindrucken. Weltkulturerbe Carcassonne.

Massiv erheben sich Wehranlage und Türme des UNESCO Weltkulturerbes Carcassonne – der Besuch lohnt sich definitiv!


Rätselhaft oder selbsterklärend? Ersteres trifft wohl eher den Kern. Vergangenheit wird zum Zugpferd einer Region: Touristenströme pilgern zur Festungsstadt. Menschen verstopfen Gassen, Souvenir-, Schmuck- und Delikatessenläden. Ein Restaurant reiht sich ans nächste: Die regionaltypische Speise „Cassoulet“ verlockt variantenreich. Und trotz allem gibt es sie, die ruhigen Plätze. Sie befinden sich mitten im Trubel der Festungsstadt, im Restaurant auf einer Dachterrasse, aber vor allem auf ihren …

… Befestigungsanlagen

Es kam tatsächlich vor, dass wir doch mal einen kurzen Moment alleine auf den Wehrgängen waren. Nun, manches Mal „erkämpften“ wir uns eine Fensternische, genossen die wunderbare Aussicht oder knipsten schnell ein Familienfoto, blieben tatsächlich für uns. Die Menschen um uns herum störten uns nicht.

Junior schoss den iPod heiß, holte durch technische Tricks das Optimum aus den Motiven heraus, wetteiferte mit mir, wer das beste Foto macht. Schnell wird so ein „langweiliges“ Museum doch interessant, muss ja nicht zugegeben werden. Derweil rannte Mini voraus, steckte ihren Kopf in Schießscharten, erkletterte Stiegen, glitt von einer Fensteröffnung zur nächsten, immer weiter, immer mehr sehen. Der Entdeckerdrang trieb sie an.

Blick auf die Burgmauern der inneren Burg von Carcassonne mit vorgelagertem Kräutergärtlein.

Mächtig erheben sie die Burgmauern der inneren Burg. Vorgelagert ist das Kräutergärtlein. Carcassonne.

Blick in den Innenhof der Burg von Carcassonne.

Gleich geht’s los – der Rundgang durch die innere Burg mit grandiosen Ausblicken. Carcassonne.

Ausblick auf Carcassonne von einem Wehrturm aus gesehen.

Ohne Worte, oder? Fantastischer Ausblick auf die Stadt Carcassonne.

Blick von oben aus einem Turm auf die Wehrmauern von Carcassonne.

Ich bin total verliebt in diese wunderbare Burg von Carcassonne. Da schrecken mich auch nicht die Touristenströme ab. Tatsächlich geschah es, dass wir auf den Wehrmauern mal alleine waren.

Junior fotografiert mit iPod sein Lieblingsmotiv vom Wehrgang der Burg von Carcassonne aus.

Nicht nur mich begeisterten die grandiosen Fotomotive von den Wehrgängen Carcassonnes aus. Auch Jundior entwickelte sich zum Motiv-Paparazzi.

Ein Museum im Museum

Oder soll ich sagen zwei Museen in einem Museum? Die Burg und Befestungsanlagen der Festungsstadt Carcassonne formen ein gigantisches, monumentales Museum. Bevor wir zu den Wehrgängen gelangten, mussten wir ein erstes Museum passieren. Es ist dem Architekten Viollet-le-Duc gewidmet. Er restaurierte im 19. Jahrhundert die ruinöse Festungsstadt – machte sie mittelalterlicher als das Mittelalter es vorsah. Nicht nur galt Carcassonne als Paradebeispiel für die Militärarchitektur des Mittelalters, sondern wirtschaftliche Aspekte flossen in die Maßnahmen mit ein – sehr erfolgreich, wie wir uns vergewissern konnten.

Kurze Historie von Carcassonne

Seit dem 12. Jahrhundert herrschte die mächtige Dynastie der Trencavel hier. Sie erbaute eine erste Burg auf den Resten antiker Anlagen. Carcassonne entwickelte sich zur Festungsanlage, nachdem sie 1209 im Albigenser-Kreuzzug nach längerer Belagerung kapitulierte und sich der Krondomäne (Paris) anschloss. Erst 1659 mit der Unterzeichnung des Pyrenäenfriedens wird ihr Niedergang eingeläutet, zuvor bewachte die Stadt die Grenze zwischen Frankreich und Aragonien.

Blieb Muße für die museale Präsentation?

Die Maßnahmen Viollet-le-Ducs werden mit zahlreichen Gegenüberstellungen von vorher, geplant und nachher visualisiert. Die Idee – auf den Rundgang einzustimmen und eventuell den Blick zu lenken bzw. zu sensibilisieren, was Viollet-le-Duc hier tat – ist grundsätzlich gut. Doch haben Familien nicht wirklich die Muße dazu.

Einerseits ist es eine klassische museale Präsentation: Zeichnungen an Wänden, in Vitrinen, Filme; andererseits locken die Wehrgänge und die Befestigungsanlagen: da wollen sie hin, die Kinder, und zwar subito. Schleunigst durchschritten wir das Museum. Gleichwohl blieben Mini und Junior immer wieder an einzelnen Exponaten stehen, fragten nach #Lichtblicke. Anderen Familien erging es ganz ähnlich. Vielleicht hätte es mit dem Audio-Guide anders ausgesehen. Wir nahmen das Angebot nicht wahr #keineMuße, heißer Sommertag und Lust, später auf dem Campingplatz noch schwimmen zu gehen, sprachen dagegen.

Blick in den Ausstellungsraum des Museums mit in einer Vitrine präsentierte Zeichnungen von Charkterköpfen, Carcassonne.

