Mai-Tagung 2013 – Museum und Apps: Was müssen Museums-Apps können?

Maitagung 2013Was Museums-Apps können müssen, ist die Gretchenfrage, die weiter beschäftigen wird. Die Mai-Tagung 2013 vermittelte dazu geballte Anregungen: Apps bildeten einen Schwerpunkt. Diese neue Form der digitalen Kulturvermittlung ist auf dem Vormarsch, wenngleich Deutschland – sehr wohlwollend formuliert – deutlich hinter den Niederlanden und vor allem dem angelsächsischen Raum hinterherhinkt. Gleichwohl gibt es Lichtblicke für dieses Jahr – spannende Apps stehen in den Startlöchern und darum geht es: Museums-Apps und ihr Potential.

Strategie einer Museums-App

Ob Web App, Native App, CMS oder individuell konzipiert, das Museum hat die Qual der Wahl, wenn die Entscheidung pro App gefallen ist. Damit die App erfolgreich wird, muss einiges vorab geklärt werden:

  • Wer soll angesprochen werden (Zielpublikum)?
  • Was soll wie vermittelt werden?
  • Soll die App interaktiv sein, den Nutzer etwas tun lassen?
  • Wird Social Media eingebunden? Kann der Nutzer aus der App heraus seine Eindrücke in seine sozialen Netzwerke teilen?
  • Unterhält sie, macht Spaß oder informiert sie im Sinne eines Mediaguides? Oder beides?
  • Werden Gimmicks oder Gamification-Elemente eingebunden? (Stichwort: Spaß)
  • Ist ein Wissensquiz angedacht mit einer Push-Benachrichtigung und Urkunde zum Ausdrucken via Email?
  • Ist die App für verschiedene Gerätetypen geplant (Smartphone, Tablets)? Wenn ja, muss die App entsprechend angepasst werden. Das Smartphone ist für die kurze Nutzungsdauer, vor allem unterwegs gedacht, während Tablets gerne länger und Zuhause genutzt werden. Hier können mehr Vertiefungsebenen angeboten werden. (Vortrag von Felix Handschuh)
  • Wird die App aktualisiert?
  • Wie sieht es mit den personellen und finanziellen Ressourcen aus …?
  • Wie ist die Nachhaltigkeit und was der Mehrwert der App? (Lesetipp hierzu von Frank Tentler)
  • Sollen die zukünftigen Nutzer in die Konzeption durch Befragung mit eingebunden werden?

Nun, die Fragen setzen sich fort und damit meine neue Serie: APPS.

Native Apps versus Web Apps

Auf der Maitagung wurden verschiedene Apps und Konzepte vorgestellt. Sie besitzen trotz aller Differenzen eine Gemeinsamkeit: Standard ist die Android- und iOS-Programmierung für native Apps. Sie werden einmal auf das Handy heruntergeladen und stehen dann offline zur Verfügung. Hingegen sind Web Apps nur online verfügbar.

Während der Maitagung kam kurz die Diskussion der Dienstanbieter auf, welches System besser sei. Diese Strategieentscheidung trifft das Museum. Nur so viel: Eine native App bietet viele Vorteile – der größte Pluspunkt ist die offline-Nutzung, die ohne teure Roaming Gebühren für ausländische Touristen verbunden ist und eine netzunabhängige Verfügbarkeit garantiert. Nachteil: Sie muss für zumindest zwei Systeme – Android und iOS – programmiert werden. Ihre Entwicklungskosten sind dadurch höher. Es sei denn, das Museum greift auf ein Baukastenprinzip in der Art eines CMS-Systems zurück. Das bietet ein Grundgerüst, ist einfach zu bedienen und seitens des Anbieters für beide Systeme vorhanden.

Der lachende Dritte: Hybride Apps

Streiten sich zwei, gibt es einen lachenden Dritten. Das könnten die hybriden Apps sein, eine Mischung aus den beiden anderen. Für die Wirtschaft wird ihr Siegeszug bereits für 2016 vorausgesagt. Ob es so kommt, wird sich erweisen. Hybride Apps waren kein Thema auf der Mai-Tagung 2013, wohl aber eine App, die von einem Web-Portal flankiert wird – das Projekt der Beuth Hochschule für Technik, Berlin: Die Textur der Stadt digital erfahren: Orte jüdischen Lebens in Berlin 1933-1945. Diese innovative App verdient einen gesonderten Post. Wer sich über den bisherigen Fortgang informieren möchte, kann das hier machen.