Tolle Charakterköpfe im Museum von Carcassonne – so etwas zieht mich immer an.

Was ist das Ziel eines Museumsbesuchs?

Dass alle en detail danach alles wissen? Wohl kaum. Ein Kultur-, Familienerlebnis, das Spaß macht, soll es sein. Wenn am Ende ein, zwei Aspekte in Erinnerung bleiben, ist viel gewonnen. Wenn es mehr sein sollen, dann ist die Ausstellungsdidaktik gefragt.

Gleichwohl glaube ich, dass Carcassonne ein schwieriger Fall ist, zu stark ist der Sog der Festungsanlage, der Wehrgänge. Ist das verkehrt? Nein. Einen riesigen Vorteil gibt es hier: Original und Korrektur sind begeh- und damit direkt erfahrbar. Welches Museum, außer Raumkunstmuseen (wie Schlösser, Burgen), genießt schon diesen Vorteil? Die Kunstwerke sind in Museen zumeist ihres originalen Aufstellungskontextes enthoben, sie werden für uns zu Abstrakta. Im Idealfall lassen wir uns auf sie ein, sie wirken auf uns so wie sie sind. Wollen wir sie verstehen oder sollen sie uns stärker berühren, dann bedürfen wir ihrer Geschichte, eine Geschichte, die uns spannend vermittelt wird, so nehmen wir sie wahr. Aber das ist jetzt ein anderes Thema.

Ein zweites Museum im Museum

Am Ende des Rundgangs erwartete uns wieder eine museale Präsentation von Objekten. Während ich noch fleißig die Skulpturen fotografierte – die Mittelalterfrau ging in mir durch, Erinnerungen an mein Doktorat kamen wieder hoch #zweiteZeitreise – sind Junior und Mini schon fasst durchgerannt, denn nach knapp 1,5 Stunden verpuffte die Muße für Museen komplett – verständlich, oder? Attraktion für die Kinder: die antiken Sarkophage. Beide fanden den Gedanken spannend, dass darin einst Menschen bestattet wurden und dass die Sarkophage sooo alt sind. Dann war unser Rundgang auch schon vorbei.

Ein letztes Mal mussten wir Eltern uns wappnen: Um zum Ausgang zu gelangen, hatten wir den großen Museumsladen zu durchschreiten. Geschickt gemacht. Junior fand sogleich etwas, was jetzt daheim irgendwo herumliegt. Für Mini gab es zu viel zu sehen, zumal wir nur ein kleines Budget festlegten. Jep, vorprogrammierter Stress. Am Ende gab es dann in einem der Souvenirläden ein Prinzessinnen-Shirt für Mini: Wirtschaftsfaktor voll aufgegangen!

Einblick ins Museum mit Kreuzgang und Skulpturen von Carcassonne.

Die Skulpturenfrau in mir wird herausgekitzelt. Carcassonne.

Carcassonne: Zeitreise zurück – ein Versprechen

Für mich bedeutete der Besuch im mehrfachen Sinne eine Zeitreise zurück. Das betraf den historischen Ort und meine Erfahrungen. Noch ohne Kinder suchte ich im Doktorat die Kirche Saint-Vincent in der Unterstadt von Carcassonne auf. Hier gab es eine Darstellung von König Ludwig IX. dem Heiligen, für die ich extra angereist war. Gesehen, aufgenommen, fotografiert und dann los, die obere Stadt erkunden. Zwar schreckten mich damals die Touristenmassen ab, zugleich schwor ich mir, wenn ich mal Kinder haben sollte, dann komme ich zurück und zeige ihnen die Festungsstadt Carcassonne: et voilà, Versprechen eingelöst.

Hast du eine ähnliche Erfahrung gemacht? Ein ähnliches Versprechen gegeben und erfüllt? Was denkst du über Museen und die Präsentation der Kunstwerke? Ich fände es super, darüber mehr zu erfahren – danke für dein Feedback hier!

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4 Kommentare

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  3. Liebe Tanja,
    du hast sicherlich recht damit, dass Schlösser und Burgen durch ihr besonderes Raumerlebnis vor allem bei Kindern punkten können. Da ist die Zeitreise kein abstraktes Konstrukt, sondern erlebt sie durch das Eintauchen in die Architektur ganz anders. Zum Gesamterlebnis trägt sicher auch die Möglichkeit bei, alles im Foto festhalten zu dürfen! Ich muss übrigens bei Carcassone immer an das Spiel denken, dass ich mit meiner Tochter früher immer gespielt habe. Kennst du das?
    Liebe Grüße von Anke

    • Tanja Praske

      Liebe Anke,

      das stimmt alles! Vor allem die Burg und Impressionen via iPod festzuhalten, forderten Junior heraus. Nun, vielleicht entdeckten wir damit etwas, womit wir ihm Museen doch noch schmackhaft machen können. Wenn er nämlich fotografieren darf, was ja nicht Usus in sämtlichen Museen ist, könnte ihn das begeistern. Tatsächlich spart er jetzt auf eine Spiegelreflex-Kamera hin und holt sich schon fleißig Tipps vom Senior ein, der mal für Zeitungen fotografierte, in der analogen Zeit.

      Carcassonne haben wir gerade heute gespielt. Sohnemann zockte mich nach Strich und Faden ab. Geht es um Strategie, habe ich gegen ihn Null Chancen. Nun, wir haben fünf Ergänzungsspiele, das macht die Sache schon recht kompliziert und spannend! Da Mini erst fünf ist, werden wir das Spiel wohl noch sehr lange spielen!

      Liebe Grüße
      Tanja

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