Was muss eine App können bzw. was kann sie nicht?

Web-Apps, native oder hybride Apps … ein App Wirrwarr par excellence. Die Strategie, das Zielpublikum und der Content entscheiden über die Wahl der App-Art. Nicht jedes Museum benötigt eine App. Dorian Ines Gütt führt treffend vier Gründe für das Scheitern von Museums-Apps an, die ich hier wiedergebe:

1. Apps sind verkleidete Webseiten, Audioguides oder Multimedia Guides
2. Die App um der App willen
3. Museums-Apps sind keine Selbstläufer, sie müssen beworben werden
4. Entstehungsprozesse sind intransparent; das Zielpublikum ist nicht eingebunden

Diese Punkte spiegeln sich teilweise in der Diskussion über Apps während der Mai-Tagung 2013 wider. Es gibt einigen Diskussionsbedarf. Ich habe eine Auswahl der Meinungen aus dem storify getroffen:

  • Museumsapps machen weder Spaß noch Sinn
  • Wollen die Besucher ihre eigenen Geräte bei einem Museumsbesuch nutzen?
  • Die Technik ist ein Aspekt, die Didaktik besitzt aber größeres Gewicht
  • Apps ersetzen keinen Museumsbesuch, sondern ergänzen oder erweitern ihn und sollen nicht vom Objekt ablenken
  • Gibt es die Museums-App für Zuhause?
  • Vorsicht vor Innovationsdruck

Fakt ist, die digitalen Medien sind neue Formen der Wissensaufbereitung, an denen der Laie teilnimmt, auch ohne Einverständnis der Institution. Eine App ist dann erfolgreich, wenn die Bedürfnisse der Nutzer tatsächlich berücksichtigt werden. Das sollte das Ziel sein – einige Museen sind hier schon vorbildlich, vornehmlich außerhalb Deutschlands. Aber es gibt sie, die Lichtblicke. Das zeigte mitunter die Mai-Tagung.

16 Kommentare

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  7. Liebe Tanja!

    Ein Thema, das mir auch sehr am Herzen liegt. Vielen Dank für diesen schönen Diskussionsanstoß und gut, dass du auch darauf hinweist, dass Apps nicht für jedes Museum sinnvoll sein müssen. Ich warte gespannt auf die nächsten Beiträge zu Apps.

    Herzliche Grüße, Marlene

    P.S.: Leg dir doch endlich mal einen Flattr-Button unter den Blogbeiträgen zu ;-)

    • Tanja Praske

      Liebe Marlene,

      herzlichen Dank, auch für das Retweeten des Blogposts! Ich bin freudig überrascht wie oft der Artikel vertwittert wurde – ein Thema, das bewegt! Gestern Abend war ich auf der Podiumsdiskussion „App als Geschichte“. Ich habe interessante Anregungen und offene Fragen mitgenommen, also Stoff für einen neuen App-Beitrag. Es geht weiter.
      Nun, mit Flattr habe ich schon geliebäugelt. Ja, ich werde es noch umsetzen – merci für die Bestätigung!

      Liebe Grüße
      Tanja

        • Tanja Praske

          Hi Marlene,

          ja, stimmt, die Error-Meldung habe ich auch. Es ist mir noch nicht geglückt den Flattr Button tatsächlich zu aktivieren. Muss mich da noch durchboxen.
          In der Tat finde ich Flattr auch interessant. Die FAZ hat den Button schließlich auch integriert, was ich gut finde, da guter Content im Netz ruhig honoriert werden soll, auch monetär. Für mich ist es ein Test. Denn gerade der Kultursektor muss sich hinsichtlich Finanzierung neue Wege überlegen. Flattr kann ein Mosaikstein neben anderen sein: Stichwort: #SocialPayment.
          Danke für die Diskussion und den Linktipp!

          Herzlich,
          Tanja

  8. Liebe Tanja,
    wirklich wichtig, dass man da hartnäckig an einer Diskussion dranbleibt! Und dass du hartnäckig an einem Thema dranbleiben kannst, hast du ja schon bewiesen :-)
    Ich hatte ja schon mit einem kleinen Tweet darauf hingewiesen: mir wird immer noch viel zu wenig über Vermittlungsmethoden diskutiert. Beim Thema App geht es sehr schnell auch immer um die technische Machbarkeit. Und da sind einfach auch noch zu wenig Möglichkeiten vorhanden. Oder anders herum, die Entwicklungskosten sind zu hoch als dass man da experimentieren könnte. Apps können nicht den Anspruch auf ewige Gültigkeit erfüllen, man müsste eigenlich ständig ausprobieren, optimieren, anpassen können. Dass das nicht geht, wissen wir alle und deswegen ist es auch immer noch ein schwieriges Feld. Aber es lohnt sich, über digitale Kunstvermittlung, Kunstvermittlung Web 2.0 nachzudenken. Will gerne mit dir gemeinsam diesen Schwerpunkt permanent hervorzerren aus den Schubladen! Und weiter diskutieren.
    Herzliche Grüße aus dem kochenden Rheinland
    Anke

    • Tanja Praske

      Liebe Anke,
      stimmt – die digitale Kulturvermittlung bietet großes Potential. Apps sind eine wichtige Facette davon, die noch in den Kinderschuhen steckt. Richtig ist, dass Apps für eine dauerhafte Nutzung kaum konzipiert werden können – noch nicht. Ob überhaupt, sei dahingestellt, da die Bedürfnisse des Nutzers sich im Verlauf der Zeit ändern, nicht nur die schnelllebige Technik.
      Ich denke, dass im Vorfeld genau überlegt werden muss, wen die App erreichen soll. Unterschiedliche Nutzerverhalten verlangen unterschiedliche Vermittlungsformen, -ansprachen. Dein Tweet dazu war sehr wichtig. Antworten hat die Mai-Tagung 2013 darauf nicht gegeben, aber Inspiration.

      Der Post hier ist vorbereitend auf die Podiumsdiskussion im Sitzungssaal der Phil.-hist. Klasse in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (München) am 20.06.2013 ab 19:00. Dabei geht es um Apps und die digitale Kultur-(Wissens-)vermittlung:
      Thema: „Geschichte als App – Neue Wege der Vermittlung“. Ich bin Teilnehmerin und werde sicherlich davon im Blog berichten. Deshalb freut es mich um so mehr, hier mit dir zu dikutieren. An alle: Gerne nehme ich Euren Input/Anregungen/Kritik an Apps und Kulturvermittlung Web2.0 in die Diskussion mit.

      Info zur Podiumsdiskussion: http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Kulturreferat/Stadtgeschichte/lebensborn/vermittlung.html

      Lass uns auch weiterhin das Thema aus den Schubladen hervorziehen – ich stehe dafür sehr gerne „Gewehr bei Fuß“ und je mehr das tun, um so effizienter wird es pro Kultur!

      Schmorrende Grüße aus Oberbayern

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  11. Super, wie du die verschiedenen Vorträge und Reaktionen der Mai-Tagung zu etwas Neuem kombinierst! Bin schon sehr gespannt auf die weiteren Teile deiner Serie!
    LG, Kristine

    • Tanja Praske

      Liebe Kristine,
      vielen Dank für die lobenden Worte. Die Basis dieses Posts war tatsächlich das Storify – ein geniales Medium, das, einmal als „Story“ umgemünzt, für Klarheit sorgen kann. Es gärt bei mir weiterhin … Ich kann also nur empfehlen mit Storify zu arbeiten, auch wenn die Strukturierung der Tweets viel Zeit kostet. Es lohnt sich allemal.
      Ich freue mich sehr über die positive Resonanz und die vielen Retweets sowie Empfehlungen meines Artikels. Genau da möchte ich mit der Serie weitermachen, im Sinne erfolgreicher Apps, für die Feedback essenziell ist #Anregungen. Bei mir herrscht jedenfalls großer Diskussionsbedarf #crowdpower.
      Dir wünsche ich eine sonnige Zeit!
      Herzlich, Tanja

